Aktuelle Ergebnisse der archäologischen Ausgrabungen in Kloster Himmelpforte

Bei Wernigerode (Landkreis Harz) kann in diesem Jahr die 2023 begonnene archäologische Untersuchung des ehemaligen Augustiner-Eremitenklosters Himmelpforte fortgesetzt werden. Bereits die aktuell vorliegenden Ergebnisse ermöglichen weitere aufschlussreiche Erkenntnisse zu Größe, Gestalt und Qualität der verschwundenen Anlage, die nicht nur als Aufenthaltsort des Reformators Martin Luther, sondern auch als authentischer Ort des Bauernkrieges von Bedeutung ist.

Die Reste des ehemaligen Klosters Himmelpforte mit einer Grabplatte.
Die Reste des ehemaligen Klosters Himmelpforte mit einer Grabplatte.© Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Felix Biermann

Hintergrundinformationen kurze Geschichte des Klosters Himmelpforte

In einem malerischen Tal an den Ausläufern des Harzes bei Wernigerode (Landkreis Harz) erhob sich vom 13. bis zum 16. Jahrhundert das Augustiner-Eremitenkloster Himmelpforte. 1253 durch das niederadelige Geschlecht von Hartesrode gegründet, war es ein wichtiges religiöses, kulturelles und wirtschaftliches Zentrum der Region. Nach seiner Aufhebung in der Reformationszeit verschwand es jedoch nahezu vollständig von der Erdoberfläche. Bis in die jüngste Zeit hinein zeugten nur noch die erhaltenen Klosterteiche sowie wenige Mauerreste von der einst stattlichen Anlage. Nichtsdestotrotz blieb sie insbesondere als Aufenthaltsort Martin Luthers, der sich in seiner Funktion als Distriktsvikar der Augustiner-Eremiten neuesten Erkenntnissen zufolge am 6. August 1516 (und nicht erst ein Jahr später) dort aufhielt, im Gedächtnis der Region. Am 30. April oder 1. Mai 1525 wurde das Kloster durch aufrührerische Bauern und mehrere aus den Quellen namentlich bekannte Bürger der Stadt Wernigerode erstürmt und geplündert. Als Rädelsführer wurde ein Barbier aus Wernigerode verhaftet und zum Tode verurteilt, kurze Zeit darauf aber begnadigt und auf ewig aus der Grafschaft verbannt.

Die ersten archäologischen Untersuchungen des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie (LDA) Sachsen-Anhalt an dieser authentischen Stätte der Reformations- und Bauernkriegsgeschichte erbrachten 2023 Funde, die mit dem gewaltsamen Ereignis in Zusammenhang gebracht werden können, darunter ein kleiner Hort von vier Goldmünzen. Insbesondere dienten die Untersuchungen aber auch dem Ziel, Informationen über die genaue Lage, Gestalt und Baugeschichte des Klosters zu erhalten. Bereits eine einwöchige Sondagegrabung im Juli 2023 erbrachte im Hinblick auf diese Fragestellung äußerst aufschlussreiche Befunde.

Ergebnisse der aktuellen Forschungsgrabung im Kloster Himmelpforte

Die Ergebnisse der aktuellen dreiwöchigen Forschungsgrabung, die noch bis zum 10. Oktober 2024 fortgesetzt wird, ermöglichen es, wesentliche Fragen zur Gestalt und Baugeschichte des verschwundenen Klosters zu klären. So erweist sich die stattliche Kirche von wenigstens 40 Metern Länge als dreischiffige Pfeilerbasilika, die mehrfach um- und ausgebaut wurde. Gotische Bauzier und hervorragend erhaltene Steinplatten- und Ziegelfußböden künden von einer qualitätvollen Ausführung des Gotteshauses.

Besonders eindrucksvoll sind zwei verzierte Grabplatten des 15. und frühen 16. Jahrhunderts im Fußboden der Kirche, darunter der mit dem Bildnis der Verstorbenen versehene Leichenstein für Claudia von Königstedt aus dem Jahre 1520. Die Adelige wurde in zeitgenössischer Tracht, mit langem geflochtenem Haar und mit Rosenkranz dargestellt. Die kunstvolle Steinmetzarbeit ist kaum abgelaufen und wirkt daher noch ganz frisch. Das erstaunt nicht: Nur wenige Jahre nach der Bestattung Claudias im Langhaus der Kirche, für die die Familie dem Konvent sicherlich großzügige Gaben überwiesen hatte, wurde Himmelpforte im Zuge des als ›Bauernkrieg‹ bekannten Aufstandes unterdrückter Bauern, städtischer Unterschichten und niederer Adeliger erstürmt, geplündert und wenige Jahre später aufgegeben.

 

Grabplatte der Adligen Claudia von Königstedt aus dem Jahre 1520.
Grabplatte der Adligen Claudia von Königstedt aus dem Jahre 1520. Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Felix Biermann

 

Die im Süden an die Kirche anschließende Klausur, der Wohn- und Lebensbereich der Mönche, schloss sich mit drei Flügeln um den Kreuzhof beziehungsweise Paradiesgarten, der in der üblichen Weise von einem Kreuzgang umgeben war. Auch hier erhielten sich schöne Fußböden aus Steinplatten sowie sechseckigen Ziegelfliesen. Im Westflügel konnte möglicherweise eine Warmluftheizung freigelegt werden, die wahrscheinlich aus dem 14. Jahrhundert stammt. Derartige komfortable Heizanlagen, die die rauchfreie Erwärmung größerer Räumlichkeiten durch Leitungssysteme zuließen, waren aufwändig und kostspielig, sodass sie nur aus Burgen, Häusern reicher Stadtbewohner sowie eben aus Klöstern bekannt sind. Die Himmelpforter Heizung dürfte zum Wärmeraum, dem Kalefaktorium, gehört haben, in dem sich alte und kranke Ordensmitglieder in der kalten Jahreszeit aufhalten durften.

Neben diesen Strukturen, die es erlauben, ein immer klareres Bild von Ausmaßen und Aussehen der einstigen Abtei zu zeichnen, wurden auch zahlreiche Funde und Befunde angetroffen, die Auskunft über das Alltagsleben im Kloster und dessen Ende in der Bauernkriegs- und Reformationszeit geben. Hierzu zählen zahlreiche Fragmente von Ofenkacheln, Buchschließen, Glas- und Keramikscherben, Pilgerzeichen, Münzen und Metallgeschirr, bronzene Schreibgriffel für Wachstafeln sowie Pressblechbeschläge von sakralen Textilien (Paramente).

Meldung LDA-LSA

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