Bei Umbauten und geplanten Abbrüchen von Häusern im Berner Jura haben hinzugezogene Fachleute des Archäologischen Dienstes seit den 1990er-Jahren hinter unscheinbaren Verputzen und Wandtäfern oftmals jahrhundertealte Bauten entdeckt. Das erste derartige Objekt war die 1996 untersuchte Maison du Banneret-Wisard in Grandval. Sie ist heute als Museum der Öffentlichkeit zugänglich. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu diesem und weiteren ländlichen Häusern liegen nun in einer Publikation vor.
Sieben ländliche Häuser im Berner Jura erforscht
Die Maison du Banneret-Wisard ist ein überwiegend aus Holz errichtetes ländliches Wohnhaus. Die archäologische Bauforschung und Jahrringmessungen an Bauhölzern haben ergeben, dass der auf Schwellen stehende Ständer-Bohlen-Bau (eine regional- und zeittypische Form des Holzbaus) im Jahr 1535 errichtet wurde. Er gehört damit zu den ältesten erhaltenen Häusern im Jura. Das Haus ist seither kontinuierlich bewohnt und im Laufe der Jahrhunderte mehrfach umgebaut worden. Der Grossteil der Tragstruktur aus Holz stammt aus dem frühen 16. Jahrhundert. Die Bohlenfassade sowie das schindelgedeckte Walmdach bewahren seinen urtümlichen Charakter bis heute.
Neben der Maison du Banneret-Wisard hat der Archäologische Dienst die Baugeschichte von sechs weiteren ländlichen Häusern des 16. und 17. Jahrhunderts erforscht: aus Cormoret, Évilard, Saules, Sornetan, Souboz und Villeret. Die Häuser zeigen regionaltypische bauliche Merkmale, wie die gewölbte Küche, den steinernen Rauchfang (tué) und den stehenden Dachstuhl. Sie geben Einblick in die Bauweise und ins Alltagsleben vor 300 bis 500 Jahren im Berner Jura.
Tabakpfeifen und Murmeln
Die Untersuchungen an den Gebäuden wurden in zwei Fällen durch archäologische Ausgrabungen ergänzt. Das dabei geborgene Fundmaterial liefert Hinweise auf die Nutzung der Gebäude und vermittelt eine Vorstellung vom Alltagsleben der früheren Bewohnerinnen und Bewohner. Bei der Maison du Banneret-Wisard in Grandval bezeugen Fragmente von Butzenscheiben, dass bereits das älteste Gebäude im Wohnteil verglaste Fenster hatte. In zwei möglichen Vorratsgruben im Fussboden wurde Koch- und Essgeschirr aus Keramik aus dem frühen 19. Jahrhundert gefunden. Auf den Gefässen eingeritzte Besitzermarken legen nahe, dass sich damals zwei Familien die Küche teilten.
Beim Gebäude Haut-du-Village 37 in Souboz lassen Funde aus dem Wohnteil auf Gewohnheiten und Beschäftigungen der Bewohnerinnen und Bewohner schliessen. Mehrere Tabakpfeifen beweisen etwa, dass seit der Errichtung des Hauses im Jahr 1684 geraucht wurde. Unter dem Bretterboden der Stube geborgene Murmeln aus Stein und Glas zeigen, dass bereits vor 100 Jahren Kinder damit gespielt haben.
Meldung des Kanton Bern
Publikation:
Christophe Gerber und Jonathan Frey, La maison rurale des 16e et 17e siècles dans le Jura bernois. Un quart de siècle d’archéologie du bâti : de Grandval à Villeret et d’Évilard à Sornetan. Hefte zur Archäologie im Kanton Bern 13. Bern 2024.