Fröttmaninger Heide: Archäologen entdecken vergessene Mittelalterkirche

Bei Grabungsarbeiten stoßen die Experten in Oberschleißheim auf eine abgegangene mittelalterliche Siedlung. Was hat es mit der Wüstung auf sich?

Oberschleißheim: der Grundriss einer Kirche im Kies
Oberschleißheim: der Grundriss einer Kirche im Kies© Archäologisches Büro Anzenberger & Leicht GbR

Während der Bauarbeiten auf dem Gelände des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) in Oberschleißheim sind Archäologinnen und Archäologen auf die Überreste einer bisher unbekannten mittelalterlichen Siedlung gestoßen. Die Entdeckung umfasst Hausgrundrisse, Öfen, Grubenhäuser und Erdkeller aus dem Zeitraum des 9. bis 13. Jahrhunderts nach Christus und wirft ein neues Licht auf die Siedlungsgeschichte des Münchner Umlands.

Oberschleißheim: Luftbild der Mittelalterkirche
Oberschleißheim: Luftbild der Mittelalterkirche Archäologisches Büro Anzenberger & Leicht GbR

Könnte Wagrain der mögliche Ortsname sein?

Die archäologischen Ausgrabungen bieten seltene und umfassende Einblicke in die Entwicklung und Organisation hochmittelalterlicher Siedlungen in der Region. Besonders bemerkenswert: Erst fehlten eindeutige Hinweise auf die Siedlung und ihre Kirche. Nach Recherchen in historischen Karten und anderen schriftlichen Quellen könnte ein möglicher Ortsname gefunden sein: Wagrain. Im Zentrum der Siedlung wurde der Grundriss einer Kirche mit eingezogener Apsis freigelegt. Rund um das Kirchengebäude entdeckten die Archäologinnen und Archäologen etwa 20 Bestattungen. Unterhalb des einstigen Kirchenbodens fanden sich Hinweise auf eine weitere Grabgrube, deren Geheimnisse noch gelüftet werden müssen.

Oberschleißheim: Skelett in einer Grabgrube
Oberschleißheim: Skelett in einer Grabgrube Archäologisches Büro Anzenberger & Leicht GbR

„Die Beisetzung im Innenraum einer Kirche war im frühen Mittelalter selten und nur höhergestellten Personen vorbehalten“, sagt Dr. Jochen Haberstroh, stellvertretender Leiter der Abteilung Bodendenkmalpflege am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege (BLfD). „Die Entdeckung dieser Siedlung hilft uns, die Geschichte der Region zur Zeit der Stadtgründung Münchens besser zu verstehen“, so Dr. Haberstroh weiter. „Frühmittelalterliche Siedlungsreste in der Münchner Schotterebene sind aufgrund verstärkter Bautätigkeiten in den letzten Jahren immer wieder gefunden worden, aber dieser Fund ist durch seine Vollständigkeit besonders aufschlussreich.“

Aufarbeitung stehen erst am Anfang

Warum die einstige Siedlung im Oberschleißheimer Ortsteil Neuherberg um das Jahr 1300 aufgegeben wurde, gilt es zu erforschen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler setzen nun naturwissenschaftliche Methoden bei der Analyse von Bodenproben und der Untersuchung der Bestattungen ein, um auch diesem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Die Archäologinnen und Archäologen stehen erst am Anfang ihrer Arbeit, doch bereits jetzt ist klar: Dieser Fund wird das Verständnis der mittelalterlichen Geschichte im Münchner Umland nachhaltig prägen.  

Nach Abschluss der archäologischen Arbeiten wird auf dem Gelände ein Neubau für die mehr als 200 Beschäftigten des BfS am Standort Neuherberg entstehen. Die Grundsteinlegung ist für November 2024 geplant. Bauherrin ist die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA).

Meldung des Bayerischen Denkmalamtes für Denkmalpflege

Das Jahresabonnement der ANTIKEN WELT

Nutzen Sie den Preisvorteil!

  • Abopreisvorteil (D):
    93,60 € zzgl. 6,30 € Versand (D) statt 131,55 € im Einzelkauf
  • inkl. Digitalzugang
  • 10,40 € pro Ausgabe
  • insgesamt 9 Ausgaben im Jahr: 6 reguläre Hefte und 3 Sonderhefte
  • ohne Risiko, jederzeit kündbar 
Jetzt testen

Das Jahresabonnement der Archäologie in Deutschland

Nutzen Sie den Preisvorteil!

  • Abopreisvorteil (D):
    93,60 € zzgl. 6,30 € Versand (D) statt 131,55 € im Einzelkauf
  • inkl. Digitalzugang
  • 10,40 € pro Ausgabe
  • insgesamt 9 Ausgaben im Jahr: 6 reguläre Hefte und 3 Sonderhefte
  • ohne Risiko, jederzeit kündbar 
Jetzt testen