Bei einer Rettungsgrabung im Gewerbegebiet Hölderacker in Endingen am Kaiserstuhl haben Archäologinnen und Archäologen eine eisenzeitliche Grabanlage aufgedeckt. Es handelt sich um einen sogenannten Grabgarten, der durch ein quadratisches, 15 mal 15 Meter großes Grabenwerk gebildet wird. Hierin waren 18 Individuen in insgesamt 17 Grabgruben bestattet. Die Grabungen wurden von April bis Ende Juli dieses Jahres von der Fachfirma ArchaeoTask GmbH aus Engen unter der fachlichen Begleitung des Landesamts für Denkmalpflege (LAD) im Regierungspräsidium Stuttgart ausgeführt.
Grund für die Rettungsgrabung war die geplante Erweiterung von Lagerflächen einer Firma, die Bodeneingriffe notwendig machte. Da an dieser Stelle mit archäologischen Funden zu rechnen war, mussten diese vor den Erdarbeiten ausgegraben und dokumentiert werden.
„Die meisten Bestatteten lagen in oval bis rechteckigen Grabgruben, die sich augenscheinlich um ein zentrales Grab mit einer Doppelbestattung gruppierten“, berichtete Marcel El-Kassem, der zuständige Archäologe am LAD. Eine Grablege habe sich außerhalb des Grabgartens, eine weitere auf der Sohle des umfassenden Grabens befunden.
Mit Blick auf eine vorläufige anthropologische Skelettdiagnose noch während der Ausgrabung dürfte es sich laut El-Kassem bei den Verstorbenen etwa jeweils zur Hälfte um erwachsene Personen (mindestens acht Individuen) sowie jugendliche Erwachsene und Kinder handeln. Offenkundig waren diesen beiden Gruppen auch unterschiedliche Areale innerhalb des Grabgartens vorbehalten.
„Über 60 Prozent der Gräber waren bereits beraubt“, sagte Dr. Felix Fleischer, der ebenfalls Archäologe am LAD ist, „unter den Trachtbestandteilen fanden sich Fibeln, darunter ein bronzenes Exemplar mit Koralleneinlage, Arm- und Hohlblechfußreife aus Bronze, ein Armreif aus organischem Material (Kaustobiolith) sowie ein Fingerring aus Silber“. Nach Ausweis dieser Funde stamme der Grabkomplex aus der frühen Eisenzeit (450 bis 250 vor Christus, sogenannte Frühlatènezeit). Gräber aus dieser Zeit sind in Baden-Württemberg bislang entweder als Nachbestattungen in älteren, hallstattzeitlichen (750 bis 450 vor Christus), Grabhügeln, als isolierte Einzelbestattung oder in kleineren Flachgräberfeldern bekannt.
Grabgärten mit eindeutigen Umfassungssystemen sind zwar in späteisenzeitlichen und frührömischen Kontexten nicht ungewöhnlich. „Der frühkeltische Grabgarten aus Endingen ist jedoch für Baden-Württemberg einmalig; nicht zuletzt auch wegen der guten Erhaltung der Körperbestattungen“, sagte El-Kassem. Aus dem benachbarten Elsass ist aktuell nur ein zeitgleicher, deutlich kleinerer Grabgarten mit lediglich zwei Bestattungen bekannt.
Die Auswertung des Endinger Grabkomplexes, insbesondere anthropologische sowie zusätzliche bioarchälogische Untersuchungen, wird Aussagen zu Sterbealter, Geschlecht, Herkunft, verwandtschaftlichen Beziehungen, Gesundheit, Krankheit und Ernährungsgewohnheiten der bestatteten Individuen ermöglichen. Darüber hinaus werden hierdurch wichtige Kenntnisse über die frühkeltische Bevölkerung am südlichen Oberrhein gewonnen.
Meldung Regierungspräsidiums Stuttgart Landesamt für Denkmalpflege
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