Germanische Grabfunde aus der Ukraine erstmals in Deutschland

2017 wurde der Fachbereich für Geschichte Ivan Franko Nationale Universität von Lviv darüber informiert, dass Sondengänger einige Eisenobjekte in Kariv, Westukraine, gefunden hatten. Daraufhin wurden Ausgrabungen durchgeführt, die eine Sensation ans Licht brachten: Knapp unter der Oberfläche stieß man auf germanische Gräber aus dem ersten und zweiten nachchristlichen Jahrhundert, darunter ein sogenanntes Fürstengrab, das nach seiner Entdeckung in das Regional-Historische Museum Vynnyky/Lwiw (Istoryko-Krayeznavchyy Muzey Vynnyky), verbracht wurde.

Kessel von Kariv („Suebenkessel“) zeigt die Büsten dreier Sueben mit typisch germanischer Haartracht (sog. Suebenknoten)
Kessel von Kariv („Suebenkessel“) zeigt die Büsten dreier Sueben mit typisch germanischer Haartracht (sog. Suebenknoten)© Istoryko-Krayeznavchyy Muzey, Vynnyky, Vasyl Rohan

Das Ensemble von ca. 20 Objekten wurde im Mai 2024 von einem Team des Landesamts für Denkmalpflege in der Ukraine abgeholt und in die Restaurierungslabore in Esslingen gebracht, wo einige der Funde derzeit umfangreich restauriert werden. Dank der großzügigen finanziellen Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung im Rahmen der UKRAINE- Förderlinie ist es überhaupt möglich gewesen, die Funde für die Große Landesausstellung „THE hidden LÄND" nach Südwestdeutschland zu transportieren.

Einige der herausragenden Grabfunde werden ab dem 13.09.2024 im Kunstgebäude Stuttgart gezeigt. Von besonderem Interesse sind zwei Glasbecher mit Facettenschliff, eine römische Bilderschüssel, Teile von zwei Trinkhörnern, darunter eine emaillierte Prachtkette als Aufhängung sowie ein Bronzeeimer und ein Kessel aus Buntmetall. Der Kessel besitzt büstenförmige Attaschen mit bärtigen Männerköpfen. Sie wurden in römischen Werkstätten gefertigt und zeigen je einen seitlichen Haarknoten, der als Suebenknoten bezeichnet wird.

In ganz Europa wurden bisher nur zwei weitere sogenannte „Sueben-Kessel“ gefunden: in Czarnowko (PL) und in Muzov (CZ). Für die Landesausstellung ist dieser Kessel vor allem deshalb von Bedeutung, da im 1. und 2. Jh. n. Chr. Sueben durch Inschriften im Oberrheintal und im Neckarraum nachgewiesen sind, u.a. ein Grabstein aus Offenburg, der einen princeps sueborum – einen Anführer der Sueben – nennt. Außerdem lautete der Name der römischen Bezirksverwaltung mit dem Hauptort Ladenburg Civitas Ulpia Sueborum Nicrensium.

Bildschale aus der Ukraine
Bildschale Istoryko-Krayeznavchyy Muzey, Vynnyky, Jaroslav Onyščuk

Der Kessel ermöglicht es, kulturelle Querverbindungen durch Raum und Zeit zu beleuchten und ist daher ein wichtiger Teil des kulturgeschichtlichen Storytellings der Ausstellung. Der Landesbezug ergibt sich u. a. aus der Tradierung des Sueben-Namens durch die Römerzeit ins Mittelalter bis zum Herzogtum Schwaben.

Die Funde sind ein hervorragendes Zeugnis für die Strahlkraft des römischen Reiches, das weit in den Osten Europas reichte. Die gezeigten Exponate sind Prestigeobjekte ihrer Zeit, die eine europaweit vernetzte und auch überregional agierende Elite zur Darstellung von Status und gehobener Lebensführung nutzte. Dabei orientierte man sich auch am Lebensstil im Römischen Reich, der zusammen mit den außerrömischen Gesellschaften die kulturellen und politischen Entwicklungen und gesellschaftlichen Ausprägungen Europas in der ersten Hälfte des ersten Jahrtausends formte. 

Ausblick! AiD 6/2024 "Die ersten 1000 Jahre - der Südwesten"

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Die November-Ausgabe der »Archäologie in Deutschland« widmet sich im Titelthema ebenfalls den ersten 1000 Jahren. Ist die Rede vom ersten Jahrtausend, steht man unbewusst in einer uralten Tradition. Gerade im Südwesten Deutschlands wird das spürbar: geprägt von den Römern einerseits, die das Christentum brachten, und von einwandernden Germanen andererseits, denen wir unsere Sprache verdanken. Archäologische Forschungen zu Römerzeit und Mittelalter beleuchten viele Bereiche, die nicht im Horizont schriftlicher Überlieferung liegen. Jede Ausgrabung birgt spezifisches neues Erkenntnispotenzial. Mit einem Abo verpassen Sie diese spannende Ausgabe nicht:

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Besonderes Highlight im Rahmen der Großen Landesausstellung „THE hidden LÄND – Wir im ersten Jahrtausend“

Das Archäologische Landesmuseum Baden-Württemberg und das Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg im Regierungspräsidium Stuttgart präsentieren im Rahmen ihrer gemeinsamen Großen Landesausstellung „THE hidden LÄND – Wir im ersten Jahrtausend“ der deutschen Öffentlichkeit ab dem 13. September 2024 im Kunstgebäude Stuttgart erstmals die Funde aus westukrainischen Fürstengräbern, die in Kariv (Lwiw/Lemberg) gemacht wurden.

Das Fundensemble aus den Fürstengräbern von Kariv wird außerdem von 24. Oktober 2025 bis 11. April 2026 im Rahmen einer Großen Sonderausstellung im Hauptsitz des Archäologischen Landesmuseums Baden-Württemberg in Konstanz am Bodensee zu sehen sein.

Meldung Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart

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