Das Ackerbürgergehöft Wettin Brauhausgasse 4-5
Der langestreckte doppelstöckige Bau mit repräsentativer Fassade zur Straße hin wurde in der zweiten Hälfte des 16. oder im beginnenden 17. Jahrhundert erbaut. Die Besitzer waren wohlsituierte Angehörige der Wettiner Bürgerschaft, was auch ein kleines, möglicherweise transloziertes Sitznischenportal belegt, das um 1550 entstanden sein dürfte. Die Geschichte des Hauses beziehungsweise die seiner Besitzer lässt sich über Schriftquellen bis in die Zeit des ausgehenden Dreißigjährigen Krieges zurückverfolgen. Ab 1681 befand sich in dem Haus die wohl älteste Apotheke der Stadt. Spuren dieser Nutzung sind bis heute zu finden, etwa in Form einer barocken Stuckdecke des 18. Jahrhunderts und eines Apothekergewölbes. Angesichts mehrerer bezeugter Stadtbrände handelt es sich um einen der ältesten erhaltenen Profanbauten Wettins, mithin um ein Bauwerk von erheblicher stadtgeschichtlicher Bedeutung.
Der Münzfund
Im Juli 2023 sollte im Hof des Gebäudes ein Graben für eine neue Abwasserleitung angelegt werden. Im Torbereich des Hauses wurde dabei etwa 50 Zentimeter unter heutigem Bodenniveau ein Münzhort entdeckt. Die 285 grünlich verfärbten Silbermünzen lagen als stark verdichtete Ansammlung ohne schützendes Gefäß im Boden. Ein vergangenes organisches Behältnis, etwa ein Beutel, ist aufgrund der kompakten Lage jedoch anzunehmen. Mit Unterstützung der anwesenden Vereinsmitglieder konnte der Hortfund fachgerecht im Block geborgen werden. Die Dokumentation vor Ort übernahm Dr. Claudia Beuger, Vereinsmitglied und Archäologin. Die Freilegung erfolgte in der Restaurierungswerkstatt des LDA Sachsen-Anhalt unter Laborbedingungen. Dabei wurden die Münzen in Schichten freipräpariert, gelöst, verzeichnet und restauratorisch behandelt.
Mehr als die Hälfte des Fundes machen großformatige Silbermünzen, Taler und äquivalente ausländische Münzen, aus. Der Rest des Fundes besteht aus Talerteilstücken und Groschen. Die älteste Münze des Fundes wurde 1499 geprägt, die jüngste stammt aus dem Jahr 1652. Der Verbergungszeitpunkt dürfte damit in den späteren 1650er Jahren gelegen haben. Auch wenn Aussagen zur ehemaligen Kaufkraft schwierig sind, stellte der aus hoch silberhaltigen Münzen bestehende Fund mit Sicherheit einen erheblichen Wert dar.
Regionale sächsische Prägungen machen den Großteil des Fundvolumens aus. Dies sind aber nicht die wertvolleren Taler, sondern vor allem die sogenannten Schreckenberger Groschenmünzen, die weniger für den (Fern-)Handel als vielmehr auf dem regionalen Markt eingesetzt wurden. Als ausgesprochene Handelsmünzen gelten hingegen die in den spanischen Niederlanden geprägten Albertustaler, die die zweitgrößte Münz-Gruppe bilden. Hinzukommen unter anderem Prägungen der deutschen Kaiser, des Herzogtums Braunschweig-Lüneburg, des Erzherzogtums Österreich, aus den Niederlanden sowie der Städte Augsburg, Basel, Schaffhausen, Hamburg, St. Gallen, Nürnberg, Lübeck, Konstanz, Goslar, Frankfurt und Metz.
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Zudem finden sich viele Münzen in dem Hort, die selten in sachsenanhaltischen Funden vorkommen. Besonders zu erwähnen ist ein italienischer Scudo des Odoardo Farnese aus dem Jahr 1630, der von 1622 bis zu seinem Tod 1646 das Herzogtum Parma und Piacenza regierte. In der Toskana wurden solche Großsilbermünzen als Tallero bezeichnet und besonders für den Levantehandel eingesetzt. Ein weiterer Tallero im Wettiner Fund hat Cosimo II. de’ Medici (Regierungszeit 1609 bis 1621), ebenfalls aus einer sehr einflussreichen Familie stammend und Großherzog der Toskana, im Jahr 1620 schlagen lassen.
Die jüngste Münze im Fund ist ein Patagon, die spanische Bezeichnung für die Albertustaler. Erstmals 1612 vom Regenten der Spanischen Niederlande Erzherzog Albert VII. von Österreich (1559 bis 1621) und dessen Gemahlin Isabella Clara Eugenia von Spanien (1566 bis 1633) geprägt, entwickelten sich diese Münzen zu den Haupthandelsmünzen im Ostseeraum im 17. Jahrhundert Die Schlussmünze des Wettiner Fundes ließ der spanische König Philipp IV. (Regentschaft 1621 bis 1665) 1652 in Brügge prägen.
Schatz des Bürgermeisters von Wettin?
Der Wettiner Fund wurde kurz nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges (1618 bis 1648) verborgen. Besonders die kurfürstlichen und herzoglichen sächsischen Münzen und jene der Grafschaften Hohnstein und Mansfeld sind als regional zu werten. Die Albertustaler und die Vielfalt der von weiter her stammenden Gepräge unter anderem aus Österreich, der Schweiz und Süddeutschland sowie die beiden Prägungen aus Italien lassen auf einen Kaufmann beziehungsweise angesichts der langen Akkumulationsphase von 150 Jahren auf eine Kaufmannsfamilie, die auch im Fernhandel tätig war, als ehemalige Eigentümer schließen.
In der Tat gehörte das Haus in der Brauhausgasse zur Zeit der Deponierung der Münzen Johann Dondorf, einem der reichsten Bürger Wettins, der seit Ende der 1660er Jahre auch Bürgermeister der Stadt war. Sein Einkommen erwirtschaftete er vornehmlich aus Landwirtschaft, etwas Weinanbau und Braurechten. Wettin war während und nach dem Dreißigjährigen Krieg eine überaus wohlhabende Braustadt. Der Reichtum Dondorfs zeigte sich deutlich nach seinem Tod 1675. Bei der gerichtlichen Aufnahme seines Nachlasses fanden sich in seinem Haus mehr als 2500 Taler in 13 einzelnen Positionen, davon allein 1000 Taler » […] an 500 Stück Ducaten in einem langen ledern Beutell.« Eine Verbindung des Schatzfundes mit diesem bedeutenden Bürger Wettins wäre also denkbar.
Meldung des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt
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