Eine wichtige Entdeckung: die Stadtmauer aus der Römischen Kaiserzeit
Da es keine Stadtmauern gab, machten einige Historiker Narbonne in der Kaiserzeit zu einer offenen Stadt. Die Archäologen des Inrap hatten also keineswegs mit ihrer Präsenz in Narbonne gerechnet. Dennoch haben sie einen wichtigen, 30 Meter langen Abschnitt der Stadtmauer freigelegt: die Courtine (Umfassungsmauer) und einen Turm, die weitgehend abgetragen sind. Der Turm weist eine originelle Bauweise auf, die vielleicht dazu diente, dem Gebäude mehr Stabilität zu verleihen: ein runder Turm mit quadratischen Fundamenten. Die Abmessungen des gesamten Komplexes (Durchmesser des Turms, Dicke der Mauern) entsprechen den Normen des Hohen Kaiserreichs und nähern sich den Stadtmauern anderer Städte wie Orange, Lyon, Autun usw. Die genaue Datierung muss noch verfeinert werden, aber sie soll in den letzten Jahrzehnten des ersten Jahrhunderts v. Chr. erbaut worden sein.
Ein Viertel mit Lagerhäusern für den Seehandel
Die Ausgrabung befindet sich in einem Viertel am Rande der antiken Stadt, das um 50 n. Chr. urbanisiert wurde, also mehr als eineinhalb Jahrhunderte nach der Gründung der Colonia Narbo Martius im Jahr 118 v. Chr. Es besteht aus mehreren städtischen Inseln, die von drei Straßen und einer Gasse mit teilweise überlappenden Regen- und Abwasserkanälen durchzogen sind. Das Viertel wurde während seiner Besiedlungsphase mehrfach umgestaltet.
Dieser Teil der Stadt war der Lagerung und dem Handel mit Waren gewidmet. Auf der Baustelle wurden teilweise drei bis vier Lagerhäuser freigelegt, die wahrscheinlich von verschiedenen Händlern betrieben wurden. Eines der Gebäude unterscheidet sich von den anderen: Es ermöglichte die Lagerung von Waren im Erdgeschoss, auf einem Boden, den man als ein Kriechkellersystem aus wiederverwendeten Amphoren saniert hat. Das Obergeschoss sollte als Büro oder Wohnraum dienen, wie die Fragmente von Betonböden und Mosaiken sowie die Wände aus Lehmziegeln mit bemaltem Verputz belegen, die nach einem Brand eingestürzt waren.
Etwas weiter entfernt scheint ein zweites Lagerhaus durch das gleiche Phänomen zerstört worden zu sein. Die wiederaufgebauten Gebäude scheinen mit anderen Aktivitäten verbunden zu sein. So war ein Raum mit besonders gut erhaltenen Wänden auf einer Höhe von fast 80 cm mit bemaltem Verputz verziert. Ihr Muster ahmt Marmorplatten nach, während die Decke mit Pflanzenranken auf weißem Grund verziert war.
Ein bedeutendes und komplexes Hafensystem
Diese Funde sind dem städtischen Hafen von Narbo Martius zuzuordnen, den man entlang des antiken Flussarms der Aude angelegt hat. Dieser bildet zusammen mit dem Seevorhafen, dessen Überreste man an mehreren Stellen (Île Saint-Martin in Gruissan, Mandirac, La Nautique) beobachtet hat, ein komplexes Hafensystem, dessen Bedeutung vor allem in antiken Texten und Inschriften belegt ist. Diese Ausgrabung trägt zur Identifizierung des antiken Verlaufs des Flusses bei, dessen Verlauf teilweise künstlich gestaltet wurde, als die Robine im 18. Jahrhundert kanalisiert wurde.
Die außergewöhnlichen Entdeckungen veranlassten den Bauträger zur Änderungen des künftigen Bebauungsplans. Nun sollen die Überreste der antiken Stadtmauer (Turm und Festungsmauer) erhalten bleiben und werden in das Bauvorhaben integriert.
Meldung von Inrap