Neue Forschungen zu mumifizierten Überresten bieten Wissenschaftlern seltene Einblicke hinter antike Hüllen

Neue CT-Scans, die im Field Museum von Chicago angefertigt wurden, geben Wissenschaftlern neue Einblicke in die Bestattungspraktiken und das Leben und Sterben der Menschen im alten Ägypten sowie in die bisherigen Konservierungsbemühungen in Museen. Sie helfen dabei, die Individualität jedes Verstorbenen hervorzuheben und zu enthüllen, was ihm für sein Leben nach dem Tod ins Jenseits mitgegeben wurde.

Forscher des Field Museums untersuchen eine Mumie der Sammlung im CT-Scanner
Forscher des Field Museums untersuchen eine Mumie der Sammlung im CT-Scanner© The Field Museum 2024, Foto: Morgan Clark

Im Rahmen einer viertägigen Studie wurden am Field Museum 26 Mumien durch einen mobilen Computertomographen geführt. Mit dieser Technologie wurden Tausende und Abertausende von Röntgenbildern erstellt, die digital übereinandergelegt wurden, um ein 3D-Bild des Inneren zu erhalten. Die Scans ermöglichten es den Forschern, hinter die Verpackung zu blicken, die dazu beigetragen hatte, die in ihnen bestatteten Menschen über 3.000 Jahre lang zu konservieren. 

 „Aus archäologischer Sicht ist es unglaublich selten, dass man Geschichte aus der Perspektive eines einzelnen Individuums untersuchen oder betrachten kann“, sagt Stacy Drake, Leiterin der Sammlung menschlicher Überreste am Field Museum. „Dies ist eine großartige Gelegenheit für uns, herauszufinden, wer diese Menschen waren." 

Die Erforschung dieser Menschen hat gerade erst begonnen. Wissenschaftler arbeiten daran, die Schichten digital abzutragen, um zu sehen, was von den Körpern und ihren Grabbeigaben übrig geblieben ist. Dennoch konnten die Museumsmitarbeiter bereits einige der Rätsel um die berühmtesten Überreste des Museums lösen. 

Wie gelang die Mumie Chenet-aa in ihren Sarg?

Die Fürstin Chenet-aa lebte in der Dritten Zwischenzeit Ägyptens, in der 22. Dynastie. Ihre 3.000 Jahre alten Überreste befinden sich in einem bemerkenswerten Zustand. Dank der neuen Scans können die Wissenschaftler ihren Tod auf Ende 30 oder Anfang 40 datieren. Der Verlust mehrerer Zähne und die starke Abnutzung der verbliebenen Zähne deuten darauf hin, dass die Nahrung, die sie zu sich nahm, Sandkörner enthielt, die den Zahnschmelz angriffen. Die Scans zeigen auch, dass Chenet-aa künstliche Augen in ihren Augenhöhlen hatte, um sicherzustellen, dass sie diese in ihr Leben nach dem Tod mitnehmen konnte. 

„Die altägyptische Vorstellung vom Jenseits ähnelt unserer Vorstellung vom Ruhestand. Es ist etwas, auf das man sich vorbereitet, für das man sein ganzes Leben lang Geld zurücklegt und hofft, dass man am Ende genug hat, um das Leben wirklich zu genießen“, sagt JP Brown, leitender Konservator für Anthropologie. „Die Ergänzungen sind sehr wörtlich zu verstehen. Wenn man Augen will, muss es physische Augen geben oder zumindest eine physische Anspielung auf Augen."

Chenet-aa und ihr Karton, der Pappmaché-ähnliche Sarg mit dem einbalsamierten Körper, haben der Forschung jahrelang Rätsel aufgegeben. Ohne sichtbare Naht und nur mit einer kleinen Öffnung an den Füßen schien es keinen Zugang zu geben, durch den Chenet-aas Körper in die Kartonage gelegt werden konnte.

Dank der CT-Scans können die Restauratoren nun zum ersten Mal die Unterseite des Sarkophags sehen. „Man kann sehen, dass es auf der Rückseite eine Naht und eine Schnürung gibt“, sagt Brown. 

Heute weiß man, dass die Kartonage mit einem ausgeklügeltem Verfahren um die Mumie angebracht wurde. Der Körper wurde vertikal positioniert. Dann wurde der Sarg aus Pappe mit Feuchtigkeit aufgeweicht, bis er flexibel genug war, um sich dem Körper anzupassen. Dann wurde ein Schlitz von Kopf bis Fuß in die Rückseite geschnitten, geöffnet, über den eingewickelten Leichnam abgesenkt und wieder geschlossen. Nach der Verschnürung auf der Rückseite wurde an den Füßen eine Holzplatte eingelegt und mit Dübeln befestigt, um das Ganze zusammenzuhalten. 

Das privilegierte Leben des Harwa

Eine weitere prominente Figur in den Sammlungen des Field Museums ist Harwa, ein Wächter der Kornkammer des Alten Ägyptischen Reiches, der ebenfalls vor rund 3.000 Jahren lebte. Scans enthüllten Details, die darauf schließen lassen, dass Harwa ein relativ privilegiertes Leben führte: Trotz seines hohen Alters (mindestens 40 Jahre) zeigt seine Wirbelsäule keine Anzeichen übermäßiger körperlicher Belastung, und seine Zähne sind bemerkenswert gut erhalten, was darauf hindeutet, dass er Zugang zu qualitativ hochwertiger Nahrung hatte. Dieser Fund unterstreicht seinen sozialen Status und seinen komfortableren Lebensstil im Vergleich zu anderen Menschen seiner Zeit.

Meldung Field Museum

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