Neue Interpretation einer Runeninschrift enthüllt Preisgestaltung im Zeitalter der Wikinger

Eine neue Interpretation der Runeninschrift auf dem Forsa-Ring (auf Schwedisch Forsaringen) bietet neue Einblicke in das Währungssystem der Wikingerzeit und stellt die älteste dokumentierte Wertaufzeichnung in Skandinavien dar. Die Inschrift beschreibt, wie flexibel und praktisch die Wikinger mit Geldstrafen umgingen.

Der Forsarring ist ein Eisenring aus Hälsingland.
Der Forsarring ist ein Eisenring aus Hälsingland, der auf das 8. oder 9. Jahrhundert datiert wird. Die Runeninschrift auf dem Ring beschreibt eine Geldstrafe für ein bestimmtes Vergehen.© Ulrika Karlsson/Svenska

„Die Forsaringen-Inschrift ‚uksa ... auk aura tua‘ wurde früher so interpretiert, dass Geldstrafen sowohl mit einem Ochsen als auch mit zwei Öre Silber bezahlt werden mussten. Das hätte bedeutet, dass der Schuldige mit zwei verschiedenen Waren hätte bezahlen müssen, was sowohl unpraktisch als auch zeitaufwändig gewesen wäre“, sagt Rodney Edvinsson, Professor für Wirtschaftsgeschichte an der Universität Stockholm. Er hat eine Studie in der Scandinavian Economic History Review zur neuen Interpretation der Runen veröffentlicht.

Der Forsa-Ring ist ein Eisenring aus Hälsingland, der auf das 9. oder 10. Jahrhundert datiert wird. Die Runeninschrift auf dem Ring beschreibt Geldstrafen für ein bestimmtes Vergehen, die in Form von Ochsen und Silber zu bezahlen waren. Der Ring wurde vermutlich als Türgriff verwendet und ist derzeit der älteste bekannte erhaltene Rechtstext in Skandinavien.

Durch die Änderung der Übersetzung des Wortes „alk“ von der bisherigen Deutung „und“ zur neuen Deutung „auch“ ändert sich die Bedeutung dahingehend, dass Geldstrafen entweder mit einem Ochsen oder mit zwei Öre Silber bezahlt werden konnten. Ein Öre entsprach etwa 25 Gramm Silber.

„Das deutet auf ein viel flexibleres System hin, in dem sowohl Ochsen als auch Silber als Zahlungsmittel verwendet werden konnten. Wenn jemand leichteren Zugang zu Ochsen als zu Silber hatte, konnte er seine Strafen mit einem Ochsen bezahlen. Umgekehrt konnte jemand, der Silber, aber keine Ochsen hatte, mit zwei Öre Silber bezahlen“, sagt Edvinsson.

Die neue Interpretation zeigt, dass die Wikinger ein System hatten, bei dem sowohl Ochsen als auch Silber als Zahlungsmittel dienten. Dieses System ermöglichte die gleichzeitige Verwendung mehrerer Arten von Rechnungseinheiten, was die Komplexität der Transaktionen verringerte und es den Menschen erleichterte, ihren finanziellen Verpflichtungen nachzukommen.

Die neue Interpretation passt auch besser dazu, wie das System später gemäß späterer regionaler Gesetze funktionierte, und ist laut Edvinsson für unser Verständnis sowohl der skandinavischen als auch der europäischen Währungsgeschichte von Bedeutung.

"Als Wirtschaftshistoriker achte ich besonders darauf, dass historische Daten ökonomisch logisch sind, das heißt, dass sie in andere zeitgenössische oder historische Wirtschaftssysteme passen. Der Wert eines Ochsen im Schweden des 10. Jahrhunderts von zwei Öre oder 50 Gramm Silber ähnelt den damaligen Werten in anderen Teilen Europas und deutet auf einen hohen Grad an Integration und Austausch zwischen verschiedenen Volkswirtschaften hin", sagt Edvinsson.

Was kosteten die Dinge im Zeitalter der Wikinger?

Nach der neuen Interpretation kostete ein Ochse in der Wikingerzeit 2 Öre Silber, also etwa 50 Gramm Silber. Das entspricht heute etwa 100.000 schwedischen Kronen (8680 Euro), wenn man es mit dem Wert einer Arbeitsstunde vergleicht. Der Bußgeldbetrag des Forsa-Rings war also recht hoch. Ein Öre entsprach wahrscheinlich etwa neun arabischen Dirham, einer Währung, die unter den Wikingern in großen Mengen im Umlauf war.

Ein üblicher Preis für einen Leibeigenen betrug 12 Öre Silber, was heute etwa 600.000 schwedischen Kronen (52.080 Euro) entspricht. Das Wergeld für einen freien Mann, also die Geldstrafe, die an die Familie des Ermordeten gezahlt wurde, um Blutrache zu vermeiden, war viel höher, etwa 5 Kilo Silber, was heute etwa 10 Millionen schwedischen Kronen (867.945 Euro) entspricht. Der erhebliche Wertunterschied zwischen einem Leibeigenen und einem freien Mann spiegelt die Machtdynamik zwischen freien Individuen und Leibeigenen in einer Sklavengesellschaft wider.

Die entsprechende Inschrift des Forsa-Rings lautet übersetzt: Ein Ochse und [auch/oder] zwei Öre Silber für den Stab für die Wiederherstellung eines Heiligtums in einem gültigen Zustand beim ersten Mal; zwei Ochsen und [auch/oder] vier Öre Silber beim zweiten Mal; aber beim dritten Mal vier Ochsen und acht Öre Silber.

Die Studie unterstreicht die Bedeutung moderner Wirtschaftstheorien zur Interpretation historischer Quellen. Durch die Kombination ökonomischer Theorien mit archäologischen und historischen Erkenntnissen eröffnen sich neue Möglichkeiten für interdisziplinäre Forschung und ein tieferes Verständnis früher Wirtschaftssysteme.

Meldung der Universität Stockholm

Originalpublikation:

Rodney Edvinsson, Applying a transaction cost perspective to decode viking Scandinavia's earliest recorded value relation: insights from the forsa ring's runic inscription, Scandinavian Economic History Review (2024). DOI: 10.1080/03585522.2024.2378465

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