Neuentdeckungen in der Blätterhöhle

Fachleute des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), der Stadt Hagen und von den Universitäten Bochum und Köln haben in der Blätterhöhle in Hagen eine rund 9.000 Jahre alte Feuerstelle freigelegt und drei Pfeilspitzen aus Feuerstein sowie vor der Höhle das Fragment einer Harpune gefunden. Die Fachleute ordnen die Funde aus der Steinzeit als außergewöhnlich ein.

Blick auf die Feuerstelle aus der späten Mittelsteinzeit (im Vordergrund links); im Hintergrund der Eingang zur Blätterhöhle.
Blick auf die Feuerstelle aus der späten Mittelsteinzeit (im Vordergrund links); im Hintergrund der Eingang zur Blätterhöhle.© LWL-AfW Olpe / Michael Baales.

Eine bereits 2022 angeschnittene Feuerstelle aus der späten Phase der Mittelsteinzeit konnte bei den Untersuchungen vollständig freigelegt werden. Die zirka 70 Zentimeter große Feuerstelle wurde aus einem Ring von Kalksteinen eingefasst, die zum Teil deutliche Spuren von Hitzeeinwirkungen tragen. Die sogenannten C-14-Datierungen von zwei Holzkohlen ergaben ein Alter für die Feuerstelle von 6.500 und 7.000 vor Christus und liegen damit in der Zeit der letzten Jäger und Sammler. Ein solcher Befund sei bislang an der Blätterhöhle einzigartig, so die Forschenden.

An dem Fundplatz konnten dieses Jahr auch erneut tiefer gelegene Fundschichten, so auch der außergewöhnliche Fundhorizont vom Ende der letzten Eiszeit, aus der späten Altsteinzeit, weiter untersucht werden. Dort fanden sich am Rande eines vermutlichen Feuerstellenbereiches neben Holzkohlen, Tierknochen und Abfällen der Steingeräteherstellung erneut drei gut erhaltene und für diese Zeit in Westfalen ungewöhnliche Pfeilspitzen aus Feuerstein.

"Diese drei Pfeilspitzen sind toll", so LWL-Archäologe Prof. Dr. Michael Baales. "Sie ergänzen die bisherige Serie dieses außergewöhnlichen Fundinventars vom Ende der letzten Eiszeit. Das ist überregional einmalig." Aus diesem Fundhorizont stammen auch die im vergangenen Jahr vorgestellten ältesten Reste des Modernen Menschen in Westfalen.

Ein überraschender Neufund

Dann konnte in diesem Jahr erstmals ein Artefakt aus Knochen oder Geweih vor der Blätterhöhle entdeckt werden: Es ist dies das 4,9 Zentimeter lange Spitzenfragment einer Widerhakenspitze ("Harpune") mit zwei erhaltenen Widerhaken. Auch diese sogenannte "einreihige Widerhakenspitze" ist nach Angaben der Fachleute für Westfalen und darüber hinaus ein außergewöhnlicher Fund.

Das Alter könne derzeit noch nicht sicher bestimmt werden. Harpunen ganz ähnlichen Typs seien vom Ende der Altsteinzeit allerdings bekannt und würden gut zu dem späteiszeitlichen Fundhorizont vom Vorplatz der Blätterhöhle passen. Allerdings lag sie deutlich oberhalb in einer jüngeren Fundschicht. Möglicherweise ist sie von Tieren hierhin verlagert worden. Zur Klärung sind noch weitere Arbeiten notwendig.

Ein überraschender Neufund: das Fragment einer Widerhakenspitze oder Harpune aus Knochen oder Geweih (Länge: 4,9 cm).
Ein überraschender Neufund: das Fragment einer Widerhakenspitze oder Harpune aus Knochen oder Geweih (Länge: 4,9 cm). LWL-AfW Olpe / Petra Fleischer

Hintergrund: 20 Jahre nach der Entdeckung

Vom August bis Oktober fanden an der Blätterhöhle in Hagen-Holthausen wieder archäologische Ausgrabungen statt. Diese wurden als gemeinsames Projekt von der Stadtarchäologie Hagen (Mirjam Kötter, Wolfgang Heuschen) in Zusammenarbeit mit der Außenstelle Olpe der LWL-Archäologie für Westfalen und der Ruhr-Universität Bochum (Prof. Dr. Michael Baales), der Universität zu Köln (Prof. Dr. Andreas Maier) sowie Prof. Dr. Jörg Orschiedt (Halle/Berlin) durchgeführt.

Unter der Leitung des von Heuschen gruben insgesamt 21 Studierende der Ruhr-Universität Bochum, der Universität zu Köln, der Universität Bonn, sowie LWL-Mitarbeitende in den steinzeitlichen Schichten an und in der Blätterhöhle. Die diesjährige Kampagne fand 20 Jahre nach der Entdeckung der Höhle als wichtiger archäologischer Fundort Westfalens statt.

"Insgesamt war die diesjährige Grabungskampagne sehr erfolgreich und unterstreicht nochmals die außergewöhnliche, überregionale Bedeutung des Fundplatzes für die Wissenschaft", sagt Grabungsleiter Wolfgang Heuschen. Die Grabungen betrafen alle steinzeitlichen Fundschichten - von der späten Alt- bis zur Jungsteinzeit.

Nicht nur weil immer wieder spektakuläre Funde an der Höhle gemacht werden, sondern auch aufgrund ihrer schon langen Forschungsgeschichte ist die Blätterhöhle ein archäologischer Höhepunkt in Westfalen. "Anlässlich des 20jährigen Jubiläums der Entdeckung durch den Arbeitskreis Kluterthöhle e.V. im Jahr 2004 ist aktuell ein Buch in Vorbereitung, das die Geschichte und Geschichten rund um die Blätterhöhle für interessierte Leser:innen erlebbar machen soll", teilt Mirjam Kötter mit.

Ob oder wie es mit den Grabungen an der Blätterhöhle weitergehen wird, sei zurzeit allerdings ungewiss, so die Fachleute. Ab 2025 stehen der Bodendenkmalpflege in NRW deutlich weniger Finanzmittel zur Verfügung. Ein Antrag bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für weitere Jahre Forschung an der Blätterhöhle befinde sich noch in der Prüfung. Eine Zu- oder Absage ist im Frühjahr nächsten Jahres zu erwarten.

Meldung LWL

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