Poseidon-Tempel in Griechenland größer als bislang angenommen

Neue Grabungen von Archäologen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und des griechischen Kulturministeriums in Kleidi-Samikon auf der Westpeloponnes zeigen, dass der 2022 entdeckte Poseidon-Tempel monumentaler war als bisher angenommen. Es handelt sich um einen 28 Meter langen Großbau aus dem 6. Jahrhundert v. Chr., der um 300 v. Chr. umgestaltet wurde. Die aktuellen Ergebnisse sind ein weiterer Beleg dafür, dass es sich bei diesem Tempel um ein Kultgebäude innerhalb des heiligen Bezirks des Gottes Poseidon handelt, der ein wichtiges religiöses Zentrum in der Region darstellte.

Poseidon-Tempel
Drohnenfoto der Ausgrabung 2023 im Poseidonheiligtum von Kleidi-Samikon. © ÖAW-ÖAI/Marie Kräker

2022 gelang einem Team des Österreichischen Archäologischen Instituts der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und der Ephorie von Elis des griechischen Kulturministeriums die Aufdeckung eines Gebäudes, das wahrscheinlich zum Heiligtum des Poseidon gehörte und vielleicht sogar als Tempel des Meeresgottes identifiziert werden kann. Wie von antiken Autoren beschrieben, liegt es in der Nähe des Meeres unterhalb der antiken Festung Samikon.

Bei der Grabung im Herbst 2023 wurden nun weitere Teile des Tempels freigelegt. Dabei zeigte sich, dass die Dimensionen größer sind als es die erste Auswertung der geophysikalischen Untersuchungen erwarten ließ. Das, was zu Beginn als Vorhalle gedeutet wurde, stellte sich als weiterer Raum heraus. Insgesamt handelt es sich um ein Gebäude von etwa 28 Meter Länge und mehr als 9 Meter Breite. Es besteht aus zwei Innenräumen, einer Vorhalle sowie einer Rückhalle oder einem Schrein für das Kultbild.

Doppeltempel oder Tempel mit zwei Sälen?

Birgitta Eder, Archäologin und Leiterin der Außenstelle Athen des Österreichischen Archäologischen Instituts der ÖAW: „Wir haben einen archaischen Tempel vor uns, der aus zwei Haupträumen besteht. Zu dieser Phase gehört eine Mittelreihe aus zwei Säulen, die wir in der ersten Halle fanden und die das große mit Dachziegeln bedeckte Dach stützten. Man darf annehmen, dass es solche Säulen auch im zweiten Raum gab. Der Grundriss des Tempels ist jedenfalls ungewöhnlich. Bisher kennen wir keine vergleichbaren Bauwerke.“

Welche Funktion die beiden Räume hatten, ist noch unklar. Vielleicht handelte es sich um einen Doppeltempel, in dem zwei Gottheiten verehrt wurden, oder es sind zwei hintereinanderliegende Säle, von denen einer als Versammlungsort für die Amphiktyonie der Städte der Region Triphylien gedient haben könnte. Diese war ein loser Verband von Städten auf religiös-kultureller Basis, die sich zusammenschlossen, um ein Heiligtum zu schützen und zu verwalten.

Die Forschungen zeigen außerdem, dass der Tempel zwei Bauphasen aufweist. Erofili-Iris Kolia, Direktorin der Ephorie von Elis: „In der zweiten Hälfte des 4. oder der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. wurde der archaische Tempel aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. umgestaltet. Dabei wurden die alten Dachziegel gleichmäßig als Untergrund für den neuen Fußboden aufgebracht. Sie dienten als Dämmung gegen das Grundwasser und zur Stabilisierung des Bodens. Etwas, das bis heute funktioniert. An jenen Stellen, wo Ziegel fehlen, ist der Boden feucht und schlammig.“ Die beiden Bauphasen belegen auch die gefundenen Keramikgefäße, die aus archaischer und spätklassischer bis frühhellenistischer Zeit stammen.

In den nächsten Jahren will das Team mehr über die Ausmaße des Heiligtums herausfinden. Hier ist die weitere Zusammenarbeit mit Geoarchäolog:innen der Universität Mainz und Geophysiker:innen der Universität Kiel von Bedeutung. Der antike Autor Strabon beschreibt das Poseidonheiligtum als „Hain mit wilden Olivenbäumen“. Spannend bleibt also die Frage, ob noch weitere Tempelgebäude, Altäre, Schatzhäuser, eine Prozessionsstraße oder Schreine für Weihegeschenke unter der Erde verborgen sind.

Die archäologischen Forschungen werden durch die Gerda Henkel-Stiftung und das Österreichische Archäologische Institut der Österreichischen Akademie der Wissenschaften finanziert. Sie finden in enger Zusammenarbeit zwischen dem griechischen Kulturministerium und der Außenstelle Athen des Österreichischen Archäologischen Instituts statt.

Nach einer Meldung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften

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