Mithilfe der sogenannten Radiokarbondatierung - einem Verfahren, mit dem Wissenschaftler das Alter von einst lebendigen Organismen messen können – stellte sich heraus, dass die Ortsmitte um den heutigen Bereich des Pfarrweges und des Kornblumenweges bereits vor 1300 Jahren besiedelt war. Hier hatten die Menschen offenkundig mehrere Hofstellen errichtet, deren Überreste sich als in den Boden eingelassenen Grubenhäuser sowie einige Langhäuser herausstellten.
Spannende Erkenntnisse liefern Bestattungen, die innerhalb der Hofstellen angelegt wurden. Diese sogenannten Hofgrablegen umfassen zwei Dreiergruppen im Norden, bestehend aus einer Frau und zwei Männern, weiter südlich einem Mann und zwei Frauen sowie einer Einzelbestattung eines Mannes. Alle wurden, wie zu dieser Zeit üblich, in West-Ost-Ausrichtung begraben. Was besonders auffiel: Die Grabgruben wurden über zwei verfüllten Brunnen und im Inneren eines Grubenhauses gefunden. Während der Sanierung des örtlichen Mesnerhauses, das nur etwa 100 Meter von der Hofstelle entfernt liegt, wurden bei einer Grabung im Keller ebenfalls zahlreiche Bestattungen gefunden.
17 Neufahrner Bestattungen konnten nun mithilfe von Fördermitteln des Bayerische Landesamtes für Denkmalpflege (BLfD), der Kreisarchäologie Freising sowie dem Heimat- und Geschichtsverein Neufahrn gemeinsam untersucht werden. Die Ergebnisse beider Fundstätten erlauben, dass die frühe Ortsgeschichte Neufahrns jetzt genauer rekonstruiert werden kann: Die Bestattungen am Pfarrweg stammen aus der Zeit der Mitte des siebten bis zum Ende des achten Jahrhunderts nach Christus. Spätestens im achten Jahrhundert, möglicherweise aber auch schon etwas früher, begannen auch die Bestattungen im Bereich des Mesnerhauses.
„Es ist also möglich, dass es an dieser Stelle schon deutlich vor der ersten urkundlichen Erwähnung Neufahrns um 804 eine Kirche mit zugehörigem Friedhof gab und mit den siedlungsinternen Bestattungen im Pfarrweg gleichzeitig unterschiedliche Ausprägungen frühmittelalterlicher Bestattungsbräuche nebeneinander existierten“, sagt Amira Adaileh, Archäologin am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege (BLfD).
Nach dem Ende der großen Reihengräberfriedhöfe im sechsten bzw. siebten Jahrhundert wurden die Verstorbenen oft weiterhin dem Brauch folgend in West-Ost-Ausrichtung innerhalb ihres Siedlungsbereiches bestattet. Erst im Laufe des achten Jahrhunderts verlagerten sich die Friedhöfe hin zu den frühen Ortskirchen und prägten ein Ortsbild, das oft bis heute Bestand hat. So auch in Neufahrn.
Die Ergebnisse zur frühen Ortsgeschichte Neufahrns sollen im sanierten Mesnerhaus zusammen mit anderen archäologischen Funden aus dem Gemeindegebiet öffentlich zugänglich gemacht werden.
Meldung des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege