Der bereits 2009 in einem koptischen Kloster in Abydos entdeckte Sarkophag ließ aufgrund seines Dekors und seiner Texte eine Zweitverwendung erkennen. Ein Priester der 21. Dynastie namens Menkheperrê fand als zweiter Besitzer im Sarkophag seine letzte Ruhestätte. Die Identität des Vorbesitzers blieb lange Zeit im Dunkeln, obwohl die Qualität des Sarkophags auf eine hohe Persönlichkeit des Neuen Reiches schließen ließ. Als Frédéric Payraudeau die Nachgravur der hieroglyphischen Texte untersuchte, konnte er feststellen, dass sie die Kartusche von Ramses II. selbst enthielten.
Grab Ramses II. bereits in der Antike vollständig geplündert
Bisher war bekannt, dass das Grab Ramses II. im Tal der Könige (Luxor) in der 21. Dynastie (ca. 1069-943 v. Chr.) vollständig geplündert und seine Mumie in einen Holzsarg umgebettet wurde. Inzwischen steht fest, dass man den Pharao in einem heute verlorenen Goldsarg beigesetzt hat. Dieser wiederum wurde in einen ersten Alabastersarkophag gelegt, den man in der Grabkammer zerstört aufgefunden hat. Der nun identifizierte Sarkophag aus Granit bildete die letzte, äußere Hülle der Grablege.
Nachdem das Grab geplündert worden war, nahm der Hohepriester Menkheperrê diesen Sarkophag für seinen eigenen Gebrauch an sich und ließ ihn nach Abydos bringen.
Dieser Fund ist ein weiterer Beweis dafür, dass das Tal der Könige in der 21. Dynastie nicht nur geplündert wurde, sondern dass die Grabbeigaben auch von den nachfolgenden Herrschern wiederverwendet wurden. So hatte Pharao Psusennes I. einen der Sarkophage des Nachfolgers von Ramses II., Merenptah, für sich erbeutet.
Meldung von CNRS
Originalpublikation:
PAYRAUDEAU, Frédéric; Le sarcophage de Ramsès II remployé à Abydos! Revue d’Égyptologie 73, 2023.DOI: 10.2143/RE.73.0.3292985
Das könnte Sie auch interessieren
ANTIKE WELT Sonderheft
Häuser für die Ewigkeit
Dieses Sonderheft nimmt Sie mit auf eine Zeitreise durch mehr als 3000 Jahre altägyptischer Grabkultur und Jenseitstexte. Sie können beobachten, wie sich die religiösen und vor allem die mythologischen Ideen entwickelten, die uns heute nicht nur als Text- und Bildkompositionen, sondern auch in Form der ikonischen Pyramiden, der Tempelgräber und der berühmten Felsgräber im Tal der Könige vor Augen stehen.
Zum Heft
ANTIKE WELT Sonderheft
Stadtleben im Alten Ägypten
Wie muss man sich den Alltag in einer ägyptischen Stadt vorstellen? Dieser Frage widmet sich das Sonderheft. Darin wird „Stadt“ nicht allein im Sinne von Architektur verstanden, sondern es wird ausgeführt, wie das Leben und Zusammenleben dort stattfand und wie man letztendlich auch dort verstarb.
Zum Heft
ANTIKE WELT Heft 5/22
Hieroglyphen
Am 27. September 1822 präsentierte Jean-François Champollion in dem berühmten »Lettre à M. Dacier« sein bahnbrechendes Ergebnis zum Verständnis der Hieroglyphen. Zwei Wochen zuvor war ihm der Durchbruch nach monatelangem intensivem Arbeiten gelungen; »Je tiens l’affaire«, ich hab’s!, soll er auf dem Weg zu seinem Bruder aufgeregt gerufen haben. Nach über 1400 Jahren war das Rätsel der Hieroglyphen gelöst.
Zum Heft
ANTIKE WELT Heft 6/22
Tutanchamun
Die Entdeckung des Grabes von Tutanchamun vor 100 Jahren war eine absolute Weltsensation. Doch noch immer birgt dieser spektakuläre Fund unermessliche Forschungspotentiale. Gerade in den letzten Jahren gab es wieder zahlreiche Projekte zu den Befunden, aufwendige Restaurierungen und auch neue Forschungen zur Biographie und Familie des jungen Pharao.
Zum Heft