Finder ist Dick Schlüter aus Enschede, ehemaliger Direktor des Naturhistorischen Museums „Natura Docet“ in Denekamp. Schlüter ist seit seiner Jugend leidenschaftlicher Fossiliensammler, der gemeinsam mit Jan van de Steeg aus Losser in den Niederlanden von 1997 bis 2007 zahlreiche Artefakte aus der Zeit des sogenannten Mittelpaläolithikums sammelte. Bei wiederholten Begehungen suchte er in diesem Zeitraum gezielt die aus 15 m Tiefe kommenden Spülfelder der Sandgrube ab.
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Neandertaler des Nordens
Neandertaler streiften durch ein riesiges Gebiet von Portugal im Westen, über England bis nach Sibirien im Osten. Im Norden wurde ihr Lebensraum durch das eiszeitliche Klima beschnitten: Vor 300000 bis 40000 Jahren verlief diese Linie mitten durch Norddeutschland und Polen. Funde aus diesem Grenzraum sprechen von Großwildjägern mit technisch ausgefeilter Ausrüstung, die sich um geschwächte Mitglieder kümmerten, heilende Pflanzen nutzten, ihre Toten bestatteten und ausgefallene Materialien schätzten. Grund genug also, sich das Leben der Neandertaler am Rand der bewohnbaren Welt genauer anzusehen.
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Bei den archäologischen Funden handelt es sich um Steinartefakte aus baltischem Geschiebefeuerstein wie bei der Werkzeugherstellung entstehende Abschläge aber auch Werkzeuge wie Schaber und Keilmesser. Sie sind nachweislich etwa 44.000 bis 42.000 Jahre alt und stammen vom damals lebenden Neandertaler. Das Fundmaterial gehört damit in die Endphase des Mittelpaläolithikums, die von den sogenannten Keilmessergruppen geprägt war. Diese Phase endete mit Beginn des Jungpaläolithikums um 35.000 vor unserer Zeitrechnung. Hier löste der heutige Mensch den Neandertaler als dominierende Spezies ab.
Neben den Werkzeugen enthält die gut dokumentierte Sammlung tierische Überreste wie Knochen, Knorpel und Zähne von zahlreichen Tierarten, die zur gleichen Zeit im Bentheimer Raum gelebt haben. Darunter sind Überreste von verschiedenen Fischarten, Vögeln sowie Knochen oder Zähne von Säugetieren zum Teil längst ausgestorbener Tierarten: beispielsweise große Knochenfragmente vom Steppenwisent, dem Wollhaarnashorn, ein Brustwirbel und Stoßzahn des Wollhaarmammuts. Bisher einmalige Funde für die nordwestdeutsche Region und damit auch Highlights der Sammlung sind Knochen vom Höhlenlöwen oder ein Kieferknochen des Wassermaulwurfs.
Leben der Neandertaler in Weser-Ems-Region nun näher erforschbar
Weiterhin befinden sich unter den Funden eine Mammutrippe und ein Rentiergeweihfragment, die Bearbeitungsspuren aufweisen. Bisher waren nur im östlichen Niedersachen Fundplätze bekannt, an denen Werkzeuge der altsteinzeitlichen Jäger- und Sammlerpopulationen und die Knochen potenzieller Beutetiere gemeinsam gefunden wurden. Mit diesen Funden lassen sich das Leben der Neandertaler und ihrer tierischen Zeitgenossen am Westrand Niedersachsens nun erstmals näher erforschen.
In einem ersten Schritt werden nun zunächst alle Funde inventarisiert und digitalisiert. Einige der besonderen Funde präsentiert das Landesmuseum Natur und Mensch Oldenburg bis zum 28. April in der Dauerausstellung.
Meldung des Landesmuseum Natur und Mensch Oldenburg