Spuren eines frühmittelalterlichen Dorfes in Jegenstorf ausgegraben

In einer Rettungsgrabung des Archäologischen Dienstes des Kantons Bern in Jegenstorf sind 2024 Fundstücke aus dem Mittelalter zum Vorschein gekommen. Dank diesen und älteren Untersuchungen kann die jahrhundertalte Geschichte des Dorfes besser nachvollzogen werden.

Blick in ein mittelalterliches Grubenhaus während der Ausgrabung in Jegenstorf 2024.
Blick in ein mittelalterliches Grubenhaus während der Ausgrabung in Jegenstorf 2024.© Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Pierre Eichenberger

Jegenstorf im Berner Mittelland ist ein geschichtsträchtiger Ort. Die Kirche steht auf den Ruinen eines römischen Gutshofs, und das Schloss geht auf das Mittelalter zurück. In diesem Frühjahr kam in einer Baugrube neben der Bäckerei – zwischen Kirche und Schloss – ein weiteres Stück der langen Dorfgeschichte zum Vorschein. Aus verschiedenen Gruben barg der Archäologische Dienst des Kantons Bern mittelalterliches Fundmaterial, wie Reste von Keramikgefässen, diverse Eisenfragmente oder Tierknochen. Es gibt Einblick in den Alltag eines mittelalterlichen Dorfes und erzählt von einem einfachen Leben ohne Überfluss.

Vergängliche Spuren des mittelalterlichen Alltags

Die heutige, von Dörfern geprägte Siedlungslandschaft entstand im Mittelalter. Anknüpfend an römerzeitliche Siedlungen, erschloss sich eine wachsende Bevölkerung dank des günstigen Klimas neue Siedlungsgebiete, welche seither durchgehend bewohnt werden. Die Reste der mittelalterlichen Dörfer liegen meist unter den heutigen Ortskernen und sind im sichtbaren Baubestand fast vollständig verschwunden. Von Zeit zu Zeit werden bei archäologischen Ausgrabungen letzte Spuren dieser mittelalterlichen Dörfer entdeckt.

Im Kanton Bern sind in den letzten 30 Jahren Teile von mehreren mittelalterlichen Dörfern archäologisch untersucht worden. Sie bestanden aus Hofgruppen mit Holzgebäuden, die zum Teil mit mächtigen Pfosten in der Erde verankert sind. In der Erde verankerte Holzgebäude faulen rasch. Entsprechend vergänglich sind die Spuren dieser mittelalterlichen Dörfer. Dasselbe gilt für das Fundmaterial: Im Boden erhalten sich vor allem Gegenstände aus gebranntem Ton, Stein, Metall und Knochen. Gegenstände aus Holz, organischem Geflecht, Textil oder Leder zerfallen in der Regel rasch und werden daher nur in Ausnahmefällen entdeckt. Diese letzten Reste der mittelalterlichen Dörfer werden dank Ausgrabungen wie in Jegenstorf 2024 für die Nachwelt gesichert.

Seltene Funde aus mittelalterlichen Dörfern im Museum

Im Grabungszelt im Bernischen Historischen Museum erwarten die Besucherinnen und Besucher repräsentative Funde der Grabungen in Jegenstorf von 2024 sowie von 2006 bis 2008, die vom Kochen, Reisen, Handwerk, Bauen und Geld im Mittelalter erzählen – so beispielsweise ein eindrücklicher Reitersporen, der auf die Nutzung von Pferden und auf Ritter verweist. Die Schau wartet mit weiteren faszinierenden Gegenständen aus anderen mittelalterlichen Siedlungen im Kanton Bern auf, unter anderem kunstvoll geschnitzte Knochenartefakte und sensationell gut erhaltene Holzobjekte. «Diese Funde zeichnen ein ganz anderes Bild dieser Zeit, die oftmals als düstere Epoche der Geschichte wahrgenommen wird», freut sich Vanessa Haussener, Kuratorin Archäologie und Projektleiterin im Bernischen Historischen Museum. Ein grosses Lebensbild des Künstlers Joe Rohrer zeigt zudem eine zeitähnliche Siedlung in der heutigen Schweiz und lässt Besuchende in die Lebenswelt der damaligen Dorfbewohnerinnen und Dorfbewohner Jegenstorfs eintauchen. 

Meldung Amt für Kultur Kanton Bern

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