Besonders die als Fürstengräber bekannten Grabhügel von Eberdingen-Hochdorf und Asperg-Grafenbühl gehören mit ihren Goldfunden und kostbaren Bronzegefäßen zu den reichsten prähistorischen Bestattungen Deutschlands. Nun hat die neue genetische Analyse ergeben: Die beiden Fürsten, immerhin rund 10 Kilometer entfernt voneinander begraben, waren biologisch eng miteinander verwandt. „Schon länger gab es die Vermutung, dass zwischen den beiden Fürsten aus den Grabhügeln in Eberdingen-Hochdorf und Asperg „Grafenbühl“ eine Verwandtschaft bestehen könnte“, so Dirk Krausse vom Landesamt für Denkmalpflege, „aber erst jetzt ist diese Vermutung durch die neuen Analysen Gewissheit geworden“.
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Die Bestattung des Keltenfürsten von Hochdorf
40 Jahre nach der sensationellen Entdeckung des frühkeltischen »Fürsten« von Hochdorf wurde die Architektur des monumentalen Großgrabhügels wissenschaftlich aufgearbeitet. Die Analyse der Ausgrabungsbefunde enthüllt minutiös zahlreiche Facetten des Bestattungsrituals.
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Für die jetzigen Analysen wurden am MPI-EVA Zähne und Schädelknochen des Innenohrs mit neuesten Methoden beprobt, die Reste vorhandener DNA sequenziert und so das Erbgut von insgesamt 31 Individuen rekonstruiert. Die beiden Zentralbestattungen heben sich aus der Gruppe durch ihre enge Verwandtschaft klar hervor.
Keltenfürsten waren Onkel und Neffe
Nach Feststellen einer genetischen Verwandtschaft, hat das Team alle möglichen Verbindungen untersucht, etwa als Brüder, Halbgeschwister, Großvater und Enkel sowie Onkel und Neffe. „Durch die recht genauen Sterbedaten, Schätzungen des Sterbealters, sowie der genetischen Übereinstimmung zwischen beiden Fürsten, kommt nur ein Szenario als Onkel und Neffe in Frage, genauer: die Schwester des Hochdorfer Fürsten war die Mutter des Asperger Fürsten“, wie Stephan Schiffels vom MPI-EVA erklärt.
„Dieses Ergebnis zeigt, dass politische Macht in dieser Gesellschaft höchstwahrscheinlich durch biologische Nachfolge vererbt wurde, wie in einer Dynastie.“, so Joscha Gretzinger vom MPI-EVA. Dazu passen auch Belege zu Verwandtschaften zwischen weiteren Individuen aus den beiden Grabhügeln, sowie dem deutlich weiter entfernten und etwa 100 Jahre früher angelegten Grabhügel des Magdalenenbergs. „Insgesamt scheinen wir es bei den Kelten in Baden-Württemberg also mit einem breiten Netzwerk zu tun zu haben, in welchem politische Macht durch biologische Verwandtschaft untermauert wurde.“
Wie waren die Kelten über Baden-Württemberg hinaus verwandt?
Aber wie waren die Kelten über Baden-Württemberg hinaus mit Bewohnern des damaligen Europas der Eisenzeit verwandt? Eine genaue Analyse dieser Gruppe zeigt vor allem eine genetische Herkunft, die am ehesten im heutigen Frankreich zu finden ist, damals aber in ganz Süddeutschland verbreitet war. Darüber hinaus zeigen mehrere Individuen eine genetische Herkunft aus Italien, was auch gut zu den in den Gräbern gefundenen Objekten passt, von denen viele mediterrane Macharten aufweisen.
Die Studie ist damit ein wichtiges Puzzleteil in unserem Verständnis der europäischen Geschichte in der mittleren und späten Eisenzeit, die ja – anders als die römische und andere frühmittelalterliche Perioden – kaum durch Schriftquellen erforschbar ist.
Meldung der MPG
Originalpublikation:
Joscha Gretzinger, Felicitas Schmitt, Angela Mötsch, Selina Carlhoff, Thiseas Christos Lamnidis, Yilei Huang, Harald Ringbauer, Corina Knipper, Michael Francken, Franziska Mandt, Leif Hansen, Cäcilia Freund, Cosimo Posth, Hannes Rathmann, Katerina Harvati, Günther Wieland, Lena Granehäll, Frank Maixner, Albert Zink, Wolfram Schier, Dirk Krausse , Johannes Krause & Stephan Schiffels. Evidence for dynastic succession among early Celtic elites in Central Europe; Nature Human Behaviour, 03 June 2024, DOI: 10.1038/s41562-024-01888-7