Im Frühjahr tauchten Meeresarchäologen der Universität Stockholm und der Universität Södertörn bei Stora Ekön in den Schären von Blekinge nach dem Flaggschiff des dänisch-norwegischen Königs Johann I. Das Flaggschiff Gribshunden sank zusammen mit etwa hundert deutschen Söldnern nach einem Brand an Bord während einer Reise nach Kalmar im Jahr 1495. Obwohl das Wrack teilweise zerfallen ist, sind die Balken auf dem Meeresgrund sehr gut erhalten. Es gibt auch Hölzer, von denen man annimmt, dass sie zum Aufbau des Schiffes gehörten, darunter Teile der vorderen und hinteren Schiffsburg, die auf dem Schiff als erhöhte Kampfplattform dienten.
Eine aktuelle Untersuchung hat neue Daten für die laufenden Arbeiten zur Rekonstruktion und Analyse der Aufbauten des Schiffes geliefert. Die Ergebnisse ergänzen somit die derzeitigen Kenntnisse über die Schiffskonstruktion des Wracks und die allgemeinen Bestrebungen, das Schiff zu rekonstruieren. Darüber hinaus geben die Ergebnisse einen detaillierteren Einblick in die Bewaffnung der Soldaten und ihre Anwesenheit an Bord. Es wurden auch neue Erkenntnisse darüber gewonnen, wie das Wrack im Laufe der Jahre beeinflusst und verändert wurde.
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Enigma – Geheimnisvolle Funde aus der Ostsee
Zur Zeit des Zweiten Weltkriegs galt die Chiffriermaschine Enigma als nicht zu entschlüsseln und landete, um sie vor Zugriffen der Alliierten zu schützen, im Ernstfall auf dem Meeresboden. Von dort bargen Forschungs- und Berufstaucher aus Norddeutschland Ende 2020/Anfang 2021 vollkommen unerwartet mindestens sieben dieser sagenumwobenen Maschinen. Ein Glücksfall für die Forschung.
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Nach der Kartierung des Holzes an der Wrackstelle können die Forscher feststellen, dass ein großer Teil der Aufbauten erhalten geblieben ist, auch wenn die verschiedenen Hölzer zerlegt und auf dem Meeresgrund verstreut sind. Diese Hölzer stammen von den vorderen und hinteren Burgen des Schiffes – den erhöhten Kampfplattformen des Schiffes. Die Hölzer können den Forschern wichtige Erkenntnisse über das Aussehen der Aufbauten und damit über die militärische Leistungsfähigkeit des Kriegsschiffs liefern.
Einzigartige Munitions-Werkzeugkiste
Die Forscher haben auch zwei Kanonenwagen und eine einzigartige Waffenkiste identifiziert und dokumentiert.
„Der Inhalt der Waffentruhe ist zweifelsohne einer der wichtigsten Funde. Die Truhe ist bereits seit den Feldarbeiten 2019 bekannt, aber jetzt haben wir den Inhalt sorgfältig mit 3D dokumentiert. Sie enthält unter anderem mehrere verschiedene Gussformen und Bleiplatten zur Herstellung von Bleigeschossen für frühe Handfeuerwaffen. Es handelt sich um eine Munitions-Werkzeugkiste – wahrscheinlich von den deutschen Söldnern, die zum Zeitpunkt des Untergangs an Bord waren“, sagt Rolf Warming.
Bei früheren Untersuchungen wurden an der Wrackstelle Fragmente von Kettenhemden gefunden. Diese Fragmente stammen wahrscheinlich von einem oder mehreren Kettenhemden. Die Analyse, die in Zusammenarbeit mit Professor Kerstin Lidén vom Archäologischen Forschungslabor (Universität Stockholm) durchgeführt wurde, zeigt, dass das Kettenhemd mehrere verschiedene Drähte enthielt und mit unterschiedlichen Techniken zusammengeflochten wurde. Dies deutet darauf hin, dass sie mehrfach repariert wurde. Ausgehend von den Abmessungen der erhaltenen Ringe könnten solche Kettenhemden (so genannte Hauberks) bis zu 150 000 Ringe enthalten haben.
Rekonstruktion der Aufbauten der Gribshunden
Die Arbeiten zur Rekonstruktion der Gribshunden sind seit 2013 im Gange. Zurzeit konzentrieren sich die Bemühungen auf den Aufbau. Rolf Warming arbeitet in seiner Dissertation auch daran, die militärischen Fähigkeiten des Schiffes und die Rolle der Soldaten an Bord zu klären.
„Das Schiff ist ein wichtiges Puzzlestück in der ‚militärischen Revolution zur See‘ in der Frühen Neuzeit, in der sich die primäre Taktik vom Nahkampf zum schweren Schiffsartilleriefeuer verlagerte. Das Schiff wird daher auch mit anderen wichtigen und einzigartig erhaltenen Wracks – wie der Mars (1564) und der Vasa (1628) – verglichen, um diese Entwicklung zu verstehen“, so Rolf Warming.
Die Feldarbeit wurde von einem deutschen Filmteam begleitet, das das Wrack in die Terra X-Dokumentation „Schätze unter Wasser“ aufnahm, die von dem Meeresarchäologen Dr. Florian Huber unter der Regie von Nanje Teuscher präsentiert wurde. Die Dokumentation ist hier verfügbar.
Meldung der Universität Stockholm
Originalartikel:
Warming, R., & Rönnby, J. (2024). Gripen/Griphund (1495) : Marinarkeologisk dokumentation av ett senmedeltida kravellskepp (1st ed.). Retrieved from Södertörns högskola website: https://urn.kb.se/resolve?urn=urn:nbn:se:sh:diva-53812