Deutliche Rotfärbungen und Rußspuren an den Steinen deuten darauf hin, dass die Fassadenteile von einem durch Brand zerstörten Haus stammen. Die Lage der Funde aus einer jüngeren Schuttschicht und einer nach 1945 errichteten Mauer spricht dafür, dass die Hausfassade in der Bäckerstraße 36 Opfer der Bombardierungen im Herbst 1944 oder Frühjahr 1945 wurde.
LWL-Archäologe Dr. Sven Spiong geht davon aus, dass alle neun Ornamentsteine von derselben Fassade stammen: "Die charakteristischen Verzierungen - wie Beschlagwerk, kannelierte Säulen, Blattornamentik und die beiden Königsportraits jeweils in einer bekränzten Kartusche - passen stilistisch gut zusammen und datieren einheitlich ins späte 16. Jahrhundert."
Der gelblichgraue Sandstein ist von bester Qualität. Es stammt von den etwa 20 Kilometer östlich liegenden Bückebergen und war als Obernkirchener Sandstein seit dem Mittelalter ein begehrter Exportschlager der Mindener Region. Insbesondere in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts florierte der Handel entlang der Weser. Die waldreichen Gebiete beiderseits der Oberweser lieferten das dringend benötigte Holz für den Schiffsbau, das über Bremen an die aufstrebenden Seemächte gelangte. Auch die Glasindustrie im Solling und im östlichen Westfalen lieferte wichtige Waren.
Durch diesen Handel erlebte die Region einen enormen Aufschwung. Damals entwickelte sich die sogenannte Weserrenaissance mit ihrer eigenen Ausprägung, insbesondere in der Architektur. Bei den Bürgerhäusern hatten die reich ornamentierten Fassaden auch die Funktion ähnlich einer Visitenkarte. Die erfolgreichen Händler zeigten damit stolz ihren Wohlstand und prägten mit ihren prunkvollen Häusern zugleich das damalige Stadtbild, so auch in Minden.
Die neu entdeckten Fassadenbruchstücke sind nun Zeugnisse eines im Zweiten Weltkrieg teilweise verlorenen Stadtbildes. Um den Mindener Bürgern einen Teil dieses Verlustes zurückzugeben, werden die Bruchstücke demnächst am Fundort in der Bäckerstraße 36 ausgestellt.
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