Paranthropus robustus war eine prähistorische Menschenart, die vor etwa zwei Millionen Jahren zusammen mit dem frühen Homo, einem direkten Vorfahren des modernen Menschen, in Südafrika lebte. Fossilien von Paranthropus robustus wurden in großer Zahl in der Swartkrans-Höhle gefunden, die etwa auf halbem Weg zwischen Johannesburg und Pretoria liegt. Die Untersuchung zahlreicher Schädel und hunderter Zähne, die seit Beginn der archäologischen Ausgrabungen 1948 in Swartkrans entdeckt wurden, lieferte viele Hinweise über die Ernährung und soziale Organisation dieser ausgestorbenen Spezies.
So lassen die extrem schweren Kiefer und die stark mit Zahnschmelz überzogenen Zähne von Paranthropus robustus darauf schließen, dass er sich in Zeiten des Mangels auch von minderwertiger, schwer zu kauender Nahrung ernähren konnte. Außerdem sind einige Schädel und Zähne von Paranthropus robustus außergewöhnlich groß, während andere zwar robust, aber kleiner sind. Dies deutet darauf hin, dass Paranthropus robustus durch größere männliche und kleinere weibliche Individuen charakterisiert war, was auf ein als Polygynie bezeichnetes Paarungssystem schließen lässt. Dabei paarte sich ein einzelnes dominantes Männchen mit mehreren Weibchen.
Paranthropus robustus ging aufrecht
Leider wurden in Swartkrans im Laufe der Jahre nur sehr wenige Knochen des übrigen Skeletts von Paranthropus robustus gefunden, sodass unser Wissen über seine Statur, Haltung und Fortbewegung bisher sehr eingeschränkt war. Ein wichtiger neuer Fund aus Swartkrans, bestehend aus dem ersten beweglichen Hüftknochen, Oberschenkelknochen und Schienbein von Paranthropus robustus (von den Wissenschaftlern als SWT1/HR-2 bezeichnet), ändert dies nun.
Ein internationales Forschungsteam, zu dem auch Marine Cazenave von der Abteilung für menschliche Ursprünge am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig gehört, hat nun gezeigt, dass diese Fossilien zu einem einzigen Individuum, einem jungen Erwachsenen der Art Paranthropus robustus, gehören. Wie Cazenave betont, „zeigen diese Fossilien nicht nur, dass diese Art, vergleichbar mit dem modernen Menschen, aufrecht ging, sondern sie bestätigen auch, dass sie von extrem kleiner Körpergröße war“. Travis Pickering, Professor an der University of Wisconsin-Madison, USA, fügt hinzu: „Wir schätzen, dass dieses Individuum, wahrscheinlich ein Weibchen, bei seinem Tod nur etwa einen Meter groß war und 27 Kilogramm wog. Damit war es sogar noch kleiner als die erwachsenen Vertreter anderer kleiner Frühmenschenarten, darunter die berühmten Skelette von ‘Lucy’ (Australopithecus afarensis, etwa 3,2 Millionen Jahre alt) und dem ‘Hobbit’, (Homo floresiensis, etwa 90.000 Jahre alt) aus Äthiopien bzw. Indonesien.”
Zahnspuren und Fraßschäden am Knochen
Die geringe Größe von SWT1/HR-2 hätte es zu einer leichten Beute für Raubtiere wie Säbelzahnkatzen und Riesenhyänen gemacht, die damals bekanntermaßen in der Umgebung der Swartkrans-Höhle lebten. „Die Untersuchung der Oberflächenschäden an den SWT1/HR-2-Fossilien − Zahnabdrücke und andere Bissspuren −, die identisch mit denen sind, die Leoparden an den Knochen ihrer Beutetiere hinterlassen, bestätigt diese Annahme“, erklärt Jason Heaton von der University of Alabama in Birmingham.
Das Team setzt seine Untersuchungen der SWT1/HR-2-Fossilien fort und analysiert die inneren Knochenstrukturen mittels Computertomographie. Dies wird weitere Informationen über die Wachstums- und Entwicklungsmuster von Paranthropus robustus liefern und unser Wissen über sein Fortbewegungsverhalten erweitern.
Meldung Max-Planck-Gesellschaft
Originalpublikation:
- Travis Rayne Pickering, Marine Cazenave, R.J. Clarke, A.J. Heile, Matthew V. Caruana, Kathleen Kuman, Dominic Stratford, C.K. Brain, Jason L. Heaton
- First articulating os coxae, femur, and tibia of a small adult Paranthropus robustus from Member 1 (Hanging Remnant) of the Swartkrans Formation, South Africa
- Journal of Human Evolution, 04 March 2025 https://doi.org/10.1016/j.jhevol.2024.103647