Grabmal Ottos des Großen im Magdeburger Dom für Untersuchung geöffnet

Seit Januar ist das Grabmal Ottos des Großen im Magdeburger Dom Gegenstand von umfangreichen Untersuchungen. Anfang März wurde unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen die Deckplatte des Kalksteinsarkophags erfolgreich abgenommen. Darunter ist nun wie erwartet ein schlichter Holzsarg zu sehen.

Abnahme der marmornen Deckplatte vom Grabmal Otto des Großen Anfang März
Abnahme der marmornen Deckplatte vom Grabmal Otto des Großen Anfang März© Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Andrea Hörentrup

Die bisherigen Maßnahmen zur umfassenden Schadensdokumentation der Grablege und das weitere Vorgehen zur Konservierung des Grabmals wurden heute bei einem gemeinsamen Pressetermin der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt und des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt vorgestellt.

Otto I. ist als erster Kaiser des Heiligen Römischen Reiches eine zentrale Figur der europäischen Geschichte. Sein Grabmal im Magdeburger Dom ist daher auch über die Landesgrenzen Sachsen-Anhalts hinaus ein Denkmal von erheblichem kulturhistorischen Wert. Seiner Pflege und Erhaltung kommt aus Sicht der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt als Eigentümerin des Magdeburger Domes, der Evangelischen Domgemeinde als Nutzerin des Gotteshauses sowie des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt als zuständiger Denkmalfachbehörde oberste Priorität zu. 

Hilfe für ein gefährdetes Denkmal

Im Rahmen des turnusmäßigen gemeinsamen Monitorings der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt und des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt wurden im letzten Jahr am Grabmal Ottos des Großen besorgniserregende Schäden beobachtet. Beide Institutionen sahen sich daher gezwungen, Maßnahmen zur Konservierung des nicht nur landeshistorisch, sondern auch national höchst bedeutenden Denkmals in die Wege zu leiten. Seit Januar 2025 ist das Grab von einer geschlossenen Einhausung aus Holzwerkstoffplatten umgeben, innerhalb derer die diffizilen Arbeiten am Sarkophag optimal durchgeführt werden können. Sämtliche Arbeiten werden vor Ort in Magdeburg vorgenommen, insbesondere verbleiben die Gebeine des Kaisers in der Elbestadt.

In einem ersten Schritt erfolgte die detaillierte zeichnerische und fotografische Dokumentation des Grabmals und der äußerlich sichtbaren Schäden. Hochauflösende 3D-Modelle, die mit Hilfe eines Laserscanners erstellt wurden, dienen darüber hinaus als Grundlage für die nachfolgenden Maßnahmen. Neben der Schadenskartierung standen die Standsicherheit und Stabilität sowohl des Sarkophags als auch seines unmittelbaren Umfeldes zunächst im Mittelpunkt der Untersuchungen. Dabei kamen verschiedene nichtinvasive, zerstörungsfreie Messmethoden zur Anwendung. 

Ergebnisse der nichtinvasiven Voruntersuchungen

Bereits bekannt war, dass der Sarkophag Öffnungen aufweist, durch die Sauerstoff in das Innere dringt. Ein Luftaustausch zwischen ›Außen‹ und ›Innen‹ ist gegeben. Dies kann eine erhebliche Gefährdung für den Inhalt des Steinsarges darstellen. Eine umfassende Untersuchung des steinernen Sarkophags durch das Institut für Diagnostik und Konservierung an Denkmalen in Sachsen und Sachsen-Anhalt e. V. bestätigte ferner, dass aufsteigende Feuchtigkeit in den Sarg eindringt. Damit in Zusammenhang stehend konnte die Bildung von Salzkristallen festgestellt werden, die die strukturelle Integrität des Sarkophags bedrohen. Zumindest im Bereich der Kassetten ist der Steinkasten aus dem 10. Jahrhundert lediglich etwa 1 Zentimeter stark, wie Untersuchungen an einem der Löcher ergaben.

Die am Sarkophag verbauten Eisenteile wurden in Zusammenarbeit mit der Delta Sigma Analytics GmbH (Magdeburg) untersucht. Es stellte sich heraus, dass unter dem Sarkophag befindliche Eisenkeile stark korrodiert sind. Sie dienten einst der Stabilisierung, ergeben aber jetzt nur noch eine unregelmäßige Auflage und führen zu Spannungen am Kasten. Die im Sarkophag verwendeten Eisenklammern korrodieren ebenfalls und führen zu Rissbildungen im Stein.

Das Schadensbild machte eine Abnahme der etwa 300 Kilogramm schweren marmornen Deckplatte unbedingt nötig. Nur so können Schadensursachen behoben, der Zustand des Holzsargs im Inneren des Steinkastens überprüft sowie darauf angepasste Stabilisierungs- und Sicherungsmaßnahmen für die Grablege konzipiert und durchgeführt werden. Im Vorfeld bestätigten Ultraschallmessungen, die durch das Institut für Diagnostik und Konservierung an Denkmalen in Sachsen und Sachsen-Anhalt e. V. durchgeführt wurden, dass die Marmorplatte im Wesentlichen stabil ist und einer Abnahme nichts im Wege stand.

Der Zustand nach der Öffnung des Sarkophagdeckels

Anfang März 2025 wurde der Sarkophagdeckel, eine wiederverwendete antike Marmorplatte, unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen erfolgreich abgenommen. Um Kontaminationen am Grabmal zu vermeiden, ist seit diesem Zeitpunkt ein Betreten des Einbaus nur noch für einen kleinen Personenkreis und in Vollschutz möglich. Zur Hebung der Deckplatte kam eine Kombination aus hydraulischen Stempeln und einer angepassten Flaschenzugtechnik zum Einsatz. Darunter bietet sich das erwartete, bei der letzten Öffnung im Jahr 1844 hergestellte und dokumentierte Bild. Zu sehen ist ein schlichter Holzsarg. Zwischen diesem und dem Steinsarkophag sind am Kopfende eine Steinplatte und an der nördlichen Seite ein Holzbrett eingebracht.

Im freien Bereich zwischen Holzkiste (links) und Sarkophagtrog (rechts) sind erste Funde -  vor allem Textilfragmente - zu erkennen.
Im freien Bereich zwischen Holzkiste (links) und Sarkophagtrog (rechts) sind erste Funde - vor allem Textilfragmente - zu erkennen. Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Andrea Hörentrup
Die einzelnen Bestandteile des Holzsarges werden aktuell mit der Radiokarbonmethode datiert, um Gewissheit über das ungefähre Alter der einzelnen Bestandteile zu erlangen. Bereits zum jetzigen Zeitpunkt ist klar, dass die Holzkiste an verschiedenen Stellen massive Schädigungen aufweist. Im freien Bereich zwischen Holzkiste und Sarkophagtrog sind im Fußbereich erste Funde – vor allem Textilfragmente – zu erkennen. Dies verdeutlicht, dass die unteren Teile des Holzsargs stark geschädigt sind. Da die Textilfragmente möglicherweise empfindlich auf starke Lichteinstrahlung reagieren könnten, erfolgt eine Beleuchtung nur im notwendigen Rahmen.

Auch der Zustand des Steinsarkophags lässt sich nun besser erfassen. An der Innenwandung sind weitere Riss- und Druckspuren zu erkennen. Nicht nur im Bereich der Kassetten ist der Stein ausgesprochen dünn, auch sonst beträgt die Wandstärke des Sarkophags nur etwa vier Zentimeter. Am Rand des Sarkophags befindet sich eine graue kittartige Masse, die als Fugenverschluss zwischen Sarkophag und Marmorplatte genutzt wurde. Die Verfugungen werden momentan durch das Institut für Diagnostik und Konservierung an Denkmalen in Sachsen und Sachsen-Anhalt e. V. materialanalytisch untersucht. Bei den ersten Messreihen (vom Versatzmaterial der Eisenklammern) wurden schädliche Chloride festgestellt.

Vordringlich ist nun insbesondere die Sicherung des Holzsarges. Die hölzerne Deckplatte muss entfernt werden, um diese und die Seitenteile zu sichern und auch den Zustand des Bodens bewerten zu können. Im Zuge der Sicherung des Holzsarges könnten auch am Sarginhalt umfangreiche Konservierungsmaßnahmen nötig werden. Um den Eintrag von Mikroorganismen zu vermeiden und damit einer möglichen Schimmelbildung vorzubeugen, müssen bei allen Arbeiten und beim Betreten der Einhausung Schutzanzüge und Masken getragen werden. Längere Aufenthalte von mehreren Personen in der Einhausung führen zu erhöhten, auf Dauer schädlichen Feuchtigkeitswerten und müssen daher beim aktuellen Zustand vermieden werden.

Meldung Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt

Das Jahresabonnement der ANTIKEN WELT

Nutzen Sie den Preisvorteil!

  • Abopreisvorteil (D):
    99,- € zzgl. 6,30 € Versand (D) statt 131,55 € im Einzelkauf
  • inkl. Digitalzugang
  • 11.- € pro Ausgabe im Abo
  • insgesamt 9 Ausgaben im Jahr: 6 reguläre Hefte und 3 Sonderhefte
  • ohne Risiko, jederzeit kündbar 
Jetzt gratis testen

Das Jahresabonnement der Archäologie in Deutschland

Nutzen Sie den Preisvorteil!

  • Abopreisvorteil (D):
    99.- € zzgl. 6,30 € Versand (D) statt 131,55 € im Einzelkauf
  • inkl. Digitalzugang
  • 11,- € pro Ausgabe im Abo
  • insgesamt 9 Ausgaben im Jahr: 6 reguläre Hefte und 3 Sonderhefte
  • ohne Risiko, jederzeit kündbar 
Jetzt gratis testen