Dies liegt zum einen daran, dass die DNA-Erhaltung in den warmen Klimazonen des Fruchtbaren Halbmondes sehr schlecht ist, zum anderen daran, dass die frühe Domestikation der vier Haustiere offenbar nicht so einheitlich verlief, wie ursprünglich angenommen. Derzeit gibt es immer mehr palaeogenetische Hinweise darauf, dass die frühen Stufen der Domestikation aus züchterischer Sicht nicht besonders erfolgreich waren. Verständlicherweise kannten die frühen Bauern die grundlegenden Prinzipien der Tierzucht noch nicht. Wahrscheinlich wurden frühe Erfolge bei der Domestikation durch mangelnde Isolation von der Wildpopulation immer wieder zunichte gemacht. Es ist bemerkenswert, dass die Neolithiker trotz des anfänglich geringen Zuchtfortschritts weiterhin daran festhielten. Erst nach mehreren Tausend Jahren gab es in Westanatolien Tiere auf den Weiden, die in ihrem Verhalten unseren heutigen Haustieren ähnelten. Diese Tiere gelangten dann zusammen mit den ersten europäischen Ackerbauern nach und nach in den Bereich der Bandkeramik.
Im Gegensatz zu Schaf und Ziege trafen Rind und Schwein in Europa auf ihre wilden Artgenossen. Während die Bauern das Hausrind mit wenigen Ausnahmen isoliert vom europäischen Auerochsen halten konnten, kam es beim mitgebrachten Hausschwein aus Anatolien immer wieder zur Kreuzung mit dem europäischen Wildschwein. Die ursprüngliche Heimat aller vier neolithischen Haustiere bleibt jedoch Südwestasien.
Von Joachim Burger und Maxime Brami, Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Institut für Organismische and Molekulare Evolutionsbiologie (iomE)
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