Moderne Gladiatoren

Die Gladiatoren des alten Roms sind auch in der Moderne berühmt und faszinieren uns noch heute. Sie gehören jedoch nicht gänzlich der Vergangenheit an; Sportmannschaften tragen ihren Namen und auch erfolgreiche Hollywoodstreifen wie Spartacus (1960) mit Kirk Douglas oder Gladiator (2000) mit Russell Crowe tragen zu ihrer Bekanntheit bei. Aber auch Gladiatorentruppen gibt es heute noch. Eine dieser Truppen ist der Ludus Chimairae. Die Mitglieder stellen ihre authentische Ausrüstung größtenteils selbst her und erarbeiten sich Choreographien, um als Gladiatoren aufzutreten.

Kampf zwischen Retiara (links) und Secutor (rechts) auf der Saalburg 2017. Die Gattung des Retiarus erfreute sich in der Kaiserzeit großer Beliebtheit. Die zwei kleinen Gucklöcher im Helm des Secutor schränken seine Sicht zwar stark ein, schützen jedoch sein Gesicht vor dem Dreizack des Retiarus.
Kampf zwischen Retiara (links) und Secutor (rechts) auf der Saalburg 2017. Die Gattung des Retiarus erfreute sich in der Kaiserzeit großer Beliebtheit. Die zwei kleinen Gucklöcher im Helm des Secutor schränken seine Sicht zwar stark ein, schützen jedoch sein Gesicht vor dem Dreizack des Retiarus.© Jonathan Lautenschläger

Der Ludus Chimairae

Im September 2019 hat sich die Truppe in Münster bei Dieburg niedergelassen. Die Gründungsmitglieder sind Studierende und ehemalige Studierende der Archäologie der Goethe-Universität Frankfurt. Zum Gladiatoren-Bühnenkampf kamen sie über einen Workshop der Uni im Jahr 2017, geleitet vom Archäologen, Kunsthistoriker und ausgebildetem Bühnenkampfmeister Mathias Kunzler, der in einem Auftritt auf der Saalburg im Sommer 2017 gipfelte.
Bewaffnet mit Schwert, Schild, Speer, Dreizack und Netz versuchen sie möglichst detailgetreu Ausrüstung und Kampfstil der Gladiatoren wiederzugeben. Leider gibt es dazu relativ wenige antike Schriftquellen, jedoch kann man sich an Darstellungen zum Beispiel auf Mosaiken orientieren.

In ihrem Training wollen sie jedoch nicht nur Kämpfe einstudieren und üben, sondern sich auch mit der Geschichte und der Herkunft der Gladiatur beschäftigen. Einmal im Monat halten sie dazu eine Theorieeinheit.
In dem praktischen Teil des Trainings üben und erarbeiten sie neue Choreographien ihrer Kämpfe. Aber auch Freikampf gehört dazu, wobei dabei gewisse Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden müssen, um das Verletzungsrisiko zu minimieren.
Der dritte Teil des Trainings beinhaltet die Herstellung der Ausrüstung.

Die Ausrüstung

Jede der Gladiatorengattungen hat ihre eigene Ausrüstung. Die meisten tragen Schilde, die es in diversen Größen und Formen gibt sowie gesteppte Polsterungen.
Im Gegensatz zur Antike kämpfen die Gladiatoren des Ludus Chimairae teils in mehreren Gattungen. Dies führt auch zu einem Bedarf an verschiedener Ausrüstung.

Isabelle Gräfen als Retiaria, eine der wenigen Gattungen ohne Schild. In der Antike waren die Netze meist mit Metallstücken beschwert, um ihren Schaden zu erhöhen und das Befreien von ihnen zu erschweren.
Isabelle Gräfen als Retiaria, eine der wenigen Gattungen ohne Schild. In der Antike waren die Netze meist mit Metallstücken beschwert, um ihren Schaden zu erhöhen und das Befreien von ihnen zu erschweren. Jonathan Lautenschläger
Lennart Strommer als eine Sonderform des Hoplomachus. Er ist ähnlich wie der schwerbewaffnete Murmillo bewaffnet, trägt jedoch einen anderen Helm und sein Schild ist unten angeschrägt.
Lennart Strommer als eine Sonderform des Hoplomachus. Er ist ähnlich wie der schwerbewaffnete Murmillo bewaffnet, trägt jedoch einen anderen Helm und sein Schild ist unten angeschrägt. Jonathan Lautenschläger

Fast alles, was nicht geschmiedet werden muss, stellen die Gladiatoren selbst her. Doch nicht nur um Kosten zu sparen, sondern auch um der Ausrüstung Individualität zu verleihen und sie an die eigenen Bedürfnisse anzupassen. Vor allem die großen Schilde (scuta) sind dabei sehr prominent.

Die antiken Schilde wurden aus mehreren Lagen von Holzlatten verleimt und dann in Form gebogen. Um diesen enormen Arbeitsaufwand ein wenig zu minimieren, benutzen sie heute Kiefersperrholzplatten. Diese werden in mehreren Lagen verleimt und mit Leinen- oder Baumwolltuch umwickelt.
Um die Schilde in ihre charakteristische Form zu biegen, werden sie danach in eine eigens angefertigte Schildpresse gespannt. Davor muss jedoch noch der Schildbuckel befestigt werden, hinter dem sich auf der Innenseite meist der Griff versteckt.

Ein scutum, bevor es in Stoff eingewickelt wurde. Über den Griff kommt später der Schildbuckel.
Ein scutum, bevor es in Stoff eingewickelt wurde. Über den Griff kommt später der Schildbuckel. Jonathan Lautenschläger
Mit Gurten können die Schilde auch gebogen werden, jedoch ist es deutlich schwerer so eine gleichmäßige Form zu erzielen.
Mit Gurten können die Schilde auch gebogen werden, jedoch ist es deutlich schwerer so eine gleichmäßige Form zu erzielen. Jonathan Lautenschläger

Die gebogene Form dient zum Ableiten von Angriffen, um zu vermeiden, dass Waffen im Schild stecken bleiben. Der Schildbuckel schützt die Hand des Trägers. Sowohl das wuchtige scutum, als auch die beiden kleineren Schilde parmula und hoplon sind nicht nur reine Schutzwaffen, sondern werden auch durchaus offensiv eingesetzt.
Bemalt werden die Schilde nach eigenen Vorlieben, die meisten der Mitglieder entscheiden sich jedoch für antike Vorbilder.

Die Schildpresse in leerem Zustand.
Die Schildpresse in leerem Zustand. Jonathan Lautenschläger
Lennart Strommer beim einspannen einer parmula in die Presse.
Lennart Strommer beim einspannen einer parmula in die Presse. Jonathan Lautenschläger
Links und rechts jeweils eine parmula, zentral das angeschrägte scutum. Die kleineren parmulae wurde vom Thraex („Thraker“) genutzt. Das scutum ist deutlich schwerer, bietet dafür jedoch erhöhten Schutz.
Links und rechts jeweils eine parmula, zentral das angeschrägte scutum. Die kleineren parmulae wurde vom Thraex („Thraker“) genutzt. Das scutum ist deutlich schwerer, bietet dafür jedoch erhöhten Schutz. Jonathan Lautenschläger

| Autor: Jonathan Lautenschläger

Weitere Informationen zum Ludus Chimairae finden Sie hier.

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Antike Welt. Zeitschrift für Archäologie und Kulturgeschichte 5/2019

Die ANTIKE WELT widmet sich einem der populärsten Themen der Antike: den Gladiatoren. Neufunde der letzten Jahre, naturwissenschaftliche Methoden und veränderte Fragestellungen haben auch das Interesse der Wissenschaft wieder vermehrt auf das Phänomen der Spiele in den römischen Amphitheatern gelenkt. Daher kann die Redaktion Ihnen in Zusammenarbeit mit der großen Sonderausstellung «Gladiator – Die wahre Geschichte» im Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig neueste Forschungsergebnisse und spannende Befunde präsentieren.

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