Caliguals «ungeheuerliche» VerwandlungWie ein junger Kaiser den Charakter des römischen Kaisertums ändern wollte

Zusammen mit Nero gilt Caligula als Inbegriff des von Wahnsinn befallenen Kaisers, der sich in Bluträusche, Grausamkeiten, sexuelle Abnormalitäten und Tyrannei erging und in dessen Umfeld kein Familienangehöriger, Senator oder Militär sicher war. Der Versuch, Caligula Wahnsinn zu unterstellen, ist keine rein moderne Erfindung: Schon antike Quellenautoren wussten sich nicht anders zu helfen, als Caligula «Irrsinn» oder einen «verwirrten Geist» anzudichten.

Der junge Caligula in Farbe: moderne Rekonstruktion anhand antiker Vorlage.
Abb. 6 Der junge Caligula in Farbe: moderne Rekonstruktion anhand antiker Vorlage.© akg-images / Prisma

Seitdem Ludwig Quidde seine Vorstellung vom «Casearenwahnsinn» anhand Caligula entwickelt hat – und nicht wenige Anregungen dazu von seinem Zeitgenossen Wilhelm II. empfing – begleitet Caligulas Regierungszeit der Versuch, seinen ins Extrem verkehrten Regierungsstil als Folge einer konkreten Erkrankung zu erklären. Die leuchtturmartige Ausnahme bildet das Buch von Aloys Winterling aus dem Jahr 2003, welches Caligulas Wirken zu Recht jenseits dieser pathologischen Muster, die überdies aufgrund der Quellenlage nicht mehr zu erkunden sind, untersucht.

Kameo mit dem Profil der Agrippina Maior: Frau des Germanicus, Mutter Caligulas.
Abb. 1 Kameo mit dem Profil der Agrippina Maior: Frau des Germanicus, Mutter Caligulas. akg-images / Erich Lessing

Und dennoch war der Versuch, Caligula Wahnsinn oder ähnliches zu unterstellen, keine rein moderne Erfindung, denn schon antike Autoren wie Seneca und Sueton, die jüdischen Gelehrten Philon sowie Flavius Josephus oder Cassius Dio wussten sich nicht anders zu helfen als Caligula «Irrsinn», einen «verwirrten Geist», «unsinniges Verhalten» oder auch «Wahn» anzudichten. Ein vielversprechenderer Ansatz, Caligulas Regierungszeit jenseits des Wahnsinnstopos zu erkunden, findet sich ebenfalls in unseren Quellen. Bei Sueton und Philon tritt eine Transformation Caligulas hervor, die für Nachforschende reizvoller erscheint. Der in Alexandria tätige Philon (1. Jh. n. Chr.; Gesandtschaft an Gaius Kapitel 22) spricht von einer charakterlichen Wandlung, die eigentlich keine war. Denn Caligula habe zuvor nur an sich gehalten, doch auf einmal die «Bestie» in sich hervorgeholt, indem er seine «Wildheit» offen gezeigt und den «Schleier der Verstellung» fallen gelassen habe. Bei Sueton (Caligula Kapitel 22,1), dem zu Beginn des 2. Jhs. n. Chr. wirkenden Kaiserbiografen, heißt es noch pointierter: Hactenus quasi de principe, reliqua ut de monstro narranda sunt («Bis hierhin haben wir quasi über den Princeps geredet, im übrigen folgenden Teil müssen wir über das Ungeheuer sprechen»). Sprechen wir also über eine seltsame Verwandlung.

Kaiser Tiberius im Profil: Kameo des Herophilos.
Abb. 2 Kaiser Tiberius im Profil: Kameo des Herophilos. akg-images / Erich Lessing

Eine Kindheit und Jugend voller Tragödien

Caligula war der Sohn des äußerst beliebten Germanicus, welcher für den Kaiser Tiberius in Germanien aktiv war und nach dem Desaster der Varusschlacht 9 n. Chr. erfolgreich Schadensbegrenzung betrieb. Dies war ein Grund, weshalb ihm die Sympathien der Soldateska und des Volkes zuflogen. Umso größer war die Trauer, als Germanicus, der zugleich des Tiberius Adoptivsohn und inzwischen vom Kaiser auf diplomatische Missionen in den Osten des Reiches versetzt war, unvorhergesehen 19 n. Chr. in Antiochia am Orontes (das heutige Antakya) verstarb. Sofort kochte die Gerüchteküche und es hieß, Tiberius, der den Germanicus seine Beliebtheit beim Volk und Militär neidete, habe ein Mordkomplott geschmiedet und seinen engen Vertrauten Gaius Calpurnius Piso mit der Tatausführung beauftragt.

Aus heutiger Sicht kann man sagen, dass Tiberius unschuldig war, aber der Vorwurf, seinen Adoptivsohn beseitigt zu haben, haftete an ihm. Vor allem Germanicus‘ Witwe Agrippina Maior (Abb. 1) traktierte Tiberius damit wiederholt – bis zur Eskalation. Die Witwe des Germanicus war für alle mit Tiberius Unzufriedenen eine potenzielle Anlaufstelle. So nimmt es nicht Wunder, dass sie, angeheizt noch durch den zwielichtigen Prätorianerpräfekten Sejan, vermutete, Tiberius wolle sie vergiften lassen und um ihr Leben fürchtete. Bizarrerweise tat dies auch Tiberius, der befürchtete, Agrippina wolle ihre Kinder zu Kaisern erheben. Zusätzlich versuchte Sejan, Caligulas ältere Brüder Nero und Drusus einerseits in ihrer Nachfolgeposition zu stützen und gleichzeitig gegeneinander auszuspielen. Dieses Stimmungsgemisch war hochbrisant und für alle existenzbedrohend.

Beisetzung von Bruder und Mutter durch Caligula: historisches Gemälde von Eustache Le Sueur (1616–1655).
Abb. 3 Beisetzung von Bruder und Mutter durch Caligula: historisches Gemälde von Eustache Le Sueur (1616–1655). akg-images / Erich Lessing

Tiberius tat dann das, was jeder römische Kaiser getan hätte, um sich aus dieser von Misstrauen gesättigten Gesamtsituation zu befreien (Abb. 2): 27 n. Chr. ließ der Kaiser Agrippina und ihre Söhne festsetzen und unter Bewachung stellen. Die Schwestern wurden der Aufsicht der Großmutter Livia überstellt oder neu verheiratet. Nach Livias Tod, die sich bisher schützend vor Germanicus‘ Nachkommen gestellt hatte, wechselten die Schwestern mit dem sechzehnjährigen Caligula in den Haushalt der anderen Großmutter Antonia Minor. Kurze Zeit darauf (30 n. Chr.) griff Tiberius radikal durch. Der älteste Bruder Nero und Agrippina Maior wurden wegen verschwörerischen Verhaltens verbannt; Nero zusätzlich zum Staatsfeind erklärt. Danach fand er aus ungeklärten Umständen den Tod. Noch im selben Jahr traf die strafende Hand des Tiberius auch den anderen Bruder Drusus (Abb. 3).

Der nächste auf der Abschussliste wäre Caligula selbst gewesen. Doch es kam anders. Der 17-jährige Caligula wurde von Tiberius zu sich nach Capri beordert, wo er in der Folge in der Villa Jovis in einer Art goldenem Käfig lebte (Abb. 4). Er nahm am Palastleben regen Anteil, erlebte das Ableben seiner Mutter 33 n. Chr. aus der Ferne mit und hielt sich intelligenterweise von jeder anti-tiberianischen Handlung und Bemerkung fern. Man kann sich nur schwer ausmalen, welche Spuren diese blutgetränkten und lebensbedrohlichen Jahre in dem heranwachsenden Caligula, der beinahe seine gesamte Familie verloren hatte bzw. von dem Rest getrennt leben musste, hinterlassen haben. Trotz aller Gefahren bot das Dasein auf Capri unter den kontrollierenden Augen des Tiberius auch einen Vorzug: einen neuen Freund.

Rekonstruktion der Villa Jovis auf Capri.
Abb. 4 Rekonstruktion der Villa Jovis auf Capri. akg-images / Balage Balogh / archaeologyillustrated.com

Der «neue Augustus»

Der erwähnte Prätorianerpräfekt Sejan wurde im Jahr 31 n. Chr. von Tiberius beseitigt. Sejan hatte als Kommunikationsscharnier zwischen dem Senat und dem auf Capri weilenden Kaiser eine außerordentliche Machtfülle akkumuliert und entgegen seines eigentlichen sozialen Status – er stammte aus dem Ritterstand – dermaßen an Einfluss gewonnen, dass man ihm gar Ambitionen auf den Kaiserthron nachsagte. Tiberius hatte die außergewöhnliche politische Sonderrolle Sejans letztlich selbst zu verantworten. Neben der Kontrolle des Militärs und der legislativen Macht (mittels der tribunicia potestas) basierte die Herrschaft eines Kaisers auf dem primus inter pares-Gedanken. Das hieß, dass die eigentliche Machtposition und -fülle des Kaisers im Umgang mit seinen senatorischen Standesgenossen in komplizierten und fordernden Kommunikationsritualen stetig überspielt werden musste. Jedem war die tatsächliche Machtlagerung klar, doch im täglichen sozialen Miteinander musste der Kaiser seine Macht kaschieren. Das war eine der Kernaufgaben des Kaisers, die von Augustus eingeführt wurde und jener seinen Nachfolgern mit auf den Weg gab.

Aureus des Caligula mit Bildumschrift der offiziellen Titulatur «(C)aius Caesar Aug(ustus) (G)ermanicus (Pon)tifex (M)aximus (Tr)ibunicia (Pot)estas».
Abb. 5 Aureus des Caligula mit Bildumschrift der offiziellen Titulatur «(C)aius Caesar Aug(ustus) (G)ermanicus (Pon)tifex (M)aximus (Tr)ibunicia (Pot)estas». akg-images / Asf

Tiberius scheiterte daran bereits auf ganzer Linie. Er erzeugte jede Menge missverständliche Kommunikationssituationen, bis er sich im Jahre 27 n. Chr. entnervt vom stadtrömischen Politikleben nach Capri zurückzog – ein ungeheurer Affront gegenüber den Senatoren, der auch von den kaiserzeitlichen Historiografen als solcher wahrgenommen wurde. Auf Dauer konnte Sejans eigenmächtiges Walten von Tiberius jedenfalls nicht ignoriert werden. Er beseitigte also den Geist, den er selbst gerufen hatte. Sejans Nachfolger wurde Quintus Naevius Cordus Sutorius Macro, ein treuer Anhänger des augusteischen Principats und des Tiberius, der sich in der Folge Caligulas annehmen sollte.

Macro und seine Frau Ennia füllten die Rollen von Freunden und Zieheltern aus. Die Bindung zwischen diesen muss eng gewesen sein. Anders ist es nicht zu erklären, dass spätere Autoren, in der Absicht Caligula völlig zu desavouieren, ihm unterstellten, Ennia verführt zu haben (Philon, Gesandtschaft an Gaius Kapitel 32–33; Sueton, Caligula Kapitel 12,2; Tacitus, Annalen Buch 6, Kapitel 45,3; Cassius Dio Buch 58, Kapitel 28,4). Man muss diese Information mit einer gehörigen Portion Skepsis aufnehmen. Letztlich ist sie nur Ausdruck dessen, dass die Zeitgenossen und die Nachwelt nicht verstanden, wie Macro dieses «Ungeheuer » auf den Kaiserthron befördern konnte. Wie so oft greifen antike Autoren, wenn sie Erklärungsbedürftiges nicht richtig erklären können, auf moralische Verfehlungen der Akteure als Ursache zurück. Macros «Mentoring» und Schutz zahlten sich jedenfalls aus. Als Tiberius 37 n. Chr. starb – ohne seine Nachfolge eindeutig zu regeln – verhalf Macro Caligula auf den Thron. Er war keineswegs die einzige Option, denn noch lebte ein Enkel des verstorbenen Kaisers, den Tiberius bevorzugt habe. Daher verwundert es nicht, dass schnell Gerüchte in Umlauf kamen, dass Caligula beim Ableben seines Adoptivvaters nachgeholfen hätte, um einer eindeutigen Nachfolgeregelung zu seinen Ungunsten zuvorzukommen. Einem vom Wahnsinn Befallenen war eben alles zuzutrauen.

Seit dem 18. März 37 n. Chr. auf dem Kaiserthron angekommen und von Macro souffliert, ging Caligula daran, die Missstände der tiberianischen Zeit zu beheben, sodass es erschien, der große Augustus sei auf den Thron zurückgekehrt (Abb. 5). Die Majestätsprozesse, die unter Tiberius ausarteten und viele Senatoren Vermögen sowie Leben gekostet hatten, wurden für beendet erklärt. Bei der Leichenrede für den verstorbenen Kaiser verkündete Caligula offiziell, sich an Augustus und seinem Vater Germanicus zu orientieren, sodass allen Zuhörern warm ums Herz geworden sein dürfte. Freilich vergaß er auch nicht, große Geldsummen an Prätorianer und Legionäre auszuzahlen. Selbst das Volk wurde bedacht. Nach den Jahren der Zurückhaltung unter Tiberius war nun wieder ein großzügiger Kaiser an der Macht, der den gut gefüllten Staatsschatz einzusetzen bereit war. Und natürlich beherrschte der 24-jährige neue Kaiser auch die doppelbödige Kommunikation mit den Senatoren, die er durch Macro gelernt haben wird. Mit anderen Worten: Die erste Phase seiner Regierungszeit stand im Zeichen der Rückkehr des primus inter pares.

Büste des Caligula als Feldherr.
Abb. 7 Büste des Caligula als Feldherr. akg-images / Prisma

Eine Krankheit als Wendepunkt

Die Wende zum «Ungeheuer» begann Anfang 38 n. Chr. Im Oktober des Vorjahres war Caligula schwer erkrankt. So schwer, dass niemand wusste, ob der junge Kaiser überleben würde (Abb. 6). Macro sah sich zum Handeln gezwungen und arbeitete einen Notfallplan aus, um im Falle von Caligulas Tod das Imperium nicht einer chaotischen Übergangszeit auszusetzen. Sein «Back Up-Plan» sah vor, Tiberius Gemellus, den erwähnten Enkel, als potenziellen Nachfolger vorzubereiten. Caligula hatte diesen bei seinem Machtantritt adoptieren müssen, um eine stabile Herrschaftsweitergabe innerhalb der julisch-claudischen Dynastie zu gewährleisten. Macro handelte aus staatsmännischer Weitsicht, wie sie sich jeder Bürger nur wünschen konnte.

Allerdings goutierte Caligula diese Weitsicht nicht, nachdem er unvorhergesehenerweise seine Krankheit überwunden hatte. Ganz im Gegenteil: Er witterte eine Verschwörung Macros und wertete dessen Verhalten als Verrat, mindestens aber als Vertrauensbruch. Er musste sich an die dunkelsten Stunden auf Capri und das Schicksal seiner Mutter und seiner Brüder erinnert gefühlt haben. Auf einmal war die Todesangst wieder da und Caligula tat nun alles, um sich davon zu befreien. Er emanzipierte sich 38 n. Chr. von Macro und anderen Ratgebern, indem er Macro zum Statthalter Ägyptens weglobte. Allerdings beging Macro noch vor seiner Abreise Selbstmord, nachdem er – der kaiserlichen Gunst beraubt – von mehreren Personen wegen Verleumdung des Kaisers angeklagt wurde. Er kam damit dem unausweichlichen Urteil zuvor. Gemellus wurde von Caligula ebenfalls beseitigt sowie eine Vielzahl weiterer Vertrauter. Fortan kannte Caligula nur ein Ziel: die Sicherung seiner Macht und seines Lebens. Doch herrschte Caligula noch nicht vollends despotisch, sondern wahrte noch die sozialen und kommunikativen Normen eines Princeps.

Das änderte sich spätestens mit der Konsularischen Verschwörung. Zum Jahresanfang 39 n. Chr. begann laut Cassius Dio (Buch 59, Kapitel 13,2–3) das große Morden innerhalb des Senats. Die Hintergründe bleiben unklar, jedoch deutet vieles darauf hin, dass sich führende Senatoren, vor allem ehemalige Konsuln, gegen den jungen Kaiser gewendet hatten. Neben den Verschwörern wurden auch Magistrate verurteilt, die ihre Pflichten gegenüber der Öffentlichkeit nicht nachgekommen waren – ein durchaus sinniges Vorgehen. Den Höhepunkt im Senat bildete dann eine Rede Caligulas. Er warf den Senatoren ihre Doppelzüngigkeit, ja Unterwürfigkeit vor und gab die statusbewussten Herren so der Lächerlichkeit preis. In Wahrheit versteckten die Senatoren hinter ihren Ehrungen und Lobreden auf den Kaiser ihren Neid sowie ihre Mordlust. Er untergrub mit einer Rede das gesamte von Augustus aufgebaute rituelle Kommunikationsgeflecht und schuf so große Unsicherheit. Man muss sich das klarmachen: Auf diese Weise zersetzte er den Grundpfeiler der politischen Ordnung des Principats, schuf diesen quasi ab. Die Senatoren waren geschockt und konnten darauf doch nur antworten, wie sie es gewohnt waren: Sie überschütteten ihn tags darauf mit Lob und Ehrungen und nannten ihn einen aufrichtigen Kaiser.

Caligula als «neuer» Monarch

Doch für Caligula gab es kein Zurück mehr zum respektvollen Umgang des Principats. Er ließ keine Gelegenheit aus, um die Senatoren zu erniedrigen und ihnen ihren wahren Rang – weit unter dem des Kaisers – aufzuzeigen. Nichts verdeutlicht dies besser als die Erhebung seines Lieblingszirkuspferdes Incitatus zum Konsul. Caligula demütigte die Senatoren damit bis auf die Knochen und zeigte zugleich, was das höchste Amt der alten Republik soziopolitisch noch wert war – nichts mehr. Lebensbedrohlich wurde es für Caligula aber erst, als er seinen «neuen» Regierungsstil auf das Militär und die Prätorianer ausdehnte. Seine Soldaten ließ er erniedrigende Übungen durchführen und sinnlose Gefahren bestehen. So stellte er im Golf von Baiae Xerxes‘ Übergang über den Hellespont von 480 v. Chr. nach, nur um sich diesem ebenbürtig zu fühlen (Abb. 7).

Despotische Herrscher aus dem Osten und nicht mehr Augustus waren nun seine Vorbilder. Passend dazu soll Caligula die Absicht gehegt haben, die Kapitale von Rom nach Alexandria, die alte Hauptstadt der ptolemäischen Dynastie, zu verlegen. Doch hatte das alles nichts mit Wahnsinn zu tun, sondern war lediglich Ausdruck einer bewussten Veränderung der politischen Ordnung. Man kann sich die Überforderung von Caligulas Zeitgenossen gut vorstellen. Es überrascht dann nicht, dass Caligula mit der «großen » Verschwörung, die befreundete Senatoren und sogar seine Schwestern mit in den Abgrund riss, eine weitere lebensbedrohliche Situation zu überstehen hatte. Er hatte offenkundig gar sein persönliches Umfeld als Unterstützer verloren. Im Januar 41 n. Chr. setzten die Prätorianertribunen Cassius Chaerea und Cornelius Sabinus, selbst mehrfach vom Kaiser öffentlich gedemütigt und mit stiller Unterstützung von Caligulas Vertrauten Callistus, führenden Senatoren und wohl den Prätorianerpräfekten, der «neuen» Monarchie ein Ende. Caligula und seine Kernfamilie wurden im Palast niedergemetzelt.

Antike Autoren konnten sich Caligulas radikale Veränderung der politischen Ordnung nicht anders erklären, als dass der Kaiser wahnsinnig geworden sein musste. Mit fast 2000 Jahren Abstand kann man indes sagen: Wahnsinnig war Caligula nicht. Vielmehr haben wir einen jugendlichen Kaiser, der mit seiner Rolle und seinem Leben überfordert war. Seit seiner Jugend kannte er familiäre Intrigen, Misstrauen und Existenzangst. Seine Reaktion darauf war wahrlich ungeheuerlich: die Aushöhlung des Principats bei gleichzeitiger Selbstüberhöhung seiner kaiserlichen Rolle, mit der er sich vor jeder weiteren Gefahr schützen wollte. Dabei nahm er unbedachterweise in Kauf, sein gesamtes Umfeld zu verunsichern und gegen sich aufzubringen. Er hätte besser daran getan, sich weiter von Macro beraten zu lassen.

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