Die Geschichte eines unbekannten Juwels in der Mojave-WüsteDas Lost City Museum in Overton, Nevada

Das Lost City Museum heute.
Abb. 1 Das Lost City Museum heute.© Lost City Museum

Die Stadt Las Vegas wurde 1905 gegründet. Doch da sie mitten in der Mojave-Wüste liegt, war sie nicht leicht zugänglich. Die Straßen, die nach Las Vegas führten, waren unbefestigt und wurden während der Monsunzeit unpassierbar. Es wurde also eine Straße benötigt, die nicht extrem schlammig werden würde. Der Arrowhead Trail oder Arrowhead Highway war die erste Allwetterstraße im Westen der Vereinigten Staaten, die Los Angeles (Kalifornien) über Las Vegas (Nevada) mit Salt Lake City (Utah) verband. Sie war von 1914 bis 1924 in Betrieb. Ein Teil des Trails verlief durch den Valley of Fire State Park. Mit der Einrichtung des nummerierten US-Highway-Systems wurde der Arrowhead Trail 1926 offiziell durch die U.S. Route 91 und schließlich die Interstate 15 ersetzt. Der Teil, der durch das Valley of Fire führte, wurde zur NV SR-169.

Dr. Mark Harrington neben dem Fundament eines Pueblos.
Abb. 2 Dr. Mark Harrington neben dem Fundament eines Pueblos. Lost City Museum

Archäologie per Auftrag

Aufgrund dieses neuen Highways suchte der Gouverneur von Nevada, James Scrugham, nach Möglichkeiten, den Tourismus nach Las Vegas zu bringen. Gouverneur Scrugham war von den archäologischen Funden sowohl im amerikanischen Südwesten als auch in Ägypten und der Popularität der Archäologie fasziniert. Er verbreitete eine Bekanntmachung, in der er nach Anzeichen von Pueblo-Ruinen im Süden Nevadas suchte. 1924 meldeten zwei einheimische Brüder, John und Fay Perkins, dem Gouverneur das Vorhandensein von Pueblo-Ruinen im Moapa-Tal, etwa 105 km nordöstlich von Las Vegas. Scrugham beauftragte daraufhin den Archäologen Dr. Mark Raymond Harrington von der Heye-Stiftung mit der Durchführung archäologischer Ausgrabungen an diesem Ort. Harrington identifizierte die Überreste als Pueblo- Ruinen und nannte die Stätte «Pueblo Grande de Nevada» (Abb. 2). Diese Ruinen waren die am weitesten westlich gelegenen der Pueblo-Gruppen. Ein Pueblo, Spanisch für «Dorf», ist eine weit verbreitete und namensgebende Siedlungsform der indigenen Pueblo-Kulturen. Besonders häufig finden sich die charakteristischen Siedlungen aus Lehm- oder Steinbauwerken in den US-Bundesstaaten New Mexico und Colorado.

Dr. Mark Harrington am Ort des Festes im Jahr 1925.
Abb. 3 Dr. Mark Harrington am Ort des Festes im Jahr 1925. Lost City Museum

Diese Pueblo-Ruinen waren selbst unter Archäologen so unbekannt, dass Harrington die schwarz-weißen Keramikscherben zu einem bekannten Experten brachte, der sie in den Müll warf und erklärte, dass es so weit westlich keine Pueblo-Ruinen gäbe. Harrington holte sie aus dem Müll und fuhr zurück ins Moapa-Tal. In der Presse wurde die Stätte oft als «Verlorene Stadt» bezeichnet, eine etwas romantisierende Bezeichnung, die sich letztlich durchsetzte. Die Ausgrabungen wurden in den 1930er-Jahren mithilfe des Civilian Conservation Corps – einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für junge Arbeitslose – fortgesetzt. Nachrichten über die verlorene Stadt reichten bis nach Alaska und an die Ostküste der Vereinigten Staaten.

Haltestelle der Eisenbahn in St. Thomas, 1925.
Abb. 4 Haltestelle der Eisenbahn in St. Thomas, 1925. Lost City Museum

Um aus der Popularität der Archäologie und der verlorenen Stadt Kapital zu schlagen, wurde in den Jahren 1925 und 1926 in St. Thomas ein Festumzug veranstaltet (Abb. 3). Die Union Pacific Railroad – eine der größten Eisenbahngesellschaften in den USA – errichtete sogar eine Haltestelle, um die Menschen zu dieser Veranstaltung zu bringen (Abb. 4). Mit dem Festumzug sollte das Leben der Menschen in der Region gewürdigt werden, einschließlich der vor der Kolonialisation ansässigen Pueblo-Stammesgruppen und der europäischen Siedler, die in den 1860er-Jahren in das Gebiet kamen. Eine Bühne, bestehend aus rekonstruierten Pueblos, wurde in der Nähe der Stadt St. Thomas errichtet (Abb. 5). Der Festumzug war ein großer Erfolg, denn verschiedene Zeitungen berichteten von tausenden Besucherinnen und Besuchern. Die Stadt und der Ort des Festes wurden schließlich vom Wasser des Lake Mead – einem Stausee des Colorado-Flusses – überflutet. Heutzutage kann man die Überreste der Stadt St. Thomas in der Lake Mead National Recreation Area besuchen. Sie liegt nur rund 16 km südlich des Lost City Museum.

Mitglieder des Zuni-Pueblo beim Bau der Pueblos für den Festumzug in St. Thomas, 1925.
Abb. 5 Mitglieder des Zuni-Pueblo beim Bau der Pueblos für den Festumzug in St. Thomas, 1925. Lost City Museum

Ausgraben als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme

Anfang der 1930er-Jahre brach die amerikanische Wirtschaft zusammen, was zur sog. Großen Depression führte. Angesichts der schleppenden Wirtschaft war es oft schwierig, Arbeit zu finden, sodass viele Menschen arbeitslos wurden. Im Jahr 1933 rief Präsident Franklin D. Roosevelt im Rahmen seines New Deal-Programms das Civilian Conservation Corps (CCC) ins Leben. Das Programm richtete sich an junge, unverheiratete Männer im Alter von 18 bis 25 Jahren, später wurde das Alter auf 17 bis 28 Jahre ausgedehnt. Die jungen Männer, die dem CCC beitraten, waren diejenigen, deren Familien finanzielle Unterstützung benötigten. Diese jungen Männer schickten den größten Teil ihres monatlichen Lohns nach Hause zu ihren Familien. Das Programm endete 1942 aufgrund des Zweiten Weltkriegs und der damit einhergehenden Einberufung. Auch der Hoover-Damm war Teil dieses Programms. Aufgrund der vorangegangenen Arbeiten in Pueblo Grande de Nevada, der verlorenen Stadt, wurde das Gebiet des heutigen Lake Mead vollständig mit Wasser überflutet.

Mitglieder des Civilian Conservation Corps Mitte der 1930er-Jahre.
Abb. 6 Mitglieder des Civilian Conservation Corps Mitte der 1930er-Jahre. Lost City Museum

Die CCC-Rekruten kamen 1933 nach Nevada, um in dem am dünnsten besiedelten Bundesstaat eine Infrastruktur aufzubauen (Abb. 6). Obwohl Nevada damals die geringste Bevölkerungszahl hatte, verfügte die Region über große Landmassen in Staatsbesitz, die erschlossen werden konnten. Sechzehn Camps wurden im ganzen Bundesstaat eingerichtet, darunter die Camps 538 und 573. Viele der Männer in diesen Camps stammten aus dem Mittleren Westen, und sie konnten eine einzigartige Arbeitserfahrung machen – sie arbeiteten an archäologischen Stätten. Willis Evans und Dr. Mark Harrington kehrten zurück, um diese Ausgrabungen durch das CCC zu leiten (Abb. 7). Durch den Bau des Boulder-Damms (heute Hoover-Damm) sollte nach seiner Fertigstellung im Jahr 1936 der Lake Mead entstehen. Das CCC grub viele Pueblos und Grubenhäuser aus und förderte Tausende von Artefakten zutage. Das Boulder Dam Park Museum, heute Lost City Museum, wurde gebaut, um diese Artefakte zu beherbergen.

Willis Evans neben dem Fundament eines Pueblos im Pueblo Grande de Nevada, 1935
Abb. 7 Willis Evans neben dem Fundament eines Pueblos im Pueblo Grande de Nevada, 1935. Lost City Museum
Boulder Dam Park Museum im Bau, 1935. Der Herr links auf dem Dach des Museums ist Ralph McCleery.
Abb. 8 Boulder Dam Park Museum im Bau, 1935. Der Herr links auf dem Dach des Museums ist Ralph McCleery. Lost City Museum

Die verlorene Stadt im Museum

Das Museum wurde am 1. Juli 1935 als Boulder Dam Park Museum fertiggestellt und präsentiert Objekte, die bei Ausgrabungen im Pueblo Grande de Nevada, der «verlorenen Stadt», gefunden wurden. Die 573rd Ohio Company des Civilian Conservation Corps (CCC) legte am 12. Dezember 1934 den Grundstein für das Museum (Abb. 8). Für den Bau des Boulder Dam Park Museums wurden 70 000 Lehmziegel hergestellt und Sandstein aus dem Valley of Fire für den Boden verwendet. Das Boulder Dam Park Museum (Lost City Museum) war ursprünglich Teil des National Park Service. In den frühen 1950er-Jahren erwarb der Staat Nevada das Museum und der Name wurde in Lost City Museum geändert. Fay Perkins, eine bekannte Persönlichkeit in der Archäologie des Moapa-Tals und einer derjenigen, die Mark Harrington das Pueblo Grande de Nevada zeigten, wurde der erste Kurator des Museums. Er war bis 1956 als Kurator tätig, bevor sein Sohn Chick Perkins bis 1982 seine Nachfolge als Kurator innehatte. Das Lost City Museum wurde 1996 in das National Register of Historic Places aufgenommen.

Ein Teil der Ausstellung zum Pueblo Grande de Nevada.
Abb. 9 Ein Teil der Ausstellung zum Pueblo Grande de Nevada. Lost City Museum

Heute ist das Lost City Museum eines der sieben staatlichen Museen in Nevada (vgl. Abb. 1). Das Museum stellt Artefakte der Anasazi – der Vorfahren der Pueblo-Gemeinschaften – aus, die vor etwa 1000 Jahren im Moapa- Tal lebten. Es besitzt auch eine große Sammlung von Körben indigener Gemeinschaften, nämlich der Moapa Band of Paiute, der Pahrump Band of Paiute und der Las Vegas Paiute Band. Des Weiteren zeigt das Museum eine Ausstellung zu Ehren von Willis Evans, einem Pit River Native American und Archäologen. Evans arbeitete oft mit Mark Harrington zusammen, wurde aber auch selbst ein angesehener Archäologe. Eines der neuesten Exponate zeigt Keramik- und Korbfragmente aus den Ausgrabungen von 1924 bis 1926 im Pueblo Grande de Nevada (Abb. 9).

Informationen zum Museum
Lost City Museum
721 South Moapa Valley Boulevard
Overton, Nevada 89040
Vereinigte Staaten von Amerika

Öffnungszeiten
Di–So 8.30–16.30 Uhr
Mo geschlossen

Eintritt
Erwachsene: $ 6,–
Kinder und Jugendliche (unter 17 Jahren): frei

Das Jahresabonnement der ANTIKEN WELT

Nutzen Sie den Preisvorteil!

  • Abopreisvorteil (D):
    99,- € zzgl. 6,30 € Versand (D) statt 131,55 € im Einzelkauf
  • inkl. Digitalzugang
  • 11.- € pro Ausgabe im Abo
  • insgesamt 9 Ausgaben im Jahr: 6 reguläre Hefte und 3 Sonderhefte
  • ohne Risiko, jederzeit kündbar 
Jetzt gratis testen