In ihrem Buch «Europas Mütter» nimmt Karin Bojs die Leserinnen und Leser mit auf eine faszinierende Reise durch 43 000 Jahre europäischer (Vor-) Geschichte. Sie zeigt, wie moderne Methoden, wie die Paläogenetik, helfen, archäologische Fragen neu anzugehen. Dabei wird auch mit Mythen um die Stellung der Frau in prähistorischen Gesellschaften aufgeräumt. Bojs strukturiert die Vorgeschichte in drei Perioden, angelehnt an die verschiedenen Bevölkerungsgruppen, die den Kontinent prägten: Alteuropa mit seinen Jägern und Sammlern, die neolithischen Bauern und schließlich die Indoeuropäer. Die Vorgeschichte Europas wird mit zahlreichen Exkursen, z. B. in die Sprachgeschichte oder die Entstehung der Landwirtschaft im Nahen Osten, kontextualisiert, wobei das Buch hier teilweise zu sehr in die Breite geht. Die stärksten Momente des Buches sind die Synthesen zwischen archäologischen Phänomenen und genetischen Erkenntnissen. So stellt Bojs die zentrale Rolle von Frauen in wichtigen Handwerken wie Töpferei oder Textilverarbeitung heraus und verbindet dies mit genetischen Nachweisen starken weiblichen Einflusses auf Familie und Gesellschaft im frühen Neolithikum.
Wenn es um die viel diskutierte Frage nach den Ursprüngen des Patriarchats geht, helfen DNA-Analysen, den Beginn der männlichen Dominanz in den Familien auszumachen und mit verschiedenen technologischen Entwicklungen des Neolithikums zu verknüpfen. Ab diesem Zeitpunkt und noch einmal mehr nach der Ankunft der Indoeuropäer nahmen Frauen eine untergeordnete Rolle ein. Leider geraten sie auch in Bojs Betrachtung etwas aus dem Fokus und es geht vor allem um die männlichen Einwanderer und ihren Einfluss in Europa. Trotzdem zeigt die Autorin in ihrem Buch, wie durch neue Techniken und Ansätze Frauen, die lange Zeit von der Archäologie nicht richtig wahrgenommen wurden, sichtbar gemacht werden können. Alleine schon deswegen lohnt sich die kurzweilige Einführung in die Vergangenheit