Mystische und weltliche Mannwerdung

Die dritte Sammlung von Aufsätzen des anerkannten niederländischen Religionswissenschaftlers Jan N. Bremmer ist seiner großen Leidenschaft, männlichen Initiationsriten, gewidmet. Die beiden ersten Sammlungen (Maidens, Magic and Martyrs in Early Christianity. Collected Essays I, 2017 und The World of Greek Religion and Mythology. Collected Essays II, 2019) wurden im Gegensatz zum vorliegenden Band in der Serie «Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament» veröffentlicht.

Das Buch fällt in zwei Hauptteile: die mythische und die menschliche Welt, womit ganz zentrale Aspekte der griechischen Initiationsriten behandelt werden. Die zehn Aufsätze des ersten Teils untersuchen die Initiationsriten in den Mythen von den homerischen Helden und den Kentauren, die Verwandlung des Orpheus von einem Barden zu einer homosexuellen Ikone, den Abstieg des Theseus und Peirithoos in die Unterwelt, die Einweihung des Herakles durch seine Ausbildung in der Darstellung von Apollodor, Dionysos als Transvestit und der Ödipus-Komplex. In den fünf Aufsätzen des zweiten Teils ist die Rede u. a. von den Initiationsriten der Päderastie, dem Symposion und einem römischen Übergangsritual für junge Männer, ausgehend von einer römischen Inschrift von ca. 500 v. Chr.

Bremmers innovative und anregende Arbeiten sind alle für diese Ausgabe auf den neuesten Stand gebracht und mit der jüngsten Forschungsliteratur ergänzt. Die Sammlung wird mit einem äußerst inspirierenden Vorwort eingeleitet, in dem die Initiationsriten auf der Grundlage anthropologischer und indoeuropäischer Perspektive sowie einer phänomenalen Diskussion über die rituellen Elemente des Mythos analysiert werden. Dieses interdisziplinäre Werk ist also höchst relevant, und ich kann es allen empfehlen, die sich für griechische (und römische) Religion und Mythologie und für die bleibende Bedeutung der antiken Initiationsriten interessieren.