Die Geschichte der in Städten und Staaten lebenden Menschheit – ein Unglück: Sklaverei, Kriege, Mangelernährung, Epidemien, Umweltzerstörung und Steuern als Folge der Neolithischen Revolution und der sich aus ihr im mesopotamischen Alluvium und andernorts herausbildenden Zivilisation. So die provokante These des Werks, dessen Titel im englischen Original »Against the Grain« lautet, was sich sowohl mit »Gegen das Getreide« als auch »Gegen den Strich« übersetzen lässt und den Charakter des Buchs als Streitschrift verdeutlicht. Sesshaftigkeit und Getreideanbau hätten vor allem staatlicher Autorität genützt die die Menge des angebauten Korns schon vor der Ernte für die Abgabenerhebung genau taxieren konnte. Zivilisatorischer Fortschritt sei zum Nachteil für das Gros der Bevölkerung früher Stadtstaaten gewesen, die sich oft bei erster Gelegenheit dem Zugriff der Obrigkeit entzogen hätte. Und tatsächlich war der letztendliche Erfolg städtischen Lebens alles andere als vorgezeichnet …
Nicht alles ist neu an Scotts Überlegungen, und die Polarisierung glücklicher »Barbaren« und bedauernswerter Ackerbauern, die man verkürzt auf den Nenner »Stadtluft macht unfrei« bringen könnte, wird in ihrer Überzeichnung nicht jeden überzeugen. Das Buch, das eine forciert andere Perspektive auf die Anfänge von Staatlichkeit werfen will, ist dennoch eine anregende Lektüre für alle, die sich für diesen epochalen Wandel in der Geschichte der Menschheit interessieren.
| Claus Hattler