Das neueste Buch des britischen Sozialanthropologen James Zuzman, dessen Studien zur modernen Überflussgesellschaft bisher noch viel zu wenig öffentliche Aufmerksamkeit zuteil geworden sind, rüttelt an den Grundfesten einer gerade hierzulande weit verbreiteten, fehlgeleiteten Tugendvorstellung. Der Mensch der Gegenwart definiert sich über seine von Wachstum und Optimierung getriebene und von übersteigerten Wertvorstellungen beherrschte Arbeit. Dabei riskiert er nicht nur seine eigene, sowohl körperliche als häufig auch seelische Gesundheit sondern auch das fragile Gleichgewicht der Lebensbedingungen auf unserem Heimatplaneten.
Trotz viel gepriesener „Work-Life-Balance“ stehen Arbeit und Freizeit im Missverhältnis zueinander und wer nicht maßgebliche Teile seiner Lebenszeit für die Arbeit opfert, gilt schnell als Faulenzer. Doch was verbindet diese gesellschaftskritische Erkenntnis mit archäologischen Forschungsergebnissen? Anhand zahlreicher, mitunter wenig bekannter vor- und frühgeschichtlicher Quellen und Beispiele liefert Zuzman eine neue Sichtweise auf alte, liebgewonnene Klischees zur menschlichen Evolution und stellt unbequeme Fragen. War beispielsweise unsere Sesshaftwerdung Fluch oder als Segen für unser heutiges Selbstverständnis und unsere Haltung zur Umwelt und Natur? Sind Überproduktion und überbordende Urbanisierung der Schlüssel zum weltweiten Wohlstand – und ein geschichtlich unaufhaltsamer Prozess? Mit der grundlegenden Erkenntnis, dass der Mensch der Vormoderne kaum „fauler“ war, als wir, indem er arbeitete, um zu leben – und nicht lebte, um zu arbeiten – bietet das hervorragend geschriebene Buch eine Fülle wertvoller Impulse. Es hat das Zeug zu einem Standartwerk für den Weg der Menschheit, über Entschleunigung und Genügsamkeit irgendwann einen Wohlstand ohne Überfluss zu erlangen.