Manchmal lohnt sich ein zweiter Blick – zumal, wenn er die Perspektive zweier Wissenschaften vereint. Entsprechend ausgezahlt hat sich auch die jüngst durchgeführte Neuauswertung medizinischer Instrumente aus der Antikensammlung des Nationalmuseums von Dänemark in Kopenhagen, die deutlich mehr Instrumente als bisher dem medizinischen (und kosmetischen) Bereich zuordnen konnte. Die Ergebnisse liegen nun in einem kleinen Katalog vor. Die Bearbeiterin der Objekte und Autorin des Kataloges Annette Frölich konnte bei ihrer Untersuchung sowohl ihre archäologische wie auch medizinische Expertise einbringen. So ist die Archäologin mit dem Forschungsschwerpunkt zu medizinischen Instrumenten aus dem ersten Jahrtausend auch ausgebildete Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe und hat ebenso Erfahrungen in der Chirurgie.
Der in Englisch herausgegebene Katalog zeichnet sich insgesamt durch einen schnörkellosen und leicht verständlichen Schreibstil aus. Er ist klar strukturiert, dabei angenehm locker gestaltet und mit Fotos und Zeichnungen in Originalgröße sowie umfangreichen Literaturhinweisen ausgestattet.
Ein Dienst an der Forschung, aber für den Laien freilich weniger interessant sind die akribischen formal-technischen Objektbeschreibungen, die viel Raum einnehmen. Für eine breitere Leserschaft aufschluss- und hilfreich sind dagegen die jeder Instrumentengattung vorangestellten Abschnitte, die gut verständlich den jeweiligen Verwendungszweck beschreiben. Interessant sind die wiederkehrenden Bezüge zur Gegenwart. Sie machen deutlich, dass einige grundsätzliche Instrumententypen und chirurgische Methoden, wie sie bereits in griechisch-römischer Zeit bekannt waren, vom Prinzip her auch heute noch Anwendung finden.
| Johanna Kätzel