Vom Keltenfürsten bis Armageddon – Tipps zum Lesen, Spielen und Entdecken aus der AiD 1/23

Spieltipp – Celtic

Brettspiel von Dirk Hillebrecht
Friedberg: Pegasus Spiele 2020, 2–4 Spieler, ab 8 Jahre, ca. 34 Euro

Inspiriert durch die Keltenfürstenstatue vom Glauberg wurde dieses Familienspiel zum Hessentag 2020 in Bad Vilbel mithilfe von Archäologen entwickelt, um die Wetterau im heutigen Hessen auf historischen Pfaden erlebbar zu machen. Zeitlich angesiedelt ist es in dem Moment, als der Keltenfürst im Sterben liegt und ein Nachfolger gefunden werden muss. Um diesen zu stellen, buhlen vier Familien um Macht und Einfluss. Um dies zu erreichen, gilt es nicht nur, die Region um den Glauberg zu erschließen, sondern auch Handel zu treiben und möglichst großen Reichtum zu erlangen. Dies geschieht auf einem Spielplan, der das Gebiet der Wetterau mit insgesamt 50 verschiedenen Orten und sieben Handelsplätzen zeigt. Gereist werden kann ausschließlich über ein Wegenetz, das die Orte miteinander verbindet. Querfeldein ist keine Option, und so gilt es, klug zu reisen und möglichst oft bei anderen Spielern mit aufzuspringen, um schneller ans Ziel zu gelangen. Gewonnen werden kann entweder, indem alle der fünf Zielkarten, die jeder Spieler am Anfang ausgeteilt bekommt, erfüllt sind, oder wenn von jeder der sieben Handelswaren mindestens eine im Bestand ist.

Besonders schön ist es, dass die Güter und Waren allesamt Dinge sind, die zum Alltag der Kelten in der Wetterau zählten. Was fehlt, ist jedoch ein Handout, auf dem weitere Infos zu den jeweiligen Dingen stehen. Denn eines ist bei dem Spiel gewiss, es macht neugierig auf mehr und regt zu einem Besuch beim Keltenfürsten an. Nicht zuletzt, weil auch ein Flyer des Wetteraukreises beiliegt, in dem so manches über die archäologische Stätte zu finden ist.

| Annine Fuchs

Armageddon – Auf der Suche nach der biblischen Stadt Salomons

Eric H. Cline
Darmstadt: wbg THEISS, 416 S., 49 s/w-Abb., 30 Euro

Das biblische Armageddon, nach der Offenbarung des Johannes Ort der endzeitlichen Schlacht zwischen Gut und Böse und als Begriff Synonym für die apokalyptische Katastrophe schlechthin, wird mit (Har) Megiddo in der Jesreel-Ebene im nördlichen Israel in Verbindung gebracht. Grabungen, die hier systematisch vom Oriental Institute of Chicago angestrengt wurden, brachten eine der bedeutendsten Stätten des ­Alten Orients ans Licht, mit Schichten vom Neolithikum bis in die Römerzeit. Die Erforschung des Tells in den Jahren 1925 bis 1939, die auch neue archäologische Methoden etablierte, und die Suche nach Salomos Stadt sind Thema von Eric Cline, der hier selbst 20 Jahre als Ausgräber tätig war. Im Zentrum stehen dabei die Suchenden selbst und die Rahmenbedingungen ihres Forschens: praktische und logistische Herausforderungen, Erfolgsdruck und damit in Verbindung stehende Finanzierungssorgen, die brisante Situation im britischen Völkerbundsmandat Palästina und nicht zuletzt die zwischenmenschlichen Beziehungen im Grabungshaus mit allen ihren Verwerfungen und Querelen. Der mit detektivischer Akribie vorgehende Autor konnte dafür Korrespondenzen und private Aufzeichnungen der Akteure auswerten, sodass einen beim Lesen gelegentlich Zweifel beschleichen, ob derlei tiefe Einblicke überhaupt tunlich sind. Ein bisschen »guilty pleasure« also, recht süffig geschrieben und wirklich spannende Lektüre für alle, die wissen wollen, wie es auf archäologischen Ausgrabungen tatsächlich zugehen kann. | Claus Hattler

Silber aus zwei Jahrtausenden in der Berliner Antiken­sammlung

Barbara Niemeyer und Agnes Schwarzmaier
Regensburg: Verlag Schnell & Steiner, 2021, 232 S., 213 Abb., 40 Euro

Dieser Katalog umfasst alle antiken griechisch-römischen Silberobjekte, die in den Dauerausstellungen des Alten, Neuen und Bodemuseums in Berlin gezeigt werden. Nicht viele Museen können eine so einzigartige Sammlung von Silberobjekten aus der Antike präsentieren wie die Berliner Antikensammlung. Das Buch beginnt mit einer Einführung in die Silbertechnologie und einer historischen Einordnung von Silberobjekten aus der Antike, woraufhin die Silberobjekte der Berliner Antikensammlung historisch eingeordnet werden. Es folgt ein äußerst interessanter Abschnitt über Vergoldungstechniken, bevor die 73 Silberobjekte im Katalog selbst beschrieben werden. Schätze wie der Hildesheimer Silberfund, darunter die fantastische Athena­schale, bilden eine Katalognummer.

Am schwierigsten zu fotografieren sind Objekte mit »glänzender« Oberfläche wie attische Vasen und polierte Objekte aus Edelmetallen wie Gold und Silber. Die Publikation ist daher für die hervorragenden Farbfotografien der beiden kompetenten Fotografen Johannes Laurentius und Johannes Kramer zu loben.
Der Katalog richtet sich an alle, die sich für die Antike interessieren, und für Forscher gibt es den Abschnitt Wissenschaftlicher Apparat mit zusätzlichen Informationen und Literaturhinweisen. Diese gut geschriebene Publikation ist für alle Museumsbesucher mit Interesse an der Antike empfehlenswert und wird auch in Zukunft ein Nachschlagewerk für alle Forscher sein. | Jesper Tae Jensen

Griechische Geschichte und Sagen für Kinder

Karl Bergmann
Amazon Self Publishing 2021, 147 S., 14,99 Euro

Es gilt als Alltagsweisheit in der Wissenschaft, dass die Vermittlung an ­eine breite Öffentlichkeit deutlich schwieriger sein kann als das Verfassen eines Aufsatzes, der keine Rücksicht auf Aufmerksamkeitsspanne und Interesse der Leserschaft nehmen muss. Besonders anspruchsvoll wird der Spagat aus fachlich korrektem Inhalt und Zugänglichkeit im Fall von Büchern für Kinder. Karl Bergmann hat es sich zum Ziel ­gesetzt, die großen Mythologien und Geschichten für ein Publikum zwischen 6 und 12 Jahren zu eröffnen. Neben den griechischen Sagen umfasst die Reihe bereits die römische, ägyptische und nordische Götterwelt.

Durch den gewählten Stil, der Alltagssprache mit direkt an die Leser gerichtetem »Du« und zum Nachdenken anregenden Fragen verbindet, wird ein animierender Lesefluss erreicht.

Dem Autor gelingt es, komplexe historische Entwicklungen kurz und verständlich zusammenzufassen. Er nutzt dazu die Mythen und Göttergeschichten quasi zur »Auflockerung« des Leseerlebnisses. Natürlich sind sowohl Geschichte als auch Sage mit kindgerechter Schonung versehen, doch finden sich in den Bänden kleinere Ungenauigkeiten, die man mit der gebotenen Straffung des Inhalts erklären kann. Allgemein gilt für die Abbildungen, dass eher auf fantasiereiche Comiczeichnungen als auf akkurate Rekonstruktionen zurückgegriffen wird. Dennoch räumt der Autor gründlich mit den gröbsten Irrtümern über die Antike auf. Stichwort »300 Spartaner«. | Michael Becker

Vom Germanenerbe zum Urkommunismus – Urgeschichtsbilder in Museen der SBZ und DDR

Arne Lindemann
Berlin/Boston: De Gruyter 2022, 405 S., 105 Abb., 49,95 Euro

Das hier angezeigte Buch wurde an der TU Berlin im Jahr 2020 als Dissertationsschrift eingereicht. Die ­Druck­legung erfolgte bereits zwei Jahre später – im Verlag De Gruyter und ist dort zusätzlich im Open Access (!) zugänglich. Der Autor formuliert eingangs ­seine Herangehensweise, wonach für den Umgang mit Geschichte in der SBZ und DDR zwischenzeitlich eine Vielzahl von Arbeiten zu den »Leitinstitutionen« vorliegen und er daher abweichend die öffentlichkeitsbezogene ­Vermittlung von Geschichtsbildern in archäologischen Ausstellungen in den Fokus rücken würde. Zweifellos ein neuer und interessanter Ansatz, auch wenn ich bezogen auf die Aufarbeitung der »Leitinstitutionen« weiterhin erheblichen Forschungsbedarf sehe.

Das marxistisch-leninistische Geschichtsverständnis basiert bekanntlich auf der Vorstellung von einem ständigen gesellschaftlichen und technischen Fortschritt, der von der Urgesellschaft zur Klassengesellschaft und schließlich zu deren Überwindung im Sozialismus führt. Damit war für die Museen in der DDR die staatliche Vorgabe definiert, Entstehen und Auflösung der Urgesellschaft zu präsentieren. Eine besonders heikle Aufgabe bestand dabei darin, sich vom Germanenerbe der NS-Zeit zu lösen, jedoch diese Epoche nicht zu tilgen, sondern umzudeuten, da sie für die Darstellung der Urgesellschaft unverzichtbar war.
Ein gut recherchiertes und lesenswertes Buch, für das Vergleichbares aus der alten Bundesrepublik weiterhin aussteht. | Jürgen Kunow

Archäologie anders erfahren – Ein praktischer Leitfaden

Ellinor Dunning, Camille Aeschimann, Archaeoconcept (Hrsg.)
Basel/Frankfurt a.M.: LIBRUM ­Publi­shers & Editors 2022, 184 S., 38,50 Euro

Dieser Leitfaden der Archäologin Ellinor Dunning und der Sozialanthropologin Camille Aeschimann ist das Resultat eines qualitativen Forschungsprojekts namens Salons Archéologiques. Dabei saßen in mehreren Städten der Schweiz Spezialisten und Nicht-Spezialisten zusammen und hielten Konversationen zum Thema Archäologie ab. Mit der Analyse dieser Gespräche möchten die Autorinnen einen Beitrag dazu leisten, die archäologischen Wissenschaften an die Erwartungen der Öffentlichkeit anzunähern. Sie richtet sich an jeden, der in der Archäologievermittlung tätig ist.

Im ersten Teil stellen sie das Projekt vor, während der deutliche Schwerpunkt im zweiten Teil liegt. Hier werten sie die geführten Gespräche aus und gliedern sie nach den unterschiedlichen Facetten, die in den Sitzungen beleuchtet worden sind. Aus diesem Extrakt aus für die Kulturvermittlung ­typischen Dialogen leiten sie konkrete Vermittlungsvorschläge ab, die zusammen mit nützlichen Hintergrundinformationen an den Seitenrändern stehen. Die Seiten für den dritten Teil sind in dieser ersten Auflage noch leer und nur über Open Access online verfügbar. Hier lassen sich ergänzende Rohdaten über die Teilnehmenden und ihre einzelnen Aussagen einsehen.

Alles in allem kann die Lektüre Archäologen, die bisher wenig Kontakt mit Laien hatten, dabei unterstützen, den »Elfenbeinturm« zu verlassen und einen Bezug zu den Vorstellungen und Interessen einer breiten Öffentlichkeit an ihrer Arbeit zu gewinnen. | Marcus Coesfeld

„Capite arma equites!“ – Dormagen in der Römerzeit

Jost Auler
Dormagen: archaeotopos 2021, 168 S., 120 Abb., 14,50 Euro

Der Niedergermanische Limes gehört seit Juli 2021 zu den UNESCO-Welterbestätten. Die zahlreichen Garnisonsorte entlang des Rheins sind nun Teil ­dieses Welterbes. Zu den kleineren ­Militärstandorten gehörte das Kastell ­Durnomagus, aus dem das heutige Dormagen im Rhein-Kreis Neuss hervorging. Aus der Feder des Archäologen Jost Auler ist nun eine Publikation erschienen, die versucht, einen Überblick über diesen Zeitabschnitt zu bieten.

Die Erforschung des römischen Durnomagus begann Ende des 18. Jh. und bekam einen deutlichen Schub durch die 1964 einsetzende intensive Bautätigkeit. Die Kapitel des Buches beschränken sich nicht auf die Beschreibung des Kastells, sondern haben den Anspruch, die Gesamtheit der archäologischen Hinterlassenschaften vorzustellen. Den größten Raum nimmt erwartungsgemäß die mittlere Kaiserzeit ein, in der von den 80er-Jahren bis zum Ende des 2. Jh. die Reitereinheit Ala Noricorum stationiert war. Neben der Schilderung des Kastells und seiner Anlagen wird ausführlich auf die Ausstattung und Kampfesweise der römischen Kavallerie eingegangen. Die Beschreibung des römischen Dormagen endet nicht an der heutigen Stadtgrenze, sondern bezieht das für das Verständnis der Garnison wichtige Kastell Haus Bürgel mit ein, das erst seit dem Mittelalter auf der rechten Rheinseite (Stadt Monheim) liegt.

Das reich bebilderte, in einem handlichen DIN-A5-Format erschienene Buch bietet sowohl dem Fachmann wie auch dem interessierten Laien einen guten und umfangreichen Einstieg in die Geschichte des antiken Durnomagus und seiner Reiterei. | Carl Pause

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