Spieltipp – Fire & Stone
Brettspiel von Klaus-Jürgen Wrede
Friedberg: Pegasus Spiele 2022, 2–4 Spieler, ab 10 Jahren, ca. 40 Euro
Von der afrikanischen Wiege der Menschheit geht es auf in eine unbekannte Welt voller Überraschungen in Form von Plättchen, unter denen alles liegt, was man zum Überleben braucht. Bewegt wird sich zunächst mit einem, im späteren Verlauf mit zwei Spähern, die einen fiktiven Urkontinent erkunden, der in drei Regionen gegliedert ist: im Westen Afrika und Europa, in der Mitte Asien und Australien und im Osten Nord- und Südamerika.
Obgleich die Welt während der Steinzeit nicht so ausgesehen hat, wie auf dem Spielbrett dargestellt, werden durch das deutliche Abweichen zur heutigen Weltkarte indirekt die Plattentektonik wie auch das damit verbundene, immer wieder entstandene Phänomen der begehbaren Landbrücken ins Gedächtnis gerufen. Zu sehr aufhängen sollte man sich daran nicht, gibt es doch Anlass zu Diskussion und Austausch, was letztlich eine längere Auseinandersetzung mit dem Thema fördern kann.
Startpunkt ist immer ein Gebiet im Süden Afrikas, von wo aus die umliegenden Felder erkundet werden. Neben Nahrung tauchen auch Siedlungsplätze, Wälder, Lagerfeuer und geheime Verstecke auf, mittels derer Ressourcen gewonnen, Hütten gebaut oder Erfindungen (wie der Schiffsbau) gemacht werden können. Erst wenn alle Hütten einer Hauptregion aufgedeckt worden sind, ist es möglich, sich in die nächste zu begeben. Mit dem elften Hüttenplättchen wird das Spielende eingeleutet. Jener Stamm, der die meisten Punkte nach der Wertung hat, gewinnt. Unabhängig von der ein oder anderen archäologischen Ungenauigkeit ein ganz wundervolles Spiel mit Suchtfaktor. | Annine Fuchs
Liegt die Antwort in den Sternen? Wie Astrophysik die Rätsel der Archäologie löst
Gisela Graichen, Harald Lesch
Berlin: Propyläen 2022, 320 S., 32 Euro
Ohne Erich von Däniken, die »Hämorrhoide am Hintern der Wissenschaft« (H.Lesch in DLF Kultur) einerseits und Gisela Graichen andererseits, die uns seit C14 nun schon über Jahrzehnte hinweg zur sonntäglichen primetime-Zeit beste archäologische Wissenschaft präsentiert, wäre dieses spannende Buch nicht denkbar. Postulierte der eine vor über 50 Jahren die recht nebulöse Präastronautik, sucht die andere stets beharrlich nach fundierten wissenschaftlichen Erklärungen: Ganz aktuell im ZDF die ungelösten Fälle der Archäologie. Und so dreht sich in der Publikation viel um Nasca-Linien, die frühdynastische Sabu-Scheibe, natürlich die Pyramiden und mehr. Mit Harald Lesch, Graichens kongenialem ZDF-Moderator, tritt ihr der Naturwissenschaftler als kosmischer Explainer zur Seite. Erstaunlich, was Astrophysik, satellitengestützte Forschung, LiDAR- oder Myonen-Scans der Archäologie gebracht haben; faszinierend, wie bislang Rätselhaftes nun zu entschlüsseln ist. Eine Rolle spielen dabei unter anderem der für die Präastronautik der 60er-Jahre stilbildende Perry Rhodan, die Beziehungen der Dogon in Mali zum Sirius und selbstverständlich die Gretchen-Frage, wie wahrscheinlich es wohl ist, dass wir (nicht) alleine im Universum waren, sind und bleiben. Ergänzt um einen Gastbeitrag von Peter Prestel über das Sternenwissen in den Pyramiden von Gizeh, lösen Graichen und Lesch auf so unterhaltsame wie gelungene Weise manch Rätsel archäologischer und zivilisatorischer Phänomene mit himmlischem Bezug, ohne je langweilig zu werden. | Erwin Keefer
Diokletian – Kaiser zweier Zeiten
Alexander Demandt
München: C. H. Beck 2022, 432 S., 20 farb. und 30 s/w-Abb., 32 Euro
Aus einfachsten Verhältnissen stammend, hatte es der römische Kaiser Diokletian über eine Offizierslaufbahn bis an die Spitze des Reiches geschafft. Aufgrund zahlreicher politischer und wirtschaftlicher Reformen markiert seine Regentschaft den Übergang von der Zeit der Soldatenkaiser zur Spätantike. Von diesen Maßnahmen ist neben der Einführung der Tetrarchie als Herrschaftsform insbesondere das Höchstpreisedikt aus dem Jahr 301 n.Chr. der Nachwelt im Gedächtnis geblieben, obwohl Erstere nicht allzu lange Bestand hatte und Letzteres wenig erfolgreich war, da seine Umsetzung nur schwerlich flächendeckend kontrolliert werden konnte. Dennoch wurde Diokletian für viele seiner Reformen und die damit verbundene Stabilisierung des Reiches nach innen und außen bereits seit der Antike einige Anerkennung zuteil. Ein völlig anderes Bild zeichnen hingegen die christlichen Autoren, die ihn aufgrund der unter ihm und seinem Mitkaiser Maximian stattgefundenen Verfolgungen aufs Schärfste verurteilen.
Alexander Demandt, ausgewiesener Fachmann für die Spätantike, schildert ausführlich die Zeit Diokletians und bettet diese gekonnt und recht umfassend in die römische Geschichte als Ganzes ein. Dabei bleibt er stets nahe an den schriftlichen Quellen und berücksichtigt darüber hinaus auch Kunstdenkmäler sowie die Rezeptionsgeschichte. Ansprechend geschrieben, ist dieses Buch somit jedem, der sich tiefgehend für die Zeit Diokletians interessiert, sehr zu empfehlen. | Martin Dietrich
Fred in der Eiszeit – der Feuerzauber
Birge Tetzner; mit Illustrtaionen von Karl Uhlenbrock
Berlin: ultramar media Verlag 2022, 207 S., empf. ab 10 Jahren, 22 Euro
Fachwissen vereint mit einer fesselnden Geschichte, so lässt sich das Abenteuer des Archäologensohns Fred beschreiben. Fred gerät während einer Ausgrabung in einen Zeitstrudel und findet sich in der Eiszeit auf der Schwäbischen Alb wieder. Dort trifft er auf die Kinder Bo und Lu und taucht ein in das Leben der Jäger und Sammler jener Zeit. Zusammen trotzen sie den Gefahren wilder Tiere, kämpfen gegen die Kälte und arbeiten für das Überleben des Clans.
Herausragend sind die aufwendigen und detailreichen Illustrationen, die die Leser tief in die Welt der Eiszeit abtauchen lassen. Naturgetreue Lebensbilder beschreiben das Leben zurzeit der Höhlenmalereien, Wildpferde und Löwen. Die zahlreichen Zeichnungen schaffen eine eindrückliche Atmosphäre, welche auch ältere Leser in ihren Bann ziehen. Die ausführlichen und gründlich recherchierten Fachinformationen sind geschickt in die Erzählung eingewoben und vermitteln Wissen unter anderem zur Domestizierung der Wölfe, der Nutzung von Speerschleudern oder auch zur Verwendung des Feuers.
Besonders hervorzuheben sind die weiterführenden Informationen am Ende des Buches zu den Fundorten wie der Brillenhöhle, dem Geißenklösterle und vielen weiteren archäologischen Fundstellen, sodass ein Besuch vor Ort leicht planbar wird. Daneben gibt es eine Auswahl an europäischen Museen und Fundorten mit umfangreichen Sammlungen zu unseren frühen Vorfahren. | Julia Menne
Liebeszauber und Wahrsagung – Aberglaube, Magie und Prophezeiung im Altertum
Ernst Künzl
Oppenheim: Nünnerich-Asmus Verlag 2021, 128 S., 52 meist farb. Abb., 20 Euro
Das Klopfen auf Holz soll Unglück abwenden. Vierblättrige Kleeblätter werden mit Glück assoziiert. Und die Zahl 13 ist für viele so sehr mit Unglück verknüpft, dass in manchen Gebäuden auf ein 13. Stockwerk verzichtet wird.
Aberglaube und damit verbundene Praktiken haben eine sehr lange Geschichte, die sich durch alle Kulturen hindurch von der Antike bis in die Gegenwart verfolgen lässt. Anhand zahlreicher archäologischer Funde zeigt Ernst Künzl auf, wie Menschen mithilfe magischer Gegenstände und abergläubischer Handlungen versuchten, Einfluss auf ihre Umwelt und die Zukunft zu nehmen.
Der erste Teil des Buches widmet sich der in allen sozialen Schichten verbreiteten Anwendung von Amuletten. Es folgt ein Teil über antike Schadens-, Heilungs- und Liebeszauber in Form von Fluchtafeln, Zauberpuppen, magischen Gemmen etc. – Formen der Magie, die in gehobeneren sozialen Schichten anzutreffen waren. Der dritte Teil beschäftigt sich mit dem in vielen Fällen von der sozialen Elite organisierten Orakelwesen. Zahlreiche Herrscher des antiken Rom, Griechenland und Mesopotamien beanspruchten die Dienste von Orakelheiligtümern wie dem Apollonorakel von Delphi und anderen. Auch Traumdeutung, Leberschau, Astrologie und weitere Formen der Weissagung werden in diesem Teil behandelt.
Alles in allem gelingt Ernst Künzl mit seinem Buch ein guter und anschaulicher Einstieg in die Welt der Magie und des Aberglaubens von prähistorischer Zeit bis in die Spätantike. | Alexandra Hornung
Peru – ein Katzensprung
Die Sammlung präkolumbischer Textilien im Deutschen Textilmuseum Krefeld
Annette Paetz gen. Schieck und Isa Fleischmann-Heck (Hrsg.)
Oppenheim: Nünnerich-Asmus-Verlag 2022, 320 S., 363 Abb., 49 Euro
Die Krefelder Textilien Altamerikas, vornehmlich Perus, stehen im Zentrum eines internationalen wissenschaftlichen und kulturellen Netzwerkes, das das südamerikanische Land nur einen »Katzensprung« entfernt erscheinen lässt. Hinzu kommt, dass katzenartige Wesen zu den beliebtesten künstlerischen Motiven dieser Weltregion gehören. Aus seinem Fundus präsentiert das Museum in einer Ausstellung und mit diesem Katalog 206 in ausgezeichneten Fotografien abgebildete Stoffe und textiltechnische Produktionsmittel, die den Zeitraum von der Chavin- und Cupisniquekultur des späteren 2. Jt. v.Chr. bis in die Moderne (20. Jh.) umfassen. Genauso weit wie der chronologische Rahmen sind auch die Themenfelder gesteckt. Neben den materialkundlichen, den altamerikanistischen Verortungen kommt der Personal-, Museums- sowie der bis in die Nachkriegszeit reichenden Ausstellungs- und Forschungsgeschichte zu den peruanischen Textilien eine wichtige Rolle zu. Die Untersuchungen der Übertragung in zeitgenössisches Design, für das die Krefelder Textilien Vorbilder lieferten, berühren zwar den wichtigen Aspekt von »Aneignung«. Doch kommen jene ohne die oft moralisierende Unterlegung entsprechender Studien aus. Das Buch ist allen, die sich für neuweltliche Kulturgeschichte, andine Stoffe, für Textilforschung sowie für Strukturen von Museumssammlungen und die Mechanismen von Museumsarbeit interessieren, zu empfehlen. | Jochen Haas
Demokratie in der griechischen Antike – Athen, Unteritalien, Sizilien
Maurizio Giangiulio
Darmstadt: wbg Philipp von Zabern 2022, 224 S., 1 Karte, 60 Euro
Professor Dr. Maurizio Giangiulio von der Universität Trient, dessen neuestes Forschungsprojekt (2020–2023) sich mit der Untersuchung der literarischen Orakelantworten des Orakels von Delphi befasst, stellt uns in diesem Buch seine profunden Kenntnisse über die Regierungsform, die Demokratie, in der klassischen Periode in Griechenland und der Magna Graecia vor.
Den Anfang macht er mit einer Reflexion und einem Ausblick auf die Demokratie als Regierungsform in der modernen Zeit. Es folgt ein Kapitel, das die Ursprünge und die Entwicklung der Demokratie in Athen ausführlich darstellt, und dann der zweite Teil des Buches mit vier spannenden Kapiteln über die Demokratie in Süditalien und Sizilien.
Die vier Fallstudien über die Stadtstaaten Syrakus, Kroton, Thurioi und Tarent zeigen, wie schwierig die Bedingungen für die Demokratie als Regierungsform im 5. Jh. v.Chr. in Magna Graecia waren. Das Buch schließt mit einer kurzen, aber nützlichen Zeittafel, einer guten Bibliografie, in der Studien zur Demokratie vertieft werden können, und einem etwas zu knappen Namensregister.
Das Buch ist vor allem wegen der vier ausgezeichneten Studien zu den Stadtstaaten Syrakus, Kroton, Thurioi und Tarent zu lesen, die in der Forschungsliteratur oft nicht hervorgehoben werden. Und so sind gerade diese vier Studien zu begrüßen, in denen die profunden Kenntnisse des Autors wirklich spürbar werden. | Jesper Tae Jensen