Von Martin Oehlen
Staus auf der Staatsstraße wird es bestimmt gegeben haben. Ein weggespültes Teilstück, ein umgekippter Ochsenkarren, stolpernde Sänftenträger oder zum Markt drängende Händler – die Fantasie kommt schnell auf Touren, wenn man sich die Verhältnisse auf der antiken Via Belgica vorstellt. Vorstellungskraft braucht allerdings auch, wer sich heute auf die Suche begibt nach Spuren dieses herausragenden Fernwegs im römischen Niedergermanien. Denn die Zeitläufte haben beharrlich an den Überresten der Via Belgica genagt.
Die Initiative »Erlebnisraum Römerstraße« ist seit einigen Jahren bestrebt, die Via Belgica – wie auch die Via Agrippia, die von Köln über Trier nach Marseille führte – wieder stärker ins Bewusstsein zu rufen. So finden sich nicht nur Auskünfte auf Infotafeln oder Wegweiser auf Böden oder Baumstämmen. Es gibt auch einschlägige Routenvorschläge für Radfahrer und Wanderer, die von Köln bis nach Übach-Palenberg an der deutsch-niederländischen Grenze führen.
Aus der Colonia Claudia Ara Agrippinensium, der antiken Metropole mit ihren 40000 Einwohnern, führte der Weg einst über Königsdorf, Jülich, Maastricht, Tongeren, Bavai bis nach Boulogne-sur-Mer an der Atlantikküste. Den Römern ging es beim Bau dieser Straße erst einmal darum, ihre Truppen schnell von einem Ort zum anderen verlegen zu können. Doch die Benutzung stand grundsätzlich allen frei, wie Werner Eck in seinem Standardwerk »Köln in römischer Zeit« festhält. In der Mitte war die Straße auf einer Breite von 5 bis 8 m mit Kies geschottert, an den Seiten gab es ähnlich großzügige Sandstreifen, die wiederum von Gräben zur Entwässerung eingefasst waren. Während der »Schwerlastverkehr« den Mittelstreifen nutzte, wie Eck schreibt, waren die Reiter und Fußgänger auf den Sandstreifen unterwegs.
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Vom Römergrab über das Ubiermonument bis hin zu den römischen Thermen in Zülpich – in und um Weiden gibt es viel zu entdecken.
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In Köln befand sich das Stadttor Richtung Westen dort, wo heute die romanische Kirche St. Aposteln am Neumarkt steht. Von hier aus geht es schnurgerade gen Westen, vorbei am 1810 eröffneten Friedhof Melaten, auf dessen Eingangsportal ein antikisierendes »Funeribus Agrippinensium Sacer Locus« gemeißelt steht. Südlich des Rhein-Energie-Stadions, Heimat des 1. FC Köln, erinnert ein Steinsarkophag an einen dort entdeckten Gutshof aus der Römerzeit. 5 km weiter ist dann das »Römergrab Weiden« erreicht.
Am schönsten lässt sich die Via Belgica womöglich im Königsdorfer Forst erahnen. Hier mussten die römischen Baumeister vom geraden Weg abweichen, um ein Feuchtgebiet zu umgehen. Einzelne Straßen in den umliegenden Ortschaften sind im alten Bett angelegt. Doch wo sich der Tagebau Hambach durch den Boden gefressen hat, sind alle Spuren gelöscht. Immerhin konnten die Archäologen die Trasse noch vor dem Einsatz der Bagger untersuchen. Auskünfte über die Römerstraße gibt es dann noch einmal in Jülich, dem römischen Iuliacum. Ein Informationszentrum innerhalb der dortigen Zitadelle präsentiert einen originalen Querschnitt der Via Belgica. Kein Zweifel: Es war ein Highway der Antike.
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