(lat. domare: zähmen, bezwingen; domesticus: häuslich, zum Haus gehörig bzw. domes: Gefährte, Begleiter): Meist übersetzt als „Haustierwerdung“. D. ist der Überbegriff für die Zähmung, Auswahl und (planmäßige) Züchtung von Wildtieren und -pflanzen. Entscheidend für den Domestikationsprozess ist der Ersatz der natürlichen Selektion durch menschliche Zuchtwahl entsprechend dem jeweiligen Zuchtziel, z.B. Arbeitskraft, Fleischertrag, Milchleistung, Wolle, Fruchtgröße, Kornzahl, Krankheitsresistenz. Als Sekundärgewinn fallen Knochen, Horn, Sehnen, Leder oder Pflanzenfasern zur Produktion verschiedenster Gebrauchsgegenstände an. D. von Haustieren und Kulturpflanzen und die damit verbundene Erweiterung der Ressourcen geht mit einem sprunghaften Anstieg der Bevölkerungsdichte einher. Feldbau setzt Sesshaftigkeit voraus. Getreide und andere Pflanzen müssen bewässert, gedüngt und vor Fraßräubern geschützt, Saatgut aufbewahrt werden. Zur Tierhaltung sind planmäßige Weidewirtschaft und die Möglichkeit der Zufütterung im Winter, für beide Sparten also eine gewisse Vorratshaltung erforderlich. Als ältestes Haustier gilt der Hund, die frühesten Belege datieren ins Jungpaläolithikum (Paläolithikum), als älteste Nutztiere wurden seit dem frühen Neolithikum Schaf, Ziege, Schwein und Rind gehalten, später kamen Pferd und noch später u.a. Huhn, Taube, Katze, Kaninchen oder Honigbiene hinzu. Die ersten angebauten Getreidesorten waren Emmer und Einkorn, später Dinkel und Gerste, dazu Erbse, Linse, Schlafmohn und Flachs. Von einigen waren die jeweiligen Ausgangsformen im Wildbestand vor Ort vorhanden (z.B. Wolf, Wildschwein, Auerochse), Andere mussten eingeführt werden. Als Domestikationsmerkmale bei Tieren gelten z.B. Verringerung des Hirngewichts, Verkürzung des Gesichtsschädels, Verlust der Tarnfärbung und Rückbildung des Instinktverhaltens. Durch Wegfall des natürlichen Selektionsdrucks können sich Formen fortpflanzen, die in freier Wildbahn keine Überlebenschance hätten.
Autor: Joachim Wahl