Abgeleitet von altgr. palaios (= alt), demos (= Land, Volk) und graphein (= schreiben, einritzen), wörtlich: „Beschreibung alter Völker“. Teilbereich der Palä(o)anthropologie und Prähistorischen Anthropologie. Ziel ist die Rekonstruktion von Aufbau, Umfang und Entwicklung (vor)geschichtlicher Populationen. Demographische Analysen rezenter Bevölkerungen basieren stets auf den Daten aller im Beobachtungsraum gleichzeitig Lebenden, sie sind repräsentativ für den Zeitpunkt der Erfassung und werden regelhaft in Angaben pro 1.000 berechnet (sog. Querschnittsuntersuchungen). Die abgefragten Parameter beziehen sich auf die gegebene Zusammensetzung der Population, d.h. deren Struktur nach Alter und Geschlecht. Weitere Differenzierungen erfolgen u.U. nach sozialen Aspekten (Einkommen), ethnischer Herkunft usw. Entwicklungen ergeben sich durch den Vergleich zeitlich versetzter Erhebungen (Längsschnittuntersuchungen). Aus prähistorischem Kontext liegen dagegen nur sterbliche Überreste (Skelettpopulationen) oder Schriftquellen vor. Häufig problematisch sind z.B. Belegungszeitraum und Vollständigkeit des Friedhofs sowie Anzahl und Zusammensetzung der vertretenen Generationen. Des weiteren muss geprüft werden, ob tatsächlich alle Gestorbenen im Gräberfeld bestattet wurden (Sonderbestattungen), Umfang und Zusammensetzung der vorgefundenen Skelettpopulation repräsentativ sind oder ob Umwelteinflüsse, Klima, Katastrophen, Epidemien, Migrationsbewegungen, kriegerische Auseinandersetzungen o.ä. Einfluss auf die Struktur der Bevölkerung genommen haben. Unter Vernachlässigung dynamischer Prozesse wird meist von einer stationären Population ausgegangen. Entsprechende Formelansätze erlauben die Berechnung von Siedlungsgröße, Säuglingssterblichkeit, durchschnittlicher Lebenserwartung, Sterbewahrscheinlichkeit, Geburtenhäufigkeit usw. Modellrechnungen (sog. Monte Carlo-Simulationen) haben gezeigt, dass auch bei identischen demographischen Grundgrößen die eine Population prosperieren, eine andere aussterben kann.
Autor: Joachim Wahl