Abgeleitet von altgr. palaios (= alt), trauma(tos) (=Verletzung, Wunde) und logos (= Lehre, wissenschaftliche Untersuchung), wörtlich: „Lehre von den alten Verletzungen“. Teilbereich der Palä(o)anthropologie und Prähistorischen Anthropologie. Entscheidend für die Beurteilung und Interpretation traumatischer Spuren am Knochen ist ihre klare Abgrenzung gegenüber taphonomischen Ursachen, die postmortal ebenso zu Materialverlusten und Zusammenhangstrennungen führen können (z.B. Erddruck, Verwitterung, Wassertransport, Tierverbiss und Wurzelfraß). Als Hauptgruppen gilt es, stumpfe von scharfen, direkte von indirekten und verheilte von unverheilten Gewalteinwirkungen (GE) zu unterscheiden. Schlagverletzungen gehen stets auf stumpfe, Hiebverletzungen auf scharfe GE zurück. Zunächst erfolgt die Beschreibung des Defektes hinsichtlich seiner Lage, Form und Ausdehnung sowie des Verlaufs und Profils der einzelnen Bruchkanten (Biegungs- oder Berstungsfrakturen), evtl. irreversibler Deformationen oder loser Knochenteile. Unter Berücksichtigung möglicherweise erhaltener Gerätespuren (Scharten, Teilprofile o.ä.) kann dann das zeittypische Geräteinventar auf potenziell als Waffe verwendete Gegenstände überprüft und ggf. eine plausible Täter-Opfer-Geometrie rekonstruiert werden. Manche Verletzungen gehen mit typischen Lokalisierungen einher (z.B. Amputationen, Exartikulationen). Sog. Parierfrakturen liegen regelhaft im distalen Drittel der (linken) Elle. Problematisch ist die Beurteilung von Mehrfachtraumatisierungen, da sich die Spuren der einzelnen GE vielfach überlagern, und die Ansprache des Zeitpunkts, wann eine Verletzung entstanden ist, da der Knochen – je nach Lagerung – u.U. auch Jahre nach dem Tode des Individuums biomechanisch noch wie ein frischer Knochen reagiert. Makroskopisch lassen sich erste Heilungserscheinungen nach ca. 2-3 Wochen erkennen. Rein statistisch muss davon ausgegangen werden, dass ein großer Teil der GE nur die Weichteile betrifft und keine Spuren am Skelett hinterlässt.
Autor: Joachim Wahl