Verbrennungsgrad

In Abhängigkeit von der Höhe der Temperatur sowie der Dauer der Hitzeeinwirkung lassen sich am Knochen Veränderungen hinsichtlich seiner Färbung, (Oberflächen-)Struktur, Form und Festigkeit feststellen, die mit sukzessive ablaufenden chemischen und physikalischen Vorgängen korrelieren. Nach Beobachtungen im Krematorium und Verbrennungsexperimenten können fünf Verbrennungsstufen unterschieden werden:

I.                    (bis um 250°C) Knochen gelblichweiß, elfenbeinfarben, glasig; erste Schrumpfung 1 – 2 % durch Wasserverlust.

II.                 (etwa 300°C – um 400°C) Knochen braun, dunkelbraun, schwarz; unvollständige Verbrennung bzw. Verkohlung der organischen Bestandteile.

III.               (ca. 500°C – etwa 600°C) Knochen grau, blaugrau, hellgrau; Kompakta innen manchmal noch schwarz.

IV.              (um 650°C – ca. 750°C) Knochen milchig weiß, matt kreideartig; Bruchstücke wenig widerstandsfest, Oberfläche abreibbar.

V.                 (ab etwa 800°C) Knochen schmutzigweiß, hellbeigefarben o.ä. je nach Liegemilieu, im Bruch altweiß; Fragmente hart und spröde infolge Festkörperreaktion (Sinterung); Auftreten typischer Hitzerisse (nur bei Knochen, die im Frischzustand verbrannt werden), maximale Schrumpfung bis 25%.

Bei der Beurteilung von Zahnresten gilt eine leicht abweichende Farbskala. Bei ca. 500-600°C erscheint der Zahnschmelz schwarz teerglänzend. Zahnkronen sind bei Leichenbränden der Verbrennungsstufen IV. und V. nur erhalten, wenn sie noch nicht durchgebrochen waren. Feuchte Lagerung, Metallbeigaben, ein hoher Arsen- oder Mangangehalt im Boden können ebenfalls zu einer Braun- bis Schwarzfärbung von Knochen führen und Feuereinwirkung vortäuschen. Nur wenige Leichenbrände weisen durchgehend einen homogenen Verbrennungsgrad auf. Vielfach finden sich innerhalb eines Brandes sowohl Teile in Stufe III. als auch in Stufe V. Da erst in Stufe V. die maximale Schrumpfung erfolgt, erscheinen die geringer verbrannten Stücke robuster und können als von einem zweiten Individuum stammend fehlinterpretiert werden.

Autor: Joachim Wahl

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