Archaische Mythen aus Bernstein
(Gebundene Ausgabe)
Die Rezeption griechischer und etruskischer Kunst in Belmonte Piceno
- Ein neuer Blick auf die archaische Kunst der vorchristlichen Zeit
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Opulent bebilderter Band
- Philipp von Zabern in der Verlag Herder GmbH
- 1. Auflage 2024
- Gebunden
- 480 Seiten
- ISBN: 978-3-534-64029-4
- Bestellnummer: P3640299
Ein ungewöhnlicher Kunstschatz
Im Jahr 2018 wurde in Belmonte Piceno ein Kästchen aus Elfenbein ausgegraben, dessen eingelegte Bernsteinfiguren griechische Mythen mit Perseus, Medusa, Achilles und Ajax zeigen. Einen solchen Gegenstand hätte niemand im antiken Picenum erwartet, einer ostitalienischen Region in den heutigen Marken, welche vor allem durch ihre bronzenen Schmuckstücke bekannt ist.
Der außergewöhnliche Fund ist wegweisend für die Erforschung der archaischen Kunst und ihrer sozialen und politischen Hintergründe. Es ergeben sich neue Zusammenhänge zum Repertoire an figürlicher Kunst der Mittelmeerwelt. So ist die detailreiche Gestaltung der Bernsteinfiguren von der frühattischen schwarzfigurigen Vasenmalerei eines Sophilos und Kleitias inspiriert. Das Kästchen erinnert in seinem Figurenreichtum an die Kypseloslade aus Olympia, steht aber technisch in der Tradition älterer vorderorientalischer und vor allem etruskischer Elfenbeinpyxiden.
Es dürfte von einem Handwerker hergestellt worden sein, der zwischen 560 und 540 v. Chr. in Chiusi, Cortona oder vielleicht sogar in Belmonte Piceno tätig gewesen ist und dabei einen neuen Kunststil auslöste, der griechische, etruskische und italische Elemente miteinander kombinierte. Das Kästchen wirft auch ein neues Licht auf die Kontakte zwischen Ostitalien und Mitteleuropa, denn die in dem Sphingendeckel eingelegten Bernsteinköpfchen besitzen große Ähnlichkeiten zu den Funden aus dem hallstattzeitlichen Grabhügel vom Grafenbühl in Baden-Württemberg.
In dem reich illustrierten Buch werden zudem alle von Dall'Osso zwischen 1909 und 1911 entdeckten figürlichen Schnitzereien aus Elfenbein, die heute als verschollen gelten, sowie die einzigartigen Bernsteinskulpturen auf Grundlage der erst 2019 wiederaufgefundenen Grabungsdokumentation untersucht. Die Beigaben aus den neu entdeckten Bestattungen ermöglichen dabei ungewöhnliche Einblicke zur Verwendung und Tragweise dieser Kostbarkeiten.
Darüber hinaus gibt das Buch einen Überblick über den Forschungsstand zur Eisenzeit im Picenum, wobei der Schwerpunkt auf dem Gräberfeld von Belmonte Piceno liegt. Durch die umfangreiche Einbeziehung anderer Kunstgattungen wird die Besonderheit des Fundorts deutlich, die auf direkte Beziehungen der Oberschicht mit Etrurien und Griechenland zurückzuführen ist.
Autor
Joachim Weidig hat Vor- und Frühgeschichte, Klassische Archäologie und Anthropologie in Jena, Marburg, Wien und Siena studiert. Er erforscht seit mehr als 20 Jahren die vorrömischen Hinterlassenschaften in den Abruzzen, Umbrien und den Marken. Seit 2016 leitet er das DFG-Projekt zur eisenzeitlichen Nekropole in Belmonte Piceno an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.