Sprache – Software des Geistes (eBook (PDF))

Unser Geist: sprachlich verfasst

Einzigartig, hochkomplex und ungeheuer leistungsfähig ist die menschliche Sprache. Was sie zustande bringt, geht weit über alles hinaus, was die Kommunikation anderer Lebewesen vermag. Das gilt für alle der rund 6500 bis 7000 Sprachen der Welt. Aristoteles stellte lakonisch fest: Der Mensch ist das Wesen, das Sprache hat. Sie ist sein Alleinstellungsmerkmal. Sie zeichnet ihn vor allen andern Arten aus. Und intuitiv wissen wir auch, dass menschliche Sprache und menschlicher Geist eng miteinander verbunden sind. Doch wie konnte sie überhaupt entstehen? Glaubt man nicht daran, dass sie dem Menschen von einem Gott verliehen wurde, ruft das Phänomen nach einer Erklärung. Seit dem «linguistic turn» vor einem guten Jahrhundert kreist die Philosophie um die Sprache, und die Linguistik widmet sich ohnehin ihrem Verständnis. Dieses Buch führt die beiden Disziplinen zusammen. Es entwickelt eine Erklärung für das Phänomen menschliche Sprache, ohne dabei auf ein angeborenes «Sprachmodul» zurückzugreifen, wie es der einflussreiche Linguist Noam Chomsky versucht hat. Stattdessen zeigt das Buch auf, welche kognitiven Fähigkeiten für Sprache notwendig sind. Der Autor findet sie in einer Handvoll geistiger Kompetenzen: Mustererkennung, symbolischem, inferentiellem und syntaktischem Denken sowie im spezifisch menschlichen Vermögen, in gemeinsamer Absicht zu handeln. Für sich ist jede dieser Fähigkeiten wenig spektakulär, in ihrem Zusammenwirken indessen schaffen sie ein einzigartiges Werkzeug zur Kommunikation und zum Verständnis der Welt. Diese kognitiven Fähigkeiten sind uns auch aus andern Handlungsfeldern vertraut, sie stellen somit allgemeine geistige Fertigkeiten dar. Insofern lässt sich die Sprache als Manifestation des Geistes lesen. Indem wir die Sprache verstehen, verstehen wir den Geist. Er ist sprachlich verfasst. Sie ist seine Software. Zwar sind die sprachnotwendigen kognitiven Fähigkeiten zum Teil bei anderen Spezies ansatzweise schon angelegt. Aber erst ihr cleveres Zusammenspiel ermöglicht eine voll ausgebildete menschliche Sprache. Mit ihr überschreiten wir Schwellen, hinter denen sich ganz neue Welten des Geistigen auftun.