"Gerechter Krieg" und "Niemandsland" (Gebundene Ausgabe)

Rechtfertigungsideologien für Kolonisierung und Versklavung durch europäische Mächte c.1500-1800

  • wbg Academic in der Verlag Herder GmbH
  • 1. Auflage 2024
  • Gebunden
  • 300 Seiten
  • ISBN: 978-3-534-64151-2
  • Bestellnummer: P3641511

Wie normative Argumentationen ihre moralische Glaubwürdigkeit verlieren

Zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert erlangten westeuropäische Mächte die Herrschaft über weite Teile der Welt. In diesem Zuge erreichten Versklavung und Sklavenhandel bis dahin unbekannte Dimensionen. Wie konnte man diese Formen der Unterdrückung und Ausbeutung für berechtigt halten, wie „begründete“ man Landnahme und Versklavung? Mit dieser Frage beschäftigt sich das vorliegende Buch. Es handelt von Rechtfertigungsversuchen für die nichtrechtfertigbare Kolonisierung und Versklavung, und komplementiert so die gegenwärtigen Studien zu den Prozessen der politischen sowie der mentalen Dekolonisation.
Der in diesem Buch untersuchte Diskurs wurde innerhalb der kolonisierenden Mächte von frühneuzeitlichen Humanisten und Scholastikern, Protestanten und Katholiken getragen und unterlag diversen Verschiebungen. Sie zeigen sich in den vielfältigen Wechselwirkungen zwischen der Sprache des Naturrechts, der Theologie, der sich entwickelnden Ökonomie und Rechtstexten wie auch regionaler Rechtsstrukturen. Als zwei in unterschiedlichen nationalen Kontexten wiederkehrende Stereotypen erweisen sich die völkerrechtliche Konzeption des „gerechten Kriegs“ und das Bild des angeblich unbesiedelten „Niemandslands“. Während die erste Variante häufig von den iberoromanischen Theologen und Völkerrechtlern der sog. Spanischen Scholastik bemüht wird, greifen britische und auch niederländische Autoren eher auf das Bild des leeren Raumes zurück, da sie die Anwesenden aufgrund eines angeblich niedrigen Zivilisationsgrades nicht als rechtsfähige Subjekte anerkennen.
Außerdem rückte immer wieder das Menschenbild ins Zentrum der Diskussion. Hier verweisen die Verschiebungen auf eine Widersprüchlichkeit: So nahmen europäische Intellektuelle im 16. Jahrhundert nicht durchweg an, dass alle Menschen gleich vor dem Gesetz seien, doch beanspruchten die Argumentationen auch bei nicht-christlichen, nicht-europäischen Menschen Überzeugungskraft, die insofern auch als Gesprächspartner ernst genommen wurden. Dagegen dominiert im 18. Jahrhundert die Annahme der Gleichheit der Menschen als Personen und es entsteht die Idee der Freiheit als unveräußerliches Recht aller Menschen, während man die Inferiorität der Nicht-Christen bzw. Nicht-Europäer, insbesondere der Nicht-Weißen für selbstverständlich hält. Die natürliche Freiheit der Menschen wird weder als Widerspruch zu deren massenhafter Deportation aus dem afrikanischen Kontinent noch zur Infragestellung der europäischen Vorherrschaft thematisiert.
Zur Bewegung des Diskurses gehört eine Wanderung von einer theologisch dominierten Umgebung in die neuzeitlich, wesentlich säkularisierte, „wissenschaftliche“ Diskussion zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert. Darüber hinaus gab es eine geographisch inspirierte Wanderung der Argumentationsfiguren aus dem katholischen Südwesten in eher protestantisch dominierte nördlichere Teile Europas, zudem von der „alten Welt“ hin zu einer transatlantischen Umgebung.

Autor/in

Christoph Haar ist Akademischer Rat a. Z. für Neuere Geschichte an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Seine Forschungsinteressen liegen in der Kultur- und Ideengeschichte sowie der europäischen und der Globalgeschichte der Frühen Neuzeit.

Autor

Matthias Kaufmann war von 1995 bis 2020 Professor für Philosophie (Ethik) an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Seine Arbeitsschwerpunkte sind u. a. Rechtsphilosophie und politische Philosophie der Neuzeit.

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