Verzicht
(Gebundene Ausgabe)
Mediävistische Perspektiven
- wbg Academic in der Verlag Herder GmbH
- 1. Auflage 2025
- Gebunden
- 316 Seiten
- ISBN: 978-3-534-64155-0
- Bestellnummer: P3641552
Weniger als erwartet – Verzichten als Gegenstand der interdisziplinären Mittelalterforschung
Verzicht ist ein Wort der Stunde – ein Reizwort. Denn weniger zu tun als üblich oder nicht mehr zu handeln, wie es erwartet wird, irritiert. Dieser Gedanke wird hier für das Mittelalter fruchtbar gemacht. Der interdisziplinäre Band schlägt in diesem Sinne vor, Verzicht handlungstheoretisch zu verstehen. So wird er auf vielfältige Phänomene übertragbar. Erstmals für das Mittelalter versammelt der Sammelband Beiträge zum Verzicht auf ganz verschiedene Dinge: auf Ämter, auf Rache, auf Komfort, auf Darstellungskonventionen.
Die Beiträger:innen verstehen Verzicht als Unterbrechung von Erwartbarem. Dabei wird deutlich, dass Verzicht riskant ist, denn er unterläuft Routinen. Verzicht ist aber auch eine Form des Tauschs, denn er verspricht einen Mehrwert. Und Verzicht ist weder ganz freiwillig noch völlig unfreiwillig und lädt so ein, Handeln zwischen Gewohnheit, Änderungsdruck und Eigensinn zu untersuchen.
Die einzelnen Beiträge untersuchen Verzichtsphänomene in verschiedenen Zeiten und Räumen – vom Frühmittelalter bis in die Renaissance, von Island bis Byzanz. Sie fragen nach Logiken, Semantiken und Szenarien des Verzichtens. Deutlich wird: Verzicht ist im Mittelalter nicht allein ein Phänomen von Askese, Mönchtum und Frömmigkeit. Vielmehr ist er ein Handlungstyp, der auch innerweltlich relevant ist und Fragen nach sozialen Konventionen aufwirft. In der fächerübergreifenden Zusammenschau werden Situationen des Weniger- und Nicht-mehr-Tuns vergleichbar. So erschließt der Band neue Perspektiven auf Routinen, Risiken und Handlungsspielräume in mittelalterlichen Gesellschaften.
Herausgeber
Philipp Winterhager ist Mittelalterhistoriker und arbeitet an der Humboldt-Universität zu Berlin. Er forscht zu Semantiken im Erzählen über materielle Gaben und zum Verzicht auf kirchliche Ämter im Hochmittelalter.