Mobile Identitäten (Open Access (PDF))

Praktiken und Diskurse der Eliten von Blumenau, Brasilien (1929–1950)

  • "Deutschtum", "Brasilianität" oder "Pluralität der Kultur"?
  • Veränderungen und Kontinuitäten in Identitätsdiskursen
  • OPEN ACCESS
  • wbg Academic in der Verlag Herder GmbH
  • 1. Auflage 2024
  • Open Access
  • 302 Seiten
  • ISBN: 978-3-534-64180-2
  • DOI: http://dx.doi.org/10.17169/refubium-44532
  • Bestellnummer: P3641800

Identitätskonstruktionen deutscher Eingewanderter in Blumenau vor dem Hintergrund ethnischer Feiertage und staatlicher Nationalisierungspolitik

Das südbrasilianische Blumenau, gegründet als Privatkolonie durch den Chemiker Hermann Blumenau, galt in deutschen Kolonialdiskursen als Beispiel für ein erfolgreiches Kolonisierungsprojekt in Übersee und in brasilianischen Kreisen als "deutscher" Ort. Während des Estado Novo (1937–1945) wurde es von der Regierung, der Armee und einem Teil der brasilianischen Intellektuellen als Grenzgebiet der Nation betrachtet. Aus diesem Grund war es eines der Hauptziele der Nationalisierungspolitik für Einwanderer und ihre Nachkommen. Die Unterdrückung, die Verbote und die Einführung von Praktiken, die darauf abzielten, die "Brasilianität" aufzubauen, wirkten sich auf das kulturelle und politische Leben in der Gemeinde aus.

Ziel des Buches ist es, die Veränderungen und Kontinuitäten in den Identitätsdiskursen der Bevölkerung von Blumenau zwischen zwei Gedenkfeiern zu untersuchen: dem hundertsten Jahrestag der deutschen Einwanderung nach Santa Catarina (1929) und dem der Gründung der Kolonie Blumenau (1950). Die Autorin zeigt die enge Beziehung zwischen Kultur und Politik und beleuchtet die Akteure, Reaktionen, Aushandlungen, Widerstände und Anpassungen der lokalen Eliten in der Zeit des Vargismus (1930–1945) und des Zweiten Weltkriegs sowie die Auswirkungen auf die Neuformulierung von Identitätsdiskursen.

Wie das Buch zeigt, war der Diskurs, der Blumenau 1929 als "engere Heimat" in Brasilien oder sogar als "Musterkolonie" dank der Aufrechterhaltung des Deutschtums darstellte, nach dem Ende des Krieges und des Estado Novo-Regimes in der Öffentlichkeit tabu. 1950, im Kontext der Demokratisierung, verteidigten einige Mitglieder der lokalen Eliten das Recht auf kulturelle Besonderheiten und betrachteten die "Pluralität der Kultur" als Faktor für wirtschaftlichen Fortschritt, während sie gleichzeitig die "Brasilianität" der Stadt bekräftigten. Der verbotene Diskurs über die Überlegenheit der "deutschen" Arbeit wurde angepasst, indem die Rolle der europäischen Einwanderer bei der Industrialisierung von Blumenau und des Itajaí-Tals betont wurde.

Autorin

Frotscher, Méri

Méri Frotscher

Historikerin

Méri Frotscher ist Professorin im Fachbereich Geschichte an der Universidade Estadual do Centro-Oeste do Paraná (Brasilien). Ihr Hauptforschungsinteresse gilt der Migration.

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