Außengelände in Kitas naturnah und bewegungsreich gestaltenDrei Fragen an Pascal Bury und Yannic Stadelmann

Drei Fragen an Pascal Bury und Yannic Stadelmann
© Privat

Wenn Sie an naturnahe Außenspielflächen in der Kita für Kinder im Alter zwischen 2 und 10 Jahren denken, welche Bilder kommen Ihnen da in den Kopf?

Pascal Bury (PB): Ich muss sofort an eine Einrichtung denken, die wir die letzten Jahre begleitet haben. Sie hatte das Pech durch unglücklich gewachsene Räume mit der Krippengruppe in den Keller ziehen zu müssen. Als Außenspielfläche gab es nur noch Rettungstreppen und Betonwände, die einen kleinen, versiegelten Hof rahmten.
So sollte es natürlich nicht sein. Ein ebenerdiger Ausgang zu einem grünen Garten, mit einer (sanften) Hügelmodulation sollten die Grundlage bilden. Dazu braucht es natürliche, nachhaltige und einheimische Beschattung, was natürlich etwas Pflege voraussetzt.

Yannic Stadelmann (YSt): Mein erstes Bild war eher in Richtung Wald, weil es gerade bei sommerlichen Temperaturen oft wünschenswert ist, einen guten Baumbestand zu haben. Pflanzen sorgen außerdem für eine natürliche Gliederung der Flächen. Bei den Elementen im Außenspielbereich plädieren wir immer für Naturmaterialien. Verschiedene Hölzer, Steine, Stöcke usw. bieten an sich schon viele sinnliche Anreize. Andere haptische Erlebnisse können z. B. Schnitzereien oder Mosaikflächen sein.

PB: Eine Möglichkeit zum Toben und Auspowern darf aber auch nicht fehlen. Also Kletter- oder Balanciermöglichkeiten und dabei nicht nur Klettergerüste, auch große Findlinge oder ein besonders geformter Stamm können das bieten. Und ein Rückzugsort für hinterher, wenn man müde ist oder einfach mal seine Ruhe braucht.

Kein Geld, ein kleines Außengelände, keine Unterstützung von außen … – was können pädagogische Fachkräfte trotzdem tun, um ihr Außengelände ratzfatz in eine Abenteuer-, Entdecker- und bewegungsreiche Spiel- und Erfahrungswelt zu verwandeln?

YSt: Es sollten unbedingt Räume geschaffen werden – und diese sollten so strukturiert sein, dass es für die verschiedenen Spiel- und Erfahrungswelten auch verschiedene Möglichkeiten und Angebote gibt. Hier helfen oft Pflanzungen wie Weiden, Hasel oder andere einheimische Sträucher, um Naturhäuser, Flechtzäune usw. selbst bauen und nebenbei Bereiche abpflanzen (im Sinne von abtrennen) zu können. So entstehen spannende Ecken.

PB: Und zum vollständigen Verwandeln muss man diese Ecken dann mit Inhalten oder Themen füllen. Unserer Erfahrung nach ist eine Bauecke immer ein Gewinn. Hierfür können verschiedene mobile und natürliche Baumaterialien z. B. Baumscheiben, Bretter, Paletten oder auch Lehm für Lehm- oder Vulkanöfen Wunder wirken. Die Kinder werden daraus alles erfinden können. Auch eine Kreativecke, so etwas wie ein Außenatelier ist toll, wenn man den Platz hat. Ansonsten empfehlen wir, die vorhandenen Materialien und die Ausstattung immer wieder zu prüfen. Mit etwas Kreativität ist es oft möglich, ganz unkompliziert eine zusätzliche Funktion oder eine neue Spielmöglichkeit aus dem zu kombinieren, was vorhanden ist.

Wenn eine Kita ihr Außengelände naturnah, sinnes- und erlebnisreich gestalten möchte: Wie können die Fachkräfte die Kinder bei der Ideenfindung, Planung und Ausführung mitbestimmen und -gestalten lassen?

YSt: Kinder wissen meist genau, was sie brauchen, sie sind Experten in eigener Sache. Die Herausforderung besteht eher darin, eine regelmäßige Gesprächs- und Partizipationskultur gemeinsam einzuüben. Werden Kinder nur einmal gefragt, dann antworten sie meist, dass eine Rakete oder ähnlich schwer Umsetzbares im Außengelände fehlt. Nimmt man Mitbeteiligung jedoch ernst, müssen gemeinsam und ganz konkret die Dinge benannt und bewertet werden. Plötzlich wird dann klar, dass die Schaukel doch super ist, die Wippe aber weg kann und die Rutsche mehr Beschattung braucht. Hierfür bietet es sich an, mit den Kindern gemeinsam und Schritt für Schritt durch das Außengelände zu gehen.

PB: Kindern in Planung und im Bau unbedingt Mitgestaltungsmöglichkeiten bieten! Das gelingt z. B. mit Farbe oder Mitbeteiligungsaktionen oder anderen Schätzen, mit denen sie ihre Spuren auf dem Gelände hinterlassen können. In der Planung ist die eben beschriebene gemeinsame Bedarfsermittlung, also das gemeinsame Begehen und Bewerten des Außengeländes ein super Mittel, um die Bedürfnisse gut berücksichtigen zu können. Im Bau gibt es dann verschiedene Möglichkeiten wie gemeinsame Pflanzaktionen oder das Gestalten von Einfriedungen, Wegen usw. Als kleiner Nebeneffekt kann man hier davon ausgehen, dass die teilnehmenden Kinder das selbst mitgebaute sehr schätzen und selbstständig pflegen.

Mein Name ist Pascal Bury.

Ich arbeite als Spielraumplaner bei der Firma bagageArt (www.bagageArt.de).

Das kann ich besonders gut: Skizzen sind bei unserer Arbeit essentiell. Diese können nicht das Reale abbilden, sie sollen vielmehr den Inhalt anschaulich darstellen und die zugehörigen Emotionen transportieren. Hier übe ich mich in der Reduzierung auf das Wesentliche, bin aber sicher, dass das immer noch besser werden kann.

Deshalb gestalte ich Spielorte für Kinder: Während meines Studiums als Architekt ist mir aufgefallen, dass den Außenräumen zunehmend weniger Beachtung geschenkt wird. Gerade bei Außenräumen für Kinder sind diese aber sehr wertvoll, zumal Außenräume – vor allem naturnahe Außenräume im privaten Umfeld – ebenso weniger werden. Hier sehe ich zum einen die Notwendigkeit, zum anderen macht es mir sehr viel Spaß.

Mein Lieblingsmaterial bei der Spielplatzgestaltung: Ist die Erde. Ein Hügel, ein Tal, die Spannung dazwischen. Das alles lässt genügend offen und bietet gleichzeitig Räume, die vom Kind erobert und zu eigen gemacht werden können. Dass Rasen darauf wächst oder Schlammpfützen entstehen, ist hierbei ein weiterer Vorteil, der im Jahresverlauf viel Veränderung mit sich bringt.

So begrüßen wir uns bei der gemeinsamen Arbeit: Moin, moin.

Als Kind, habe ich an den folgenden Orten am liebsten gespielt: Draußen. Für mich war es ein Glück auf dem Dorf mit viel Verwandtschaft aufzuwachsen. Hier und da gab es Äcker, Wiesen oder Reben, in denen ich wusste, dass ich dort sein darf. Spuren von Fahrradrennen, Höhlen und Lagerfeuern fand man überall.

Meine Lieblingsbeschäftigung(en) heute ist (sind): Gärtnern und Kochen. Am besten natürlich mit den eigenen Zutaten aus dem Garten. Das teile ich zum Glück auch mit meiner Freundin und vielen Freunden.

In der Natur bin ich hier besonders gern: In unserem Gemüsegarten, wohin ich meine Nichten gerne mitnehme, um gemeinsam nach den Pflanzen zu sehen und womöglich zu ernten.

Dieses Wort oder diesen Satz sage ich besonders häufig: Hinterher ist man immer schlauer. Deswegen gerne vieles ausprobieren! 

An diesem Ort sollte jede pädagogische Fachkraft schon einmal gewesen sein: Beim nächstgelegenen Wald, beim nächstgelegenen See und bei der nächstgelegenen Wiese zur jeweiligen Einrichtung. Wenn man das kennt, kann man mit den Kids dort immer wieder neue Entdeckungen machen.

Was sollte jedes Kind einmal erlebt haben: Eine Pflanze selbst wachsen zu lassen. Am besten einen eigenen Baum vom Samen an selbst großziehen und womöglich jahrelang beobachten, was daraus entsteht.

Das sollte jedes Kind in der Kita finden können: Möglichkeit zur Begegnung mit allen. Den anderen Gruppen, den anderen Eltern, dem Personal und den Handwerker:innen, Besucher:innen, die das Haus und das Gelände täglich durchqueren.

Das sollte jede Fachkraft in der Kita finden können: Eine freie Fläche. Flächen, die sich die Fachkraft für ihre Ideen zu eigen machen kann. Auch nur für eine Einheit oder einen bestimmten Zeitraum. Innen oder außen, überdacht wäre gut, damit sie und die Kinder ihre mehrtägigen Projekte liegen lassen und wieder aufnehmen können.

Mein Name ist Yannic Stadelmann.

Ich arbeite als Spielraumplaner bei der Firma bagagePlan (www.bagageplan.de).

Das kann ich besonders gut: Durch einen kreativen Ansatz Probleme lösen bzw. Lösungen herbeiführen.

Deshalb gestalte ich Spielorte für Kinder: Um Spielplätze naturnah zu bewahren.

Mein Lieblingsmaterial bei der Spielplatzgestaltung: Robinienholz

So begrüßen wir uns bei der gemeinsamen Arbeit: Moin, moin.

Als Kind, habe ich an den folgenden Orten am liebsten gespielt: Im Garten

Meine Lieblingsbeschäftigung(en) heute ist (sind): Sport und Zeichnen

In der Natur bin ich hier besonders gern: Am Wasser

Dieses Wort oder diesen Satz sage ich besonders häufig: Alles klar!

An diesem Ort sollte jede pädagogische Fachkraft schon einmal gewesen sein: Im Tarotgarten (Il Giardino dei Tarocchi) der Künstlerin Niki de Saint Phalle (1930–2002)

Was sollte jedes Kind einmal erlebt haben: Eine richtige Sandburg bauen (oder bei Regen eine Matschburg).

Das sollte jedes Kind in der Kita finden können: Eine Kreativecke/Atelier

Das sollte jede Fachkraft in der Kita finden können: Eine beschattete Märchen-, Vesper-, Sitzecke im Freien

Die Fragen stellte Monika Janzer.

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