FRAGE AUS DER PRAXIS:
„Die Eltern von Lenya (1;2 J.) nutzen auch Gebärden, um mit ihrer Tochter zu kommunizieren. Sollten wir das in der Krippe jetzt auch so machen?“
(Hannah Stern aus Lüneburg)
ANTWORT DER EXPERTIN:
Zeigen Eltern ihrem Kind Gebärden, so dienen diese im Alltag – zusätzlich zum gesprochenen Wort – als visuelle Variante eines Begriffs. Bspw. führt das Elternteil eine lockere Faust zum Mund, wenn es das Kind fragt: „Möchtest du etwas essen?“ Pädagogische Fachkräfte nutzen üblicherweise dasselbe Prinzip, wenn sie z. B. zu einem Fingerspiel sprechen und dabei an einer bestimmten Stelle verlässlich eine Handbewegung zeigen. Bei dem Vers „Wie das Fähnchen auf dem Turme“ etwa zeigen sie den Kindern eine fl ache, sich bewegende Hand für den Begriff „Fahne“.
Es spricht also aus pädagogischer Sicht nichts dagegen, mit den Eltern ins Gespräch zu gehen und sich für die Handbewegungen zu interessieren, die dem Kind bereits vertraut sind oder die es vielleicht sogar selbst schon zeigt. Sich früh mit den zu betreuenden Kindern zu verständigen, sollte für pädagogische Fachkräfte generell eine hohe Priorität haben. Denn der Alltag lässt sich leichter gestalten, wenn sich die Mädchen und Jungen mitteilen können:
- Welches Bedürfnis haben sie?
- Welchen Gedanken möchten sie ausdrücken? Eltern, die mit ihrem Kind gebärden, haben sich i. d. R. bewusst für sog. Babygebärden entschieden. Sie haben Freude daran, mit ihrem Kind schon früh über die intuitive Kommunikation hinaus in einen Austausch zu treten. An dieses Interesse der Eltern an ihrem Kind und dessen Bedürfnissen können pädagogische Fachkräfte anknüpfen, ohne die eigene pädagogische Arbeit in Frage zu stellen. Jede Mitteilung eines Kindes an seine engen Bezugspersonen, sei es zu Hause oder in der Krippe, gilt es im Sinne der Erziehungspartnerschaft mit den Eltern wertschätzend aufzugreifen. Ebenso wichtig ist es, auf die Kompetenz des Kindes zu vertrauen. Kinder passen sich an ihre sprachliche Umgebung an.
Gebärden in der Krippe?
Ob Sie selbst mit Gebärden für Babys und Kleinkinder starten möchten oder nicht, können Sie in Ruhe für sich selbst und in Ihrem Team besprechen und entscheiden. Fragen Sie sich dabei: Ist es hilfreich für meine Arbeit, wenn sich ein Kind über Gebärden schon früh mitteilen kann? Für das Team stellt es durchaus einen Mehrwert dar, wenn zur eigenen Methodenvielfalt auch Gebärden aus der Deutschen Gebärdensprache gehören. Der inklusive Gedanke, verschiedenen Kindern gerecht werden zu wollen, ist bei Gebärden enthalten. Diese lassen sich einfach so zum Spaß zeigen oder auch bewusst als Unterstützung für Kinder einsetzen, denen es noch schwer fällt, sich sprachlich mitzuteilen. In jedem Fall bereiten Gebärden eine Brücke zwischen Kleinkindern und deren Bezugspersonen im Bereich der frühen Verständigung.