Meine Kollegin möchte mit den Kindern nicht nach draußen gehen

Frage aus der Praxis
© Florian Nütten

FRAGE AUS DER PRAXIS:

„Meine Kollegin möchte mit den Kindern oft nicht nach draußen gehen, bspw. wenn aus ihrer Sicht zu schlechtes Wetter ist. Wie kann ich darauf reagieren?“ (Vera Vogelsang aus Hamburg)

ANTWORT DER EXPERTIN:

Hier gilt aus meiner Sicht das Sprichwort: „Es gibt kein schlechtes Wetter, nur ungeeignete Kleidung!“ Es zählt zu den vorrangigen Aufgaben einer pädagogischen Fachkraft in der Krippe, das Kind in seinen Entwicklungsbedarfen wahrzunehmen, zu begleiten und zu unterstützen. Dazu gehört grundlegend die tägliche Bewegung an der frischen Luft. Das Kind möchte die konkrete, echte Welt draußen und nicht nur die abstrakte im Gruppenraum kennenlernen. Dafür tragen die Fachkräfte eine besondere Verantwortung. Der große Entdeckergeist des Kindes treibt es an, die Welt zu erforschen. Draußen ist dafür schon alles „vorbereitet“: Regentropfen, Sonnenstrahlen und Wind, feuchte Grashalme, Regenwürmer, duftende Erde, Pfützen, schwere Steine, raschelnde Blätter und das Kind selbst mit seiner Bewegungsfreude. Die Bildung von Kindern im Krippenalter erfolgt auf sinnlicher und körperlicher Ebene. Daher sind sie darauf angewiesen, ihre Umwelt unmittelbar mit allen Sinnen zu erfahren. Ich persönlich erlebte das Draußen sein mit den Kindern immer auch als konfliktarme Zeit, in der sich die Kinder, die gesamte Gruppe und die Erwachsenen entspannen können.
Es geht also im Kontext der Krippe – anders als vielleicht im Privatleben – nicht um die Entscheidung: Sollen wir bei diesem Wetter lieber drinnen bleiben? Sondern um die Frage: Wie rüsten wir uns am besten für die heutige Wetterlage, um uns draußen gut bewegen, forschen und uns alle wohlfühlen zu können? Dazu tragen bspw. für die Kinder gut erreichbare, der Witterung angepasste (Wechsel-)Kleidung und Forschermaterialien wie Schaufeln und Eimer sowie z. B. draußen angehäufelte kleine Sandberge bei.
Hinter dem „Schlecht-Wetter-Argument“ könnte auch etwas anderes stecken: Vielleicht scheut die Kollegin die oftmals als anstrengend erlebte Anziehsituation im meist beengten Garderobenbereich. Diese verleitet dazu, die Kinder schnell anzuziehen, um möglichst viel Zeit mit ihnen draußen verbringen zu können. Das kann Stress erzeugen. Mein Tipp: Statt mit der ganzen Gruppe gleichzeitig in die Garderobe zu gehen, können Sie die Kinder dort einzeln anziehen, während ein Kollege bzw. eine Kollegin mit den bereits fertig angezogenen Kindern hinausgeht. Es lohnt sich, auch dieser Alltagssituation Zeit und Raum zu geben. Wie nebenbei ergibt sich beim Ankleiden eine intensive Beziehungssituation. Diese Zuwendung unterstützt das Kind dabei, sich gut in der Gruppe zurechtzufinden und sich anschließend ins Spiel vertiefen zu können.
Versuchen Sie, Ihre Kollegin mit Überlegungen und Argumenten für diese Sichtweise zu begeistern. Denn was die Kinder draußen in der Natur über die Welt und über sich selbst erfahren, lässt sich ihnen nicht mithilfe von Bilderbüchern vermitteln. 

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