Brunos Mutter beschwert sich, dass er zu wenig Bilder mit nach Hause bringtFrage aus der Praxis

„Brunos (2;4 J.) Mutter beschwert sich, dass er nicht produktiv genug in der Krippe ist und zu wenig Bilder mit nach Hause bringt. Wie können wir darauf reagieren?“

Mechthild Becker aus Dortmund

Antwort der Expertin:

In der Beschwerde der Mutter kommt eine Sorge zum Ausdruck. Eine Sorge darüber, ob Bruno genügend in der Krippe lernt, sich ausreichend entwickelt und inwiefern Sie als pädagogische Fachkraft dies im Blick haben. Mit dem Wechsel in die Krippe bleibt den Eltern plötzlich ein Großteil des Tages ihrer Kinder verborgen. Es bleibt verborgen, was die Kinder erleben, womit sie sich beschäftigen und wofür sie sich interessieren. Die Forderung von Brunos Mutter nach sichtbarer Produktivität beinhaltet das Bedürfnis, mehr Einblicke zu bekommen in das, was ihr Kind in der Krippe macht und erlebt. Produktivität wird aus einer Erwachsenenperspektive allerdings nur allzu oft mit sichtbaren Produkten und Ergebnissen in Verbindung gebracht. Prüfen Sie doch selbst einmal, inwiefern Sie Lern- oder Gestaltungsprozesse der Kinder ohne sichtbares Ergebnis für sich als produktiv würdigen? Die Produktivität von Kindern und v. a. Krippenkindern kommt jedoch überwiegend im Prozess zum Ausdruck, im sinnlichen Wahrnehmen und Erkunden, im Experimentieren und Beobachten. Für Kinder in dem Alter steht ein vorzeigbares Ergebnis zunächst nicht so sehr im Fokus. Ein Kind, das einen Turm mit Bauklötzen baut, diesen umwirft und wieder aufbaut, ist unglaublich produktiv. Ein Kind, das wiederholt versucht, mit dem Löffel Erbsen vom Teller aufzuladen, ist unglaublich produktiv. Ein Kind, das andere Kinder beim Spielen beobachtet, ist unglaublich produktiv. Ein Kind, das Farben mit Wasser vermischt und auf ein Blatt Papier aufträgt, bis das Papier so durchtränkt ist, dass es sich nicht mehr vom Tisch lösen lässt, ist unglaublich produktiv. Bei aller Unterschiedlichkeit haben diese Beispiele eines gemeinsam: Die Produktivität und der darin enthaltene Lernprozess bilden sich nicht in einem fertigen Ergebnis ab. Das Ergebnis ist der Prozess. Diesen sichtbar für andere zu machen, ist im pädagogischen Alltag herausfordernd. Daher ist es besonders für den Krippenbereich umso bedeutsamer, den Alltag und das kindliche Tun zu dokumentieren, und zwar v. a. fotografisch. Halten Sie eine Kamera stets griff bereit und fotografieren Sie die Kinder, wenn diese sich intensiv und ausgiebig mit etwas auseinandersetzen, bspw. etwas mit Tüchern verhüllen oder Papier zerreißen. Über eine solche Prozessdokumentationen mittels Fotos können Sie im Rahmen von Elterngesprächen oder Ausstellungen in der Einrichtung die prozessuale Produktivität der Kinder auch nach Lern- und Bildungsbereichen sichtbar machen. Sie können so das Verständnis kindlicher Produktivität professionell und souverän vor den Eltern vertreten. Brunos Mutter erhält darüber einen Einblick in das, wofür er sich gerade interessiert, und welche Lern- und Bildungsangebote er dafür aufgreift.

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