Wir, also die Redaktion „Entdeckungskiste“, stellen uns seit dem Ausbruch der Coronapandemie eine Reihe von Fragen. Fragen, die Sie sich vielleicht auch schon gestellt haben:
- Wie gehen Kitas mit der Schließung um? Wie bleiben sie mit den Kindern, die ihre Einrichtung besuchen, in Kontakt?
- Wie geht es den Kindern zu Hause? Wie können wir die Familien unterstützen und mit ihnen im Austausch sein?
- Wie gestalten andere Kitas die Notbetreuung (räumlich, zeitlich und personell gesehen)?
- Was leben pädagogische Fachkräfte den Kindern in der Notbetreuung vor? Haben wir selbst Angst?
- Wie gestalten Kitas die schrittweisen Öffnungen? Nach welchen Kriterien gehen sie dabei vor?
- Wie bereiten sie sich auf einen Regelbetrieb unter besonderen Bedingungen vor?
- Was bedeutet es, mit einer immer festen Kindergruppe in den immer selben Räumlichkeiten zu arbeiten?
- Ist eine Beteiligung und/oder Projektarbeit unter diesen Bedingungen überhaupt noch möglich?
- Wie können wir Kindern eine unbeschwerte Kindheit und im Hinblick auf die UN-Kinderrechtskonvention Bildung ermöglichen?
- Welche kreativen Lösungen haben andere Kitas gefunden? Welche Konzepte entwickeln sie, um einen bestmöglichen Kita-Alltag angesichts von Corona zu gewährleisten? Wie geht es ihnen?
Bei unserer Suche nach Antworten sind wir auf zahlreiche kreative Ideen gestoßen, die zeigen, wie Kitas mit der Krise umgegangen sind und noch immer umgehen. Gern möchten wir diese mit Ihnen teilen und stellen Ihnen hier die Vorgehensweise folgender Kita vor:
Kindergarten „Kleiner Regenbogen“
Wer und wo wir sind
Wir sind eine kleine überschaubare Einrichtung in evangelischer Trägerschaft in Schwalefeld (Nordhessen).
Wer bei uns normalerweise ein- und ausgeht
30 Kinder zwischen ein und sechs Jahren sowie fünf pädagogische Fachkräfte.
Unser Konzept
Wir arbeiten nach einem teiloffenen und situationsorientierten Konzept sowie nach christlichen Werten.
Was wir zu Beginn des Shutdowns gemacht haben
Zu Beginn der Schließung standen wir vor dem Problem, dass niemand Bescheid wusste, wie es jetzt weitergehen wird. Leider gab es auch niemanden, der uns konkrete Informationen und v. a. einen genauen Plan für die kommende Zeit geben konnte. Es entstand erst einmal große Unsicherheit. Uns kam sofort der Gedanke, dass in der Einrichtung noch viele persönliche Gegenstände der Kinder sind, die sie während der langen Zeit, die wir uns nun nicht sehen sollten, zu Hause benötigten. So packten wir für jedes Kind alles, was es noch in der Einrichtung hatte, in eine Tasche und hängten diese zur Abholung an unseren Eingang. Wir informierten die Eltern per Mail und soziale Medien darüber, dass sie diese Stoffbeutel innerhalb einer gewissen Zeitspanne abholen können. Im Laufe des nächsten Tages waren dann alle Taschen abgeholt und der Kindergarten war nun noch leerer als zuvor.
Unsere pädagogischen Ziele weiter verfolgen
Schnell war allen im Team klar, dass wir uns nicht der Angst und den Sorgen, die die neue Situation mit sich brachte, widerstandslos hingeben können. Wir wussten, dass wir eine Strategie entwickeln müssen, um all die pädagogischen Ziele, die wir bisher so motiviert verfolgt haben, weiter anzustreben. Hierfür haben wir verschiedene Ideen diskutiert. Auf die Vermittlung von Angeboten via Mail, Messangerdiensten oder Videotools wollten wir weitestgehend verzichten – schon allein, weil sich die Affinität dazu im Team stark unterschieden hat. So kam die Idee auf, den Kindern vorbereitete Aktionen zum ästhetischen Gestalten, Geschichten, Fingerspiele usw. vor der Kita zur Abholung bereitzulegen. Alle waren sofort begeistert und die Ideen sprudelten.
Aktion: Ein Wichtelhäuschen und voll bepackte Stoffbeutel
Vor dem Eingang bauten und platzierten wir ein kleines Wichtelhäuschen, das wir seitdem jede Woche ein wenig anders gestalten. Zu Ostern bspw. mit Blumen und Osterhasen. Jedes Kind bekam seinen eigenen Stoffbeutel, d. h. wir beschrifteten diese jeweils mit dem Namen und verzierten sie. Die Stoffbeutel hängen an einer Leine an der Hauswand entlang. Jede Woche füllen wir die Beutel mit verschiedenen Materialien, z. B. mit:
- Naturmaterialien für einen Traumfänger
- Eierkartons für ein Waldbingo
- Gestaltungsvorlagen auf Tonkarton und Transparentpapier
- Steine, Draht und Perlen für eine Herzskulptur
- Geschichten und Gebete
- Lieder
- Arbeitsblätter (für Vorschulkinder)
Die Gestaltungsideen probieren wir zuvor selbst aus, fotografieren das Ergebnis und legen das Foto als Beschreibung dann mit in den Beutel. Wenn die Stoffbeutel fertig gepackt draußen hängen, informieren wir die Eltern darüber. Die Inhalte nehmen die Kinder und ihre Eltern aus den Beuteln und packen sie für den Transport in eine eigens mitgebrachte Tasche. Dadurch bleiben die Stoffbeutel auf dem Kindergartengrundstück hängen, um jede Woche wieder vollzählig zum Auffüllen zur Verfügung stehen.
Woher stammen die Materialien?
Wir versuchen, bei der Auswahl an Aktionen auf Nachhaltigkeit zu achten. So stellten wir aus alten Eierkartons ein Waldbingo her oder sammelten Stöcke und Material für den Traumfänger im Wald oder in eigenen Gärten. Natürlich greifen wir auch auf das vorhandene Material, wie bspw. Ton- oder Transparentpapier, aus der Einrichtung zurück. So haben wir z. B. aufgezeichnete Fensterbilder auf Tonkarton zum Ausschneiden in die Taschen gelegt. Dadurch, dass es uns aktuell natürlich nicht an Zeit mangelt, hatten wir die Gelegenheit, all unsere Materialien, die wir in der Einrichtung haben, einmal durchzuschauen und dazu passende Angebote zu gestalten. Wir hatten bspw. Unmengen an Transparentpapier, welches wir direkt für eines der Kreativangebote verwendet haben. Wichtig ist uns hierbei, dass sich unsere Angebote von der Vielzahl an Angeboten abheben, die die Eltern aus dem Internet beziehen können.
Die Resonanz der Eltern
Jede Familie bedankte sich von Herzen und gab uns ein sehr positives Feedback. Um den Kindern etwas zurückzugeben, haben wir die Fotos von fertigen Werken, die Eltern uns schickten, ausgedruckt und anerkennend in einem großen Fenster am Eingang ausgestellt. All die positiven Rückmeldungen bestärken uns ungemein, weiterzumachen und uns jede Woche aufs Neue selbst zu übertreffen. Die Beutel haben wir außerdem genutzt, um jedem Geburtstagskind ausgiebig zu gratulieren. So erfreuen sich die Kinder, wenn sie uns schon nicht sehen können, an einer kleinen Aufmerksamkeit.