Die SystemsprengerHerausforderndes Verhalten

Mit herausforderndem Verhalten umzugehen, ist keine leichte Aufgabe im Betreuungsalltag. Aber eine, die sich stemmen lässt.

Die Systemsprenger: Herausforderndes Verhalten im Betreuungsalltag
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In jeder pädagogischen Einrichtung gibt es sie: Die Systemsprenger. Kinder, die das Spielen, Arbeiten, Lernen in der Gruppe massiv erschweren oder zeitweise unmöglich machen. Kinder, die durch permanente Unruhe, Respektlosigkeit, Vandalismus oder Aggressionen auffallen. Kinder, die ihre Mitschüler verunsichern – oder sogar verletzen. Kinder, die selbst erfahrene Pädagoginnen und Pädagogen an den Rand ihrer Belastbarkeit bringen.
Statistisch gesehen hat sich die Zahl der Kinder mit psychischen Problemen nicht erhöht. Laut KiGGS-Studie des Robert-Koch-Instituts zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland von 2018 finden sich zwar bei 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen „Anhaltspunkte für psychische Auffälligkeiten“. Die Häufigkeit der entsprechenden Symptome ist aber seit 2003 stabil geblieben.

MEHR FÖRDERKINDER AN REGELSCHULEN

Hört man sich in Schulen und Horten um, bekommt man einen anderen Eindruck: Für viele Erzieherinnen und Erzieher sind verhaltensauffällige Kinder eine große Herausforderung, sie fühlen sich im Umgang damit überfordert und alleingelassen. In den Klassen sitzen tatsächlich mehr Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf als noch vor zehn Jahren. Zugenommen hat laut Schulstatistik der Kultusministerkonferenz insbesondere die Zahl der Kinder mit dem Förderschwerpunkt sozialemotionale Entwicklung.
Dafür gibt es mehrere Gründe, zwei davon seien hier kurz aufgeführt: Zum einen wird herausforderndes Verhalten heute früher und besser diagnostiziert als noch vor einigen Jahren. Zum anderen gelangen im Zuge der Inklusion mehr Förderkinder als früher in die Regelschulen – seien es solche mit Lern- oder Sprachdefiziten oder eben Kinder, die Probleme im sozialen Miteinander haben.

NOCH HERRSCHT NACHHOLBEDARF

Herausforderndes Verhalten wird heute nicht nur genauer beobachtet, sondern auch besser aufgefangen. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte: Viel zu oft noch ist bei Hilfsmaßnahmen der Zufall im Spiel, beklagt Erziehungswissenschaftlerin Ramona Thümmler im klasseKinder!-Interview (ab Seite 18). Dabei gibt es gute Weiterbildungsangebote und erfolgreiche Ansätze zur Prävention und Deeskalation. In einigen Einrichtungen wird bereits nach neusten Erkenntnissen gearbeitet, das Team gezielt geschult. Andernorts herrscht Nachholbedarf. Im schlimmsten Fall bleiben ehrenamtliche Mitarbeiter oder Quereinsteiger allein mit ihren „Problemkindern“. Ein unhaltbarer, ungerechter Zustand. Herausforderndes Verhalten von Kindern, das klingt sperrig, ist aber dennoch die richtige Bezeichnung, betonen Experten wie Klaus Fröhlich-Gildhoff, Maike Rönnau-Böse und Claudia Tinius in ihrem Buch „Herausforderndes Verhalten in Kita und Grundschule.“. Wer von „gestörten“ Kindern spricht, nimmt den herabwürdigenden Unterton billigend in Kauf und setzt außerdem einen Menschen mit seinem Verhalten gleich. Herausforderungen mögen schwierig sein, aber man kann ihnen begegnen. Dazu, schreiben die Autoren, braucht es nicht nur den individuellen Blick aufs Kind, sondern auch den Mut der Fachkräfte zur „Selbstauseinandersetzung und eigenen professionellen Weiterentwicklung“.

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