Gut kommunizieren im pädagogischen AlltagHort- und Ganztagsschulleitung

Wie man als Hort- und Ganztagsschulleitung die richtigen Impulse setzt, damit Gespräche konstruktiv und wertschätzend verlaufen – mit Kindern, Eltern und innerhalb des Teams.

Gut kommunizieren im pädagogischen Alltag
© shorrocks - istockphoto.com

Es ist Nachmittag und Hortleiterin Sara A. betreut zusammen mit Kollegin Sabine die Kinder aus den dritten Klassen bei den Hausaufgaben. Max, acht Jahre, zeigt sich von Anfang an unmotiviert. Erzieherin Sabine weiß, dass die Mutter von Max demnächst wieder anrufen wird, wenn er die Hausaufgaben abends nicht komplett hat. „Jetzt stell dich nicht so an, sogar der Tim hat das heute geschafft. Jetzt beeil dich mal, so schwierig ist das auch nicht.“ Sara A. hält kurz inne, sieht, dass Max kurz vorm Heulen ist und Tim, der alles mitgehört hat, nicht weiß, was er mit dieser Botschaft anfangen soll. „Das geht gar nicht, liebe Kollegin“, denkt sie, „da muss an der Kommunikation gearbeitet werden.“ Später im Büro überlegt sie, was in dieser Situation allesschief gegangen ist. Sie muss Sabine auf jeden Fall Feedback geben. „Wie kann ich gut mit ihr reden, damit sie mit anderen gut reden kann?“, fragt sich Sara A. Dieses Beispiel zeigt, was in der alltäglichen Kommunikation alles schieflaufen kann und wie komplex sich auf den ersten Blick einfache Situationen in Hort und Ganztagsschule zeigen können. Wie diese Gespräche verlaufen, hängt von vielen Faktoren ab. Sie stellen jedoch in jedem Fall die Weichen für die Gemeinschaft: ob es mit einem konstruktiven, guten Miteinander weitergeht oder ob es zu Frust und zu einem anstrengenden Miteinander, geprägt von Missverständnissen und Enttäuschungen, kommt. Wie erreicht man eine gute Kommunikation im Team, mit den Kindern und Eltern? Welche Aufgaben und Einflussmöglichkeiten hat die Hortleitung?

KOMMUNIKATION IST LEITUNGSAUFGABE

Gut kommunizieren ist Leitungsaufgabe. Vielleicht die wichtigste. Leitungen in Hort und Ganztagsschule müssen um die Bedeutung des Themas wissen und entsprechende Kompetenzen besitzen. Die kommunikativen Fähigkeiten der Leitung beeinflussen das Bild und den Erfolg der Einrichtung maßgeblich. Dabei sind Leitungen Vorbild: Ihr eigenes Kommunikationsverhalten wird von allen anderen wahrgenommen und bewertet – und beeinflusst die Atmosphäre im pädagogischen Alltag positiv oder negativ. Wenn wir wollen, dass die Kinder wertschätzend, ehrlich und kooperativ miteinander umgehen und kommunizieren, dann ist die Leitung in der Verantwortung, dies als Kommunikationsvorbild im Umgang mit dem Team, den Kindern, Eltern, Lehrern und Lehrerinnen vorzuleben. Dazu gehört auch, gut Feedback zu geben.

FEEDBACK GEBEN

Sara A. möchte Sabine zügig Feedback geben. Das ist in ihrem Team nicht einfach. Sie hat den Eindruck, dass mehr übereinander als miteinander geredet wird. Auch hier möchte sie mit gutem Beispiel vorangehen. Sie weiß, dass eine gute Feedback-Kultur die Grundlage einer guten Team-Entwicklung ist. Sabine benötigt Feedback, die Erzieherin muss erfahren, wie sie wirkt, um sich weiterentwickeln zu können. In diesem Sinn ist Feedback unerlässlich und fachlich geboten. Es gibt keinen Grund, davor Angst zu haben.
Sara. A. beachtet die grundlegenden Regeln, spricht mit Ich-Botschaften, zeigt Sabine Wertschätzung und formuliert ihre Erwartungen: „Ich habe gehört, wie du Max bewegen wolltest, schneller die Hausaufgaben zu erledigen. Mein Gefühl war, dass du dir viel Druck gemacht hast. Ich habe Max, nachdem du mit ihm gesprochen hast, traurig und demotiviert erlebt. Mir ist es wichtig, dass wir mit den Kindern, auch bei den Hausaufgaben, wertschätzend und ermutigend reden. Ich möchte dir meine Unterstützung anbieten, wenn es, wie in solchen Situationen, auch mal schwierig wird. Wie hast du die Situation erlebt?“ Die beiden treten in einen Dialog, Sabine kann die Sichtweise ihrer Chefin, ihre Kritik, gut annehmen und verspricht, an ihrer Kommunikation zu arbeiten.

ERMUTIGENDE HALTUNG FÖRDERN

Pädagoginnen und Pädagogen müssen wissen, dass sie mit ihrer alltäglichen Kommunikation ein Kind in seiner Entwicklung fördern oder aber hindern können. So wie bei dem Beispiel von Max: Das Einzige, was Erzieherin Sabine mit ihrer Kommunikation erreicht, ist Max zu entmutigen. Er benötigt aber Verständnis und Unterstützung, keine genervte Erzieherin.
Was kann Sabine ändern? Die Hortleiterin Sara A. hilft ihr. Erst einmal muss sich Sabine über ihre eigenen Gefühle und ihre eigene Situation klar werden. So bereitet ihr die Erwartung der Mutter Stress. Ein Gespräch darüber kann helfen – aber im Vorfeld, also während der Vorbereitung auf die Betreuungszeit. In der Hausaufgabensituation selbst muss sie sich professionell zeigen. „Die eigenen Befindlichkeiten, der eigene Arbeitsauftrag müssen vorher geklärt sein“, erklärt Sara A.
Dann reflektiert Sabine mit Unterstützung von Sara A. ihre Haltung. „Du schaffst das!“ ist ihre neue Haltung – das will sie Max auch spüren lassen. Nonverbal, mit einer freundlichen Mimik und verbal, mit einem Ermutigungssatz. Der könnte lauten: „Max, ist es richtig, dass du schnell auf den Fußballplatz willst? Wir haben noch zehn Minuten. Was meinst du, was du noch schaffst?“ Sie teilt ihm mit, was sie wahrnimmt, strukturiert die Zeit und lässt ihm die Verantwortung. Wenn er es nicht schafft, dann muss er die Konsequenzen seines Trödelns auch tragen. Das ist dann sein Problem, nicht ihres. Diese Haltung ist wiederum im Gespräch mit der Mutter wichtig.

AKTIV ZUHÖREN

Gute Kommunikation ist, die Bedürfnisse und Gefühle der Gesprächspartner wahr- und ernst zu nehmen. Und dafür ist Zuhören unerlässlich. Wenn wir ehrlich sind, hören wir viel zu wenig zu, egal ob es sich beim Gegenüber um Mitarbeiter, Kolleginnen, Kinder oder Eltern handelt.
Das nächste schwierige Gespräch von Sabine steht an. Die Mutter von Max ist, wie Sabine befürchtet, höchst ärgerlich darüber, dass die Hausaufgaben unvollständig sind. Das teilt sie der Erzieherin auch mit – Vorwurf und Angriff pur. Diesmal hat sich Sabine aber mit Unterstützung ihrer Leitung vorbereitet. Sara. A. hat ihr empfohlen, erst einmal der Mutter zuzuhören – und die Vorwürfe nicht persönlich zu nehmen.
Die Mutter ist erst einmal völlig perplex. Niemand widerspricht ihr, niemand geht auf ihre Angriffe und damit ihr Konfliktangebot ein. Es wird einfach zugehört. Anstatt dessen spiegelt Sabine die Gefühle der Mutter: „Sie sind über die Situation sehr verärgert.“ Die Mutter wird ruhiger. Sie fühlt sich wahr- und ernst genommen und erzählt dann von der stressigen Situation zu Hause. Die Chance ist groß, dass Erzieherin und Mutter das Gespräch konstruktiv beenden.

KONTROLLIERTER DIALOG

Kommunikation kann schieflaufen, jeder konstruiert seine Realität und hat damit seine Sicht auf die Dinge. Schnell kann es darum in einer Teamsitzung hoch hergehen. Bei der Frage, ob Max bei den Hausaufgaben länger und alles machen muss oder regulär aufhören kann, gab es verschiedene Meinungen und irgendwann Ärger. Ein Satz kommt falsch an und schon herrscht dicke Luft zwischen Sabine und Kollegin Alex. Hier haben Hortleiter und Hortleiterinnen eine wichtige Funktion: Sie müssen im Team für Verständigung und Verstehen sorgen.
Zum Beispiel über einen kontrollierten Dialog: „Was ist bei dir angekommen, Sabine?“ „Hast du das so gemeint, Alex?“ Danach betreibt Sara A. Metakommunikation: „Seht ihr, wie das bei uns abläuft? Wollen wir das? Oder wollen wir alle zusammen an unserer Kommunikation arbeiten?“ Die Atmosphäre entspannt sich danach wesentlich. Fazit: Mit unserer Kommunikation beeinflussen wir unser eigenes Leben und das unserer Mitmenschen. Einen pädagogischen Alltag mit vielen Kindern und Erwachsenen, mit Stress und manchmal wenig guten Rahmenbedingungen, kann eine Hort- oder Ganztagsschulleitung mit ihren Kommunikationskompetenzen auf jeden Fall positiv beeinflussen. Eine pädagogische Einrichtung mit einer guten Atmosphäre, mit einem positiven und wertschätzenden Miteinander, wird bei Kindern, Eltern und Schule gut ankommen. Und Max wird in solch einer Atmosphäre seine Hausaufgaben sicher motivierter erledigen.

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GESPRÄCHSFÜHRUNGSTECHNIKEN

  • aktives Zuhören (sich in das Gegenüber einfühlen, die Welt durch die Augen des Gesprächspartners sehen)
  • Paraphrasieren (Umschreiben und Zusammenfassen, was der andere gesagt hat)
  • Spiegeln (in Worte fassen, was beim Gegenüber an Gefühlen mitschwingt)
  • Ich-Botschaften (die eigene Wahrnehmung neutral beschreiben, also etwas über sich mitteilen, anstatt das Gegenüber zu verletzen oder anzuklagen)

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