Es ist für viele größere Schulen eine Herausforderung: Wie soll das Mittagessen organisiert werden? Meist fällt die Essenspause in die Verantwortung der Ganztagsbetreuung, für das Gebäude wiederum ist vielerorts die Schule zuständig. Schon da können die Probleme beginnen: Oft fehlt es an ausreichend großen Räumen, die den hygienischen Anforderungen an eine Essensversorgung entsprechen.
In der Grundschule Rahlstedter Höhe in Hamburg gibt es zumindest diese Sorgen nicht. Mit Einführung der Ganztägigen Bildung und Betreuung (GBS), so die offizielle Bezeichnung in Hamburg, richtete die Schule im Erdgeschoss eine helle Mensa ein. Hier läuft die Mittagspause zwischen 13 und 14 Uhr recht entspannt ab – soweit es eben geht, wenn 320 Mädchen und Jungen innerhalb einer Stunde gegessen haben müssen. „Kinderrestaurant“ nennen die Fachkräfte ihr Konzept, und die Schülermensa erinnert auch ein wenig an den Speiseraum eines Hotels. Die Tische sind bereits mit Gläsern, Wasserkrügen und Besteck eingedeckt. Wenige Meter hinter dem Eingang ist ein Büfett aufgebaut, von dem sich die Kinder ihr Essen aus vier bis fünf Komponenten zusammenstellen können. Die Schülerinnen und Schüler kommen in drei Schichten in die Mensa. Beim Hineingehen holen sie sich das Essen, dann sitzen immer 23 Kinder an einem der zwölf Meter langen Tische. Dabei sind auch die Mädchen und Jungen, die das Angebot des Caterers nicht nutzen. „Die kommen dann mit ihrer Brotdose dazu. So können alle Kinder einer BezugsVon gruppe gemeinsam die Mahlzeit einnehmen“, sagt Melissa Marske, die stellvertretende GBS-Leiterin an der Schule.
20 MINUTEN ZEIT
Jeder Durchgang hat 20 Minuten Zeit für das Mittagessen. Das läuft weitgehend geordnet ab: Die Mädchen und Jungen stehen in einer Reihe am Büfett und gehen danach gemeinsam mit ihren Erzieherinnen und Erziehern zu den Tischen. „Aus pädagogischer Sicht wollen wir das Mittagessen mit dem Thema Esskultur verbinden“, sagt Marske. „Wie verhalten wir uns bei Tisch, was ist uns dabei wichtig?“ Als es um die Neuorganisation des Essens ging, haben sich die Fachkräfte zunächst untereinander auch über diese Fragen verständigt. Denn noch vor einigen Monaten lief die Mittagszeit hier in der Mensa deutlich lauter und chaotischer ab. Damals gab es noch kein Büfett, stattdessen brachte das Küchenpersonal das Essen in Schüsseln an die Tische. Dort bedienten sich die Kinder dann jeweils selbst, das Nachfüllen der Schüsseln gehörte wiederum zu den Aufgaben der Erzieherinnen und Erzieher.
Dieses Konzept bewährte sich nicht – und das nicht nur aus Sicht der Pädagoginnen und Pädagogen. Auch von den Eltern kamen Beschwerden, die Kinder hätten zu wenig Zeit für die Mahlzeit, obwohl auch damals 20 Minuten pro Durchgang eingeplant waren. Aber es dauerte recht lange, bis alle Schüsseln mit den Speisen an die Tische gebracht, nachgefüllt und am Ende wieder abgeräumt waren – für das Essen selbst blieb entsprechend wenig Zeit. Oft gab es auch Streit um besonders begehrte Beilagen.
AG MITTAGESSEN
Als Konsequenz gründeten die Ganztagsfachkräfte mit Vertretern der Lehrerschaft, dem Caterer Alraune gGmbh und einigen Eltern eine Arbeitsgemeinschaft Mittagessen. Die erarbeitete das Büfett-Konzept und führte es zunächst teilweise ein. Weil vor den Schülerinnen und Schülern auch ein Durchgang Vorschulkinder versorgt werden muss, wollten die Fachkräfte klären, ob auch die Kleinsten schon in der Lage sind, am Büfett selbst die Mengen abzuschätzen und einen vollen Teller zum Tisch zu tragen. „Das stellte sich aber als problemlos heraus“, schildert Marske, „viele kannten dieses System schon aus der Kita.“ Am Ende stimmten Kinder und Eltern ab – und entschieden sich mit großer Mehrheit für das Büfett-Konzept.
Ihre pädagogischen Ziele wollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom Ganztag nie aus dem Auge verlieren. Sie erkundigen sich unter anderem bei der Schulleitung, wie Ernährung und Lebensmittel im Unterricht thematisiert werden, berichtet Marske: „Dann überlegen wir in der Arbeitsgemeinschaft Mittagessen, ob es möglich ist, Bezüge zwischen dem Unterrichtsstoff und den Mahlzeiten herzustellen.“ Denn Essen in der Schule bedeutet mehr, als satt zu werden.
Steckbrief
Grundschule Rahlstedter Höhe, Hamburg
Schulform: Grundschule (Vorschulklasse und 1. bis 4 Klasse) nach dem Hamburger Konzept "Ganztägige Bildung und Betreuung an Schulen" (GBS)
Träger Nachmittagsbetreuung: DRK Hamburg gemeinnützige Gesellschaft zur Förderung der Kinder- und Jugendhilfe GmbH
Schülerinnen und Schüler: 460, davon 320 in der Nachmittagsbetreuung
Arbeitsgemeinschaften: 23, darunter musikalische, sportliche, künstlerische und handwerkliche Angebote, alle für die Eltern kostenlos
www.drk-kiju.de/einrichtungen/gbs-rahlstedter-hoehe