Handlungsrahmen für jede FachkraftDokumentation bei Verdacht auf Kindeswohlgefährung

Das Schutzkonzept des „Kinderschutz München“ überführt den abstrakten Gesetzestext in Regeln für den Berufsalltag.

Handlungsrahmen für jede Fachkraft
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Der Kinder- und Jugendhilfeträger „Kinderschutz München“ hat für seine Einrichtungen sowohl ein Schutzkonzept mit Handlungsanweisungen bei Vorkommnissen innerhalb der Einrichtungen als auch eine Arbeitsgrundlage zum Schutzauftrag nach Paragraf 8a des VIII. Sozialgesetzbuches erarbeitet. Beide Verfahren sind für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Trägers bindend. Sie umfassen neben fachlichen Erläuterungen Unterlagen zur Dokumentation und einen genauen Verfahrensablauf beim Verdacht auf eine Kindeswohlgefährdung, der die gesetzlichen Vorgaben umsetzt.
Wenn eine Fachkraft Anzeichen für eine Kindeswohlgefährdung bei einem jungen Menschen feststellt, muss sie sich an ein genau definiertes Ablaufdiagramm aus dem Schutzkonzept halten. Sie dokumentiert ihren Verdacht auf standardisierten Formularen und informiert ihre Vorgesetzten. Gemeinsam werden die Anhaltspunkte besprochen. Kann im Gespräch eine akute Gefährdung ausgeschlossen werden, beobachtet die Fachkraft während der Arbeit mit dem Kind und der Familie die Situation sorgfältig weiter. Können Vorgesetzte und Fachkraft die Anhaltspunkte nicht ausräumen, wird bei akutem Handlungsbedarf umgehend das zuständige Jugendamt oder die Polizei eingeschaltet. Je nach Sachlage kann zudem eine speziell ausgebildete sogenannte insoweit erfahrene Fachkraft (ISEF) zur Unterstützung bei der Gefährdungseinschätzung eingeschaltet werden.

STANDARDISIERTES VERFAHREN

Sollten auch im Rahmen dieser fachlichen Abklärung Anzeichen für eine Kindeswohlgefährdung bestehen, sieht das Schutzkonzept ein Gespräch der Fachkräfte mit den Eltern/ Sorgeberechtigten vor, wenn möglich unter Einbezug des Kindes. Das gemeinsame Gespräch dient dazu, gezielt Vereinbarungen festzulegen, wie die Eltern Gefährdungsmomente ausräumen können. Sollten die Eltern/Sorgeberechtigten mit der gebotenen Unterstützung die Gefährdung nicht abwenden können, so informieren die Fachkräfte das Jugendamt.
Das Schutzkonzept stellt sicher, dass die Aufmerksamkeit der Fachkräfte auf die Möglichkeit einer Kindeswohlgefährdung gelenkt wird. Durch ein standardisiertes Verfahren haben die Fachkräfte vor Ort Handlungssicherheit. Die schwierige Entscheidung, ob das Wohl eines Kindes gefährdet ist und eine Meldung an das Jugendamt erfolgen muss, wird in einen feststehenden Prozess überführt. Keine Kollegin, kein Kollege wird damit alleingelassen, sondern mehrere Fachkräfte wägen die vorliegenden Anzeichen gemeinsam ab. Mit dieser Sicherheit können Sozialpädagoginnen, Erzieher und Sozialarbeiterinnen wesentlich sensibler mit dem Thema Kinderschutz umgehen: Sie geben ihre Wahrnehmungen weiter, prüfen gemeinsam im Team und können sich im Bedarfsfall an eine speziell qualifizierte Fachkraft wenden. Die abstrakte Gesetzeslage zum Kinderschutz wird so in einen konkreten Handlungsrahmen überführt.

ANDERE REGELUNG FÜR LEHRKRÄFTE

Zudem trägt die Standardisierung zentraler Aufgaben wie des Kinderschutzes maßgeblich zur Professionalisierung der Betreuung bei. Der „Kinderschutz München“ bietet in der Regel die offene Ganztagsbetreuung in Kombination mit Schul- oder Jugendsozialarbeit an. So wird sichergestellt, dass der fachliche Standard zum Kinderschutz in beiden Betreuungsformen gewährleistet ist. Bei Verdachtsfällen kann im interdisziplinären Team die richtige Entscheidung auf der Grundlage des Schutzkonzepts professionell getroffen werden. Weniger erfahrene Fachkräfte oder Ergänzungskräfte ohne pädagogisch-fachlichen Hintergrund werden somit ausreichend unterstützt. Das Konzept ist jedoch nur für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Trägers bindend. Für Lehrkräfte gelten die schulischen Regelungen: Sie melden ihre Verdachtsmomente der Schulleitung. Eine gute multiprofessionelle Zusammenarbeit an dieser Stelle stärkt den Kinderschutz an der Einrichtung.
Nicht zuletzt hilft das Schutzkonzept auch dabei, den Eltern in Gefährdungslagen Unterstützung anzubieten. Es kann stets darauf verwiesen werden, dass die Fachkräfte gesetzlich und per Schutzkonzept verpflichtet sind, bei Anzeichen einer Gefährdung einzugreifen. Das kann dazu beitragen, dass Eltern die vorgeschlagenen Schritte im Hilfeplan akzeptieren.
Das Schutzkonzept umfasst darüber hinaus ein der Förderung und Entwicklung junger Menschen verpflichtetes pädagogisches Konzept. Denn eine Gefährdung liegt bereits dann vor, wenn die Entwicklung junger Menschen stagniert.

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